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Kaum jemand hatte von der Firma Blackwater gehört, als am 16. September 2007 im Irak 17 Zivilisten erschossen wurden - von einem Söldnertrupp. Schnell stellte sich heraus, dass sie zu einer Art Privatarmee gehörten, die im Irak und anderswo für die USA Krieg führt, unbemerkt von der Öffentlichkeit und immun gegen Strafverfolgung. Blackwater: die mächtigste militärische Dienstleistungsfirma der Welt. Ihr Gründer Erik Prince, Multimillionär und christlicher Fundamentalist, hat beste Kontakte zur Regierung. Und erkennt nach dem 11. September 2001, wie viel Geld sich mit dem "Outsourcing"…mehr

Produktbeschreibung
Kaum jemand hatte von der Firma Blackwater gehört, als am 16. September 2007 im Irak 17 Zivilisten erschossen wurden - von einem Söldnertrupp. Schnell stellte sich heraus, dass sie zu einer Art Privatarmee gehörten, die im Irak und anderswo für die USA Krieg führt, unbemerkt von der Öffentlichkeit und immun gegen Strafverfolgung. Blackwater: die mächtigste militärische Dienstleistungsfirma der Welt. Ihr Gründer Erik Prince, Multimillionär und christlicher Fundamentalist, hat beste Kontakte zur Regierung. Und erkennt nach dem 11. September 2001, wie viel Geld sich mit dem "Outsourcing" militärischer Leistungen verdienen lässt: Bushs "Krieg gegen den Terror" ist die Steilvorlage für den kometenhaften Aufstieg der Firma. Blackwaters Elitesoldaten schützen US-Politiker und Geschäftsleute im Irak - gegen ein Gehalt, von dem GIs nur träumen können. Blackwater kann bei Bedarf Truppen und eine Flugzeugflotte zur Verfügung stellen, groß genug, Regierungen zu stürzen. Blackwaters Söldner bewachen Öl-Pipelines, seine "Sicherheitskräfte" patrouillierten nach Katrina in den Straßen von New Orleans. Doch erst jetzt fällt dem US-Kongress auf, dass die martialischen Rambos keinerlei parlamentarischer Kontrolle, keiner Gerichtsbarkeit unterliegen. Mit seiner glänzend recherchierten Geschichte der Firma Blackwater zeigt Jeremy Scahill überzeugend auf, welche Gefahren der Demokratie drohen, wenn die Regierung ihr Gewaltmonopol privatisiert.
Autorenporträt
Jeremy Scahill arbeitet für Zeitschriften wie "The Nation" und ist Korrespondent der Radio-und Fernsehshow "Democracy Now!". Als Reporter hat er aus dem Jugoslawienkrieg, Nigeria und dem Irak berichtet. Er lebt in Brooklyn, New York. "Blackwater" stand in den USA wochenlang auf der Bestsellerliste und wird derzeit verfilmt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.03.2008

Auf dem Weg zum ewigen Krieg
Jeremy Scahill berichtet über Söldner im Irak. Selten wurde uns so viel über Amerika erzählt
Egal, wie gut man über die Kandidaten im amerikanischen Wahlkampf, die Lage in Bagdad und die Zustände an der Wall Street Bescheid weiß: Was sieben Jahre Bush und fünf Jahre Irakkrieg in Amerika angerichtet haben, lässt sich aus der Ferne kaum nachvollziehen. Darum starrt das Münchner Publikum immer ungläubiger auf die Theaterbühne, je länger der junge Autor namens Jeremy Scahill erzählt. Von den Söldnern der Firma Blackwater, der Privatisierung des Staates und des Krieges. Von den Massakern an Zivilisten und von ihren Mördern, die vom amerikanischen Gesetz sogar im Irak geschützt werden. Von Söldnern, die nach dem Hurrikan Katrina in New Orleans Jagd auf verzweifelte amerikanische Bürger gemacht haben. Und von der perfiden Strategie, mit der die Regierung Bush dafür gesorgt, hat, dass ihr Krieg nie enden wird. Nicht im Irak und auch nicht im Rest der Welt.
Weil der 33-Jährige mit dem Abenteurerbart und der modischen Buschjacke das alles aber mit dem Unterton jenes New Yorker Sarkasmus erzählt, der hierzulande nur verstanden wird, wenn er von Figuren in einem Woody-Allen–Film vorgetragen wird, aber auf gar keinen Fall, wenn ein Intellektueller versucht, den Wahnsinn der amerikanischen Politik zu erläutern, ohne seine Argumente mit Empörung und Betroffenheit zu ideologisieren, ist eine kalkulierte Zwischenfrage angebracht. Erwartet Jeremy Scahill wirklich, dass man ihm das alles glaubt? Sind das nicht alles nur Verschwörungstheorien? Da ist es vorbei mit der Lässigkeit und der ironischen Distanz. „Ich weiß nicht, wie ich Ihnen erklären soll, wie ernst uns diese Arbeit ist”, braust Scahill auf. Und dann erzählt er von seiner Zeit als Kriegsreporter in Falludscha, jenem altbabylonischen Städtchen südlich von Bagdad. Da begegnete er den Söldnern der Firma Blackwater zum ersten Mal.
Im März 2004 überfielen Partisanen des irakischen Widerstandes dort einen Konvoi, der Küchengeräte für die amerikanische Armee transportierte. Vier zivile Begleiter des Konvois wurden getötet, von einem rasenden Mob buchstäblich in Stücke gerissen und angezündet. Schließlich hängte die Menge die verkohlten Leichenteile am Bogen einer Brücke über den Euphrat auf. Die Bilder gingen um die Welt. „Niemand berichtete damals darüber, dass es sich hier um Söldner einer mächtigen Privatarmee handelte”, sagt Scahill. Und doch provozierte der Lynchmord einen brutalen Vergeltungsschlag der amerikanischen Streitkräfte, bei dem unzählige Iraker getötet und rund 19 000 Gebäude zerstört wurden.
Die Privatisierung des Staates
Scahill begann zu recherchieren. Nach unzähligen Berichten für die Zeitschrift Nation und die Radiosendung „Democracy Now” veröffentlichte er schließlich sein Buch „Blackwater” (auf deutsch „Blackwater – Der Aufstieg der mächtigsten Privatarmee der Welt”, Kunstmann Verlag, München, 320 Seiten, 22 Euro). Doch in Scahills Buch geht es nur vordergründig um die Söldnertruppe aus North Carolina. „Blackwater” ist eines der besten Bücher über den Irakkrieg und eine der schärfsten Analysen des modernen Amerika. Dort allerdings interessierte sich kaum jemand für dieses Buch. Die New York Times hat es bis heute nicht rezensiert. Kein Fernsehsender wollte Scahills Enthüllungen aufgreifen. Bis zu jenem Massaker am 16. September 2007, als ein Trupp Blackwater-Söldner auf dem Nisour-Platz in Bagdad grundlos in die belebte Straßenkreuzung schoss, 17 Menschen tötete, 24 verletzte. Da wurde Jeremy Scahill zwei Wochen lang durch die politischen Talkshows gereicht. Dann legte sich wieder Schweigen über das Thema.
Als Kriegsreporter ist Jeremy Scahill ein ungewöhnlicher Vertreter eines außergewöhnlichen Berufsstandes. Er hat sich nie auf eine etablierte Journalistenkarriere eingelassen, auch wenn die Präzision seiner investigativen Arbeit, die Qualität seiner Texte und sein „George Polk Award” ihn zum perfekten Kandidaten für einen Job bei der New York Times oder Time machen würden. Er könnte sogar viel Geld verdienen, weil er mindestens so mutig ist, so gut aussieht und so literarisch erzählen kann wie Sebastian Junger von Vanity Fair. Aber da steht ihm seine Kompromisslosigkeit im Wege. Er würde sich nie auf die redaktionellen Linien der großen Häuser einlassen, die längst Teil der Politik geworden sind, würde sich nie als Vorzeigekriegsreporter herumreichen lassen.
Schon als Nachwuchsreporter deckte er für die Radiosendung „Democracy Now” die Rolle des Ölkonzerns Chevron bei der Ermordung von zwei nigerianischen Umweltaktivisten auf. Mit 24 zog er in den Kosovokrieg., mit 29 in den Irak. In den USA werden unkorrumpierbare, hartnäckige Journalisten wie Jeremy Scahill schnell in die linke Ecke gestellt – zu politisch, um dem amerikanischen Ideal von der Objektivität zu genügen. Eine fatale Fehlinterpretation, denn ein Gespür für Missstände, kritisches Bewusstsein und hartnäckiges Nachhaken sind Grundtugenden des Journalismus, keine politische Haltung. Tugenden, die von der Kompromissbereitschaft der etablierten Medien, der entpolitisierten Öffentlichkeit und den schrumpfenden Budgets für investigativen Journalismus allerdings massiv ausgehöhlt wurden. Deswegen sind es in erster Linie junge Journalisten wie Scahill, denen ihre Arbeit wichtiger ist als ihr Einkommen und ihr Prestige, die sich für Nischenorgane wie The Nation, „Democracy Now” oder Alternet in solche Themen verbeißen.
Er hält aber an diesem Abend auf der Münchner Theaterbühne nicht am Thema seines Buches fest. Und da wird deutlich, dass er eben nicht nur ein Buch über Söldner und den Krieg geschrieben hat, sondern ein Buch über Amerika und die Privatisierung des Staates, die nicht nur dort voranschreitet. Denn es war nicht erst George W. Bush, der diese Entwicklung vorantrieb. Bill Clinton hatte während der neunziger Jahre die amerikanischen Gefängnisse privatisiert und fatale Präzedenzen gesetzt. Nun höhlt die Privatindustrie Stück für Stück das Staatswesen aus. Die Grundversorgung wird verhökert – Strom, Wasser, Infrastruktur, Nahverkehr. Die Folgen sind schon zu sehen. Bildung und Gesundheit sind zu Luxusartikeln geworden.
Die umfassende Privatisierung des Krieges aber hat Folgen, die noch nicht abzusehen sind. Schon seien die Söldner von Blackwater für Polizeiaufgaben in Amerika selbst eingesetzt worden. Auf den Einwand, Söldner habe es doch immer schon gegeben, ist Scahill vorbereitet. Von den Söldnern der Antike über die Landsknechte bis hin zu den „Hired Guns” in Afrika haben sie schon immer eine taktische Rolle gespielt. Neu sei jedoch ihre strategische Bedeutung.
Im letzten Golfkrieg von 1991 sei auf sechzig reguläre Soldaten ein ziviler Zuträger gekommen. Die meisten seien in der Versorgung tätig gewesen, hätten für die Truppen Lager gebaut und gekocht. Heute seien im Irak 155 000 reguläre Truppen stationiert, die von 180 000 solcher „Private Contractors” verstärkt würden. 48 000 von ihnen sind Söldner. Deswegen sind die rund 170 Firmen, die neben Blackwater sogenannte „Sicherheitsaufgaben” wahrnehmen würden, nichts anderes als Teil einer privatisierten Armee. Die wird aus sogenannten schwarzen Budgets bezahlt, die vom Kongress nicht genehmigt werden müssen. Diese Finanzierung aber garantiere den USA auch dann eine militärische Präsenz im Irak, wenn sie ihre regulären Truppen abziehen müssten. Hillary Clinton habe im Senatsausschuss für Streitkräfte bisher nichts gegen die Söldner getan. Selbst Obamas Pläne sehen im Falle eines Abzuges eine starke Präsenz privater Sicherheitskräfte vor. So aber kann der Krieg ewig dauern. „Machen Sie sich keine Hoffnung”, schließt er den Abend. „Egal wer an die Macht kommt, es wird sich nicht viel ändern.” ANDRIAN KREYE
Söldner von Firmen wie „Blackwater” greifen auch in Kämpfe ein. Niemand kann sie belangen. Nicht einmal wegen Kriegsverbrechen. Foto: AP /Gervasio Sanchez
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Vorzüglich recherchiert und gut geschrieben findet Rezensent Bernd Greiner dieses Buch über die Privatisierung des Krieges und das Outsourcing staatlicher Gewalt an einen privaten Dienstleister. Dessen strukturelle und politische Bedingungen legt das Buch aus Sicht des Rezensenten überzeugend offen. Anders als Peter W. Singers vorzügliche Studie "Private Military Companies", für den Rezensenten ein Grundlagentext, richte Jeremy Scahill sich an breitere Leserschichten. Diese Leserschichten wünscht der Rezensent Scahills Buch nicht nur, er hält es auch dringend für nötig, dass das Thema größere Aufmerksamkeit erlangt. Denn Scahill mache auch überzeugend klar, dass die "galoppierende Auflösung des staatlichen Gewaltmonopols zugleich einer schleichenden Entsorgung der Demokratie gleichkommt.

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