Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 28,00 €
  • Gebundenes Buch

This brilliant new book explores how, over the last 250 years, the German people have shaped their natural environment and how the landscapes they created took a powerful hold on the German imagination. It investigates how the most fundamental element water was conquered by draining fens and marshes, straightening the courses of rivers, building high dams and exploiting hydro-electric power. The book begins in the 1740s with Frederick the Great of Prussia, who regarded the reclamation of marshland as conquests from barbarism. We meet Johann Gottfried Tulla, "the man who tamed the wild Rhine"…mehr

Produktbeschreibung
This brilliant new book explores how, over the last 250 years, the German people have shaped their natural environment and how the landscapes they created took a powerful hold on the German imagination. It investigates how the most fundamental element water was conquered by draining fens and marshes, straightening the courses of rivers, building high dams and exploiting hydro-electric power.
The book begins in the 1740s with Frederick the Great of Prussia, who regarded the reclamation of marshland as conquests from barbarism. We meet Johann Gottfried Tulla, "the man who tamed the wild Rhine" in the nineteenth century. We learn about the construction of the Prussian port of Wilhelmshaven on the Jade Bay, later to become a symbol of the new Germany's naval ambitions. We witness the colonisation of the moors and the triumph of the steamship. We encounter Otto Intze, "master dambuilder" of the years around 1900, whose modern marvels supplied drinking water to a fast-growing population and provided hydro-electrical power: white coal.
But the dark side of this conquest emerged under the Nazis, who set out to colonise "living space" in the East. Convinced of their superiority over the "marsh-dwelling Slavs", the Nazi occupiers of Poland embarked on a programme of population transfer and racial engineering. This physical and ethnic reshaping of the east European landscape would result in the murder of millions of Jews and Poles. Race and reclamation went hand in hand.
The modern idea of "mastery" over nature always had its critics, whether their motives were aesthetic, religious or environmentalist. Germany's defeat in 1945 brought renewed attachment to an idealised natural landscape. This persisted as a conservative reproach through the ensuing "economic miracle", which caused major problems of pollution and environmental destruction. It was in the 1970s, however, that protecting the environment became a central part of the West German political agenda and soon began to show results. The collapse of the Wall in 1989 then revealed the catastrophic state of the environment in East Germany, a country that had been in thrall to Soviet-style industrialisation.
The Conquest of Nature is a groundbreaking study that opens new vistas on the history of Germany. It also shows that while mastery over nature delivers undoubted benefits, it has often come at a tremendous cost to both the natural environment and human life.
Autorenporträt
David Blackbourn, geboren 1949, ist Professor und Direktor des Center for European Studies an der Universität Harvard. Er ist einer der führenden Historiker, die sich mit der Entstehung des modernen Deutschlands beschäftigen. Sein zusammen mit Geoff Eley veröffentlichtes Buch Mythen deutscher Geschichtsschreibung entfachte eine Debatte um den deutschen Sonderweg.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.10.2006

Das Ende des Rheingoldes
David Blackbourn erzählt die deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts im Blick auf Flüsse, Seen, Sümpfe und Dämme
Der „Ring des Nibelungen” geht aus vom Rheingold. Sein Raub durch Alberich verändert an vier langen Abenden die menschlichen Beziehungen, in die es offen und heimlich eindringt. Aber wer weiß heute noch, was das Rheingold war und für was es jenseits seiner mythischen Qualität stand? Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein wusch der Rhein Gold in den Schweizer Bergen aus und trug es den Oberrhein hinab, wo Goldwäscher und Goldsucher es auffingen. In den 1830er und 1840er Jahren gingen jährlich noch über vier Pfund Gold aus der linksrheinischen Pfalz in das bayerische Staatssäckel nach München. Die Karlsruher Münze des badischen Staates strich zwischen 1800 und 1834 ganze 320 Pfund Gold aus dem Rhein ein. Die zahlreichen Rheinbegradigungen des 19. Jahrhunderts erhöhten die Fließgeschwindigkeit des Rheins und setzten dem Rheingold ein Ende. In den 1860er Jahren fanden sich weniger als ein Pfund pro Jahr und zehn Jahre später nur mehr 3 Unzen. 1874 hörte die behördliche Erfassung des Rheingoldes vollends auf.
David Blackbourn, Historiker an der Harvard Universität und bekannt geworden durch seine Arbeiten zum Katholizismus des 19. Jahrhunderts, nennt dieses Detail in seinem neuesten Buch „Conquest of nature”. Auf 360 Seiten erzählt es die deutsche Geschichte als jahrhundertelange Umgestaltung von Landschaften: eine Geschichte von Mooren und deren Trockenlegung, von Deichbrüchen und Dammbauten, von gigantomanischen Projekten und sprechenden Details wie dem Ende des Rheingolds oder der Lachs-Fischerei im Rhein. Blackbourn lässt sich dabei von der Ausgangsbeobachtung leiten, dass Formen der Naturbeherrschung immer auch Formen der Beherrschung anderer sind. Die Geschichte der Aneignung und Umgestaltung von Wasser nutzt er als feines Instrument, um die Veränderungen im sozialen und kulturellen Sensorium einer Gesellschaft aufzuspüren. So schreibt Blackbourn eine deutsche Geschichte mit dem Blick von der Seite, wo sich die Akteure, denen er über die Schulter schaut, unbeobachtet fühlen.
Dieses Buch hat einen ausgeprägten Sinn für Orte und Akteure. Blackbourn sucht sich fünf Großprojekte der Landschaftsumgestaltung aus, von denen jedes typisch für seine Epoche war: die Trockenlegung des Oderbruchs in der Mitte des 18. Jahrhunderts, die Begradigungen am Oberrhein im 19. Jahrhundert, der Bau des deutschen Hochseehafens Wilhelmshaven in der Jade-Bucht während der Reichsgründungszeit, die großen Dammbauten der wilhelminischen Zeit an Eder und Möhne und schließlich das nationalsozialistische Rasse- und Landschaftsprojekt der Trockenlegung der Pripjetsümpfe in Weißrussland während des Zweiten Weltkrieges.
Die Vision der „weißen Kohle”
Blackburn erzählt seine Geschichte Deutschlands entlang von Biographien: Im Oderbruch leitete Franz Balthasar Brenckenhoff als Generalunternehmer und Ingenieur die Trockenlegung. Im 19. Jahrhundert stand der Ingenieur und „Bezwinger des wilden Rheins”, Johann Gottfried Tullia, für den optimistischen Planungsgebiet und die liberale Kultur des Fortschritts. Der Oldenburger Ludwig Starkfeld verfocht schon vor 1850 den Gedanken des Kanalbaus in Norddeutschland. Die Vorstellung der Stromerzeugung durch Dammbau, auch „weiße Kohle” genannt, gehörte in das Arsenal der modernen Leitbilder. In Deutschland verkörperten diesen Zusammenhang der Apostel des modernen Dammbaus Otto Inez und die Eder-Möhne-Talsperre, die 1914 fertig wurde.
Zum Propheten der Vereinigung von Vernichtungsphantasien und Landschaftsplanung im Nationalsozialismus wurde der Danziger Geograph Martin bürgener. Die Nazis wollten in den weißrussischen Sümpfen Millionen von Juden durch Arbeit und Krankheit umbringen und die deutsche Vormacht in Osteuropa auf Dauer festigen. Sümpfe trocken zu legen war für sie ein dezidiert rassisches Projekt, das sich in erster Linie auf Minderheiten und Juden bezog. Siedlungen sollten Dämme aus Menschen gegen die „Flut der Asiaten” errichten. Irritierend war, dass aus „Blut und Boden” ebenfalls Konsequenzen für den Umweltschutz gezogen wurden. Die Trockenlegung der Pripjet-Sümpfe wurde schließlich von Hitler persönlich gestoppt, weil er die Versteppung befürchtete.
Blackburn erzählt keine Geschichte des Verfalls und der Vernichtung vermeintlich „unberührter Natur” durch den Menschen. Die Natur ist für ihn immer schon vom Menschen bearbeitet. Sie ist Kulturlandschaft. Er zeigt uns Karten von Mooren, Deichen und Dämmen, mehr noch die Geschichte unserer eigenen Karten im Kopf, die entlang der Achsen von Fortschritt und Wachstum, Transport und Verkehr, Bevölkerung und Wirtschaft organisiert sind.
Deutsche Geschichte im Blick auf Wasser, Moore, Deiche und Dämme zu erzählen ist nicht selbstverständlich. Blackburn setzt sich damit von einer langen Tradition ab, die Deutschland nicht mit dem Wasser, sondern mit den Wäldern verband. Der „deutsche Wald” schien mehr auszusagen über deutsche Identität als Seen und Flüsse. Blackburn früherer Kollege an der Harvard Universität Simon Schaaf hatte diesen Gedanken in seinem Buch „Landscape Andi Memory” durchgeführt, indem er die nationale Bedeutung des Waldes nachzeichnete. Blackburn Buch kann als inhaltliche, vor allem aber methodische Antwort darauf gelesen werden.
Für Blackburn hat eine Kulturgeschichte, die ernst genommen werden will, die materielle Dimension von Geschichte einzubauen. Die gute alte Realität lebt bei ihm noch, auch wenn sie schon so oft dekonstruiert wurde. Er erzählt eine leibhaftige Geschichte, in der gemessen, gebaut, entwässert und immer wieder eingedeicht wird. Die materialistische Geschichtsschreibung hat bei ihm eine Vetomacht gegenüber allen Konstruktionen. In seiner Kulturgeschichte werden Vorstellungen nicht einfach von anderen Vorstellungen erzeugt.
Der Raumbegriff war nach dem Krieg durch die „Blut und Boden” Ideologie so sehr belastet, dass er als historischer Begriff unbrauchbar war. Die Geschichtswissenschaft war daher in der Bundesrepublik lange Zeit raumbezogenes. Darin lag eine der wichtigsten Langzeitwirkungen des Nationalsozialismus. Blackburn zeigt dagegen die Räumlichkeit als Größendimension der neuesten deutschen Geschichte plastisch auf. Die Nationalsozialisten haben den Raum als politischen Leitbegriff gerade nicht erfunden, sondern ihm lediglich eine spezifische Wendung ins rassische gegeben. Die Gefahr liegt also nicht im Raumbegriff als solchem, sondern in seiner organizistischen Aufladung und rassistischen Abkopplung von der Geschichte.
SIEGFRIED WEICHLEIN
DAVID BLACKBOURN: The Conquest of nature. Water, Landscape, and the Making of Modern Germany. Jonathan Cape, London 2006. 497 S., 50, 50 Euro.
Blick auf die 27 km lange Edertalsperrmauer
Foto: F. Haun
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr