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»Ein großer Literaturspaß, ein sehr gelungenes Debüt« Denis Scheck
Ein 14,8 Meter langer Fischbandwurm, eine Seifenkiste mit Kurs auf den Mond, ein ungeahnt attraktiver Mönch im Jaguar, ein fallender Engel, eine schwangere Dorfprinzessin, eine altphilologische Geheimgesellschaft, eine nordic-walkende Mütterrunde, ein Jungfußballer mit dem Herz am rechten Fleck, eine sinistre Verschwörung der Dorfältesten sowie jede Menge poppige Blasmusik gehören zum unvergesslichen Mikrokosmos dieses Romans, der durch seine Hingabe an leuchtende Details und skurrile Begebenheiten, durch seinen…mehr

Produktbeschreibung
»Ein großer Literaturspaß, ein sehr gelungenes Debüt« Denis Scheck

Ein 14,8 Meter langer Fischbandwurm, eine Seifenkiste mit Kurs auf den Mond, ein ungeahnt attraktiver Mönch im Jaguar, ein fallender Engel, eine schwangere Dorfprinzessin, eine altphilologische Geheimgesellschaft, eine nordic-walkende Mütterrunde, ein Jungfußballer mit dem Herz am rechten Fleck, eine sinistre Verschwörung der Dorfältesten sowie jede Menge poppige Blasmusik gehören zum unvergesslichen Mikrokosmos dieses Romans, der durch seine Hingabe an leuchtende Details und skurrile Begebenheiten, durch seinen erzählerischen Furor und seine Vielstimmigkeit besticht. Vea Kaiser entfaltet mit Verve, Esprit und unwiderstehlichem Witz die große Geschichte eines kleinen Dorfes und erzählt von einer Familie, die über drei Generationen hinweg auf kuriose Weise der Wissenschaft verfallen ist. Ein wagemutiges, herausragendes Debüt, das Kritik und Leser gleichermaßen verzaubert hat.
Autorenporträt
Vea Kaiser wurde 1988 geboren und lebt in Wien, wo sie Altgriechisch, Latein und Germanistik studierte. Mit 23 Jahren veröffentlichte sie ihren Debütroman 'Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam', der ebenso wie ihr Zweitling 'Makarionissi oder Die Insel der Seligen' zum Bestseller avancierte und in mehrere Sprachen übersetzt wurde. 'Rückwärtswalzer' ist ihr dritter Roman.
Rezensionen
»[Blasmusikpop] ist so fröhlich und komisch, so frisch und witzig. [...] ein Kaleidoskop, das in den schönsten Farben leuchtet.« Christine Westermann WDR 2 20120819

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.08.2012

Herodot bei den Bergbarbaren
Schwänke zwischen St. Peter und St. Pauli: Vea Kaisers verkappter Heimatroman "Blasmusikpop"

Österreichische Volksmusik ist längst mehr nicht nur Hansi Hinterseer und Karl Moik. Alpenrocker wie die Zillertaler Schürzenjäger, DJ Ötzi oder Hubert von Goisern haben das Musikantenstadl-Ghetto verlassen und rocken mit ihrer Welt-Blas-Popmusik selbst Piefke-Partys und Ballermannstrände. Vea Kaisers zweiter Roman trägt diesem folkloristischen Innovationsschub Rechnung: Ihr "Blasmusikpop" groovt wie Rosegger im Hiphopper-Fummel und "Hundert Jahre Einsamkeit" im Trachtenjanker.

St. Peter im Anger, das abgelegene 500-Seelen-Dorf in den fiktiven Sporzer Alpen, ist für Johannes A. Irrwein der Inbegriff intellektueller Borniertheit. Wie sein Großvater interessiert sich der strebsame Bergbauernbub mehr für Bandwürmer und Bibliotheken als für Kirchweih und Adlitzbeerenschnaps. Von "Opa Doktor" zum Naturforscher erzogen, auf der Klosterschule in Lenk zum altsprachlichen Humanisten gereift, begreift sich das jüngste Mitglied des philhellenischen Digamma-Clubs als legitimer Nachfolger Herodots. Für Johannes sind die "Bergbarbaren" komische Vögel und lustige Dorfdeppen, denen er sich nur mit ethnologischer Distanz und altklugem Naserümpfen nähert. Tatsächlich herrschen hinter den Bergen noch Sitten wie im vorklassischen Griechenland: Die Gerontokratie von Großbauern, Pfarrer und Bürgermeister lenkt vom Wirtshaus Mandling aus die Geschicke des Dorfs; der Mütterverein schwingt das Nudelholz und hält Nordic Walking schon für Emanzipation. Fremde aus der Stadt sind so rar und rechtlos wie Perser in Sparta; Fernsehen ("Da wird ma jo deppert, imma so ins Kastl schaun"), Handy und Internet gelten als Teufelszeug, und die Stammesriten der Eingeborenen - Maibaumstibitzen, Kampftrinken beim Feuerwehrfest, Kranzerltanz, Fensterln - sind so befremdlich und unveränderlich wie eleusinische Mysterien. Johannes beobachtet die Vergnügungen des Pöbels weitgehend teilnahms- und verständnislos, und für diesen Hochmut des "Hochgeschissenen" muss er büßen. Von Eltern, Pfarrer und Lehrern zurechtgewiesen, von der Dorfjugend gemobbt, von den Madln geschnitten, darf der schüchtern aufgeweckte Bildungsheld allenfalls als Schriftführer beim Fußballverein mitspielen.

Vea Kaiser ist selbst eine höhere Tochter. Aufgewachsen in einem 1000-Seelen-Dorf im Wienerwald, auf dem Gymnasium in St. Pölten und später dann in Wien zur Altphilologin gereift, sind der "fanatischen Graezistin" Bergwandern und Skifahren bis heute zuwider. Homer und Herodot sagen ihr mehr als Jelinek oder Thomas Bernhard. Schreiben ist für Kaiser vor allem volkstümliche Unterhaltung. Schon im Kindergarten war sie eine "Gschichtldruckerin", und die Freude am naiven Erzählen verleugnet sie auch in "Blasmusikpop" nicht. Sechs Jahre lang trug sie Würmer- und Dorf-Geschichten zusammen, die sie bei ihren Großeltern, in Büchern und Naturhistorischen Museen aufgeschnappt hatte; am Ende dampfte sie die viertausend Seiten auf ein Achtel ein. In Österreich gilt "Blasmusikpop" als literarisches Ereignis der Saison.

Wie Johannes beim Mehlspeisenbüffett der Mütterrunde erhofft sich auch Kaiser offenbar vom "schmackhaft-alpinen Originalklang" der Gerichte einen verkaufsfördernden Effekt. Austriazismen wie "pfitischigoggerln" und "Gatschhupfer" und der von einem Professor redigierte Kunstdialekt sind für deutsche Leser durchaus reizvoll, aber 500 Seiten voller Schwänke und Schnurren, nur unterbrochen von herodotischen Chroniken über den ewigen Krieg zwischen Zivilisierten und Wilden, wirken doch etwas ermüdend. Kaiser erzählt gutgelaunt und episch breit vom Kreislauf der Jahreszeiten, des Vereinslebens und der Generationen, von Kaninchen Schlappi und Kater Petzi, von Pater Tobias, dem schönen Mönch und seinem Jaguar; und dem Zusammenbruch des Brokathimmels bei der Fronleichnamsprozession. Eine Karte von St. Peter mit den wichtigsten Schauplätzen von der Greißlerei bis zum Café Moni, Stammbäume und ein Register aller dramatis personae vom Stürmerstar Peppi Gippel bis zum Hebammensohn Schuarl Trogkofel sorgen für Überblick. Es gibt in St. Peter durchaus Neid und Niedertracht, schmutzige Fouls, eklige Würmer und Sex im Heu, aber Schlangen sucht man im Paradies vergebens, und im Apfel der Erkenntnis steckt jedenfalls kein Bandwurm. Auf der Alm gibt's keine Sünd'.

Dennoch macht die Aufklärung auch vor Sankt Peter nicht Halt. Johannes fühlt sich auserkoren, "in die Fußstapfen Herodots zu treten, indem er den Krieg, den die Bergbarbaren von St. Peter gegen die Zivilisierten führten, erforschte - und beendete." Bei einem Freundschaftsspiel des FC St. Pauli kommt es zur Versöhnung zwischen Sankt Peter und St. Pauli, Homer und Facebook, urbaner Kultur und Naturvolk. Selbst die verstocktesten Dörfler finden plötzlich Gefallen an den Punks, Schwulen und Altlinken aus dem Flachland: Kater Petzi hisst eine Totenkopfflagge, am Kirchturm hängt ein BH, der Joint kreist, die Blasmusik spielt die Gästehymne "Hells Bells" mit Kuhglocken, und der Bürgermeister eröffnet eine dionysische Dorfdisco. So lassen die Barbaren sich kreuzfidel in die Zivilisation und Johannes endlich ins Dorf eingemeinden; in Simona, der schnippischen Rothaarigen aus der Stadt, bekommt er sogar ein passendes Madl fürs Happy End.

Der "Blasmusikpop" ist Bildungs-, Familien-, Coming-of-Age-Roman und romantische Komödie, aber eher keine Popliteratur. Kaisers "Anti-Anti-Heimatroman" ist vielmehr alte Heimatliteratur in neuen Schläuchen: Bildungs- und traditionsbewusst wie Herodots Histörchen, schmissig und fesch wie "Anton aus Tirol". In den Eingeweiden rumoren die Würmer, aber die Bergbarbarei bleibt allzeit kommod.

MARTIN HALTER

Vea Kaiser: "Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam". Roman.

Kiepenheuer & Witsch, Köln 2012. 492 S., geb. 19,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Viel Vergnügen hatte Catarina von Wedemeyer bei der Lektüre dieses (wenn auch gelegentlich etwas altklugen) Coming-of-Age-Romans über einen jungen Historiker, der die Geschichte eines entlegenden Alpendorfs chronistisch begleitet, dabei aber immer mehr mit der Dorfgemeinschaft verwächst. Gut gefällt der Rezensentin dabei, mit welcher Sprachsouveränität die junge Autorin Mundart und den Duktus griechischer Schriften - der junge Historiker hat Herodot zum Vorbild - handhabt und wie sie den magischen Realismus etwa eines Gabriel García Marquez unter die österreichische Literatur hebt. Vom klischeehaften Heimatroman will Wedemeyer diesen Roman deshalb unbedingt abgrenzen: "Blasmusikpop" fußt auf "Fantasie und guter Recherche".

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.09.2012

Der Absturz des Herodot
Versuch, die Alpen zu bezwingen: Vea Kaisers Debütroman „Blasmusikpop“
Ein Großvater, der mitten in den Bergen zum Wurmforscher wird, ein Vater als Rauf- und Trunkenbold, eine unbedarfte Mutter und schließlich Johannes A. Irrwein selbst, der dem Großvater nacheifert, bis er entdeckt, dass Naturwissenschaften nicht seine Sache sind. Irrwein ist, wie fast alle Figuren in diesem knapp fünfhundert Seiten starken Debüt der 1988 in St. Pölten geborenen Vea Kaiser, in St. Peter am Anger aufgewachsen und fühlt sich zur Rettung humanistischer Bildung berufen. Am Gymnasium tritt er einer Art Geheimbund bei und begeistert sich für den Geschichtsschreiber Herodot. Weil Irrwein unbeherrscht auftritt, fällt er dennoch durch die Matura und wechselt noch einmal das Gleis: Er realisiert, dass das Alpenland ihn mehr interessiert als das Abendland. Wie Herodot selbst wird er sich unter die Leute im Dorf mischen und von ihnen berichten.
  Soweit ein Hauptstrang der Handlung dieses vor Erzählfreude übersprudelnden Erstlings. Es macht sich nicht schlecht, wenn sich eine Handlung mehr oder weniger von selbst ergibt, weil der Autorin, wie hier, keine Spur einer Erzählhemmung in die Quere kommt, aber auch ein paar weitere Sachen, so erkennt man, mitten im Seitenberg dieses Buches, sollten stimmen.
  Der Auftakt ist Vea Kaiser nicht übel gelungen. Die Handlung von „Blasmusikpop“ schwankt gut motiviert zwischen Satire und Groteske. Johannes Gerlitzen, der Großvater des Herodot-Forschers, hatte einen 14,8 Meter langen Bandwurm, der mittlerweile in der Wohnung von der Decke hängt, aber Gerlitzen will sie alle verstehen. Doch an Gerlitzen nagt, dass er gleich nach der Geburt erkennt, dass sein erstes Kind das seines Nachbarn ist. Ruckartig entscheidet er sich zu verschwinden, „Doktor“ zu werden, geht hinaus in die Welt. Erst als seine Frau früh im Sterben liegt, kehrt er zurück, um das Kuckuckstöchterlein zu pflegen. Doch Ilse kommt auf den biologischen Vater, einen bockigen Dörfler, und macht nur Schwierigkeiten.
  Soweit ist das Buch mal erfrischend, mal plakativ geschrieben und spiegelt eine Welt, die jeder Alpenländler als naturgemäß von Klischees durchsetzte Wirklichkeit in etwa kennt. Selbst sprachliche Aussetzer wie „seine Züge spannten sich wie Drahtseile“ lässt man im, wie könnte es anders sein, „grellen Hallogenlicht“ links liegen, und bleibt neugierig, was sich als nächstes tut. Gerade, als man daran zu zweifeln beginnt, ob die Munterkeit bis zum Ende trägt, bringen der Auftritt des Enkels Johannes A. Irrwein und seine Beziehung zu Großvater Gerlitzen etwas ein, was dem Buch sonst fehlt: zwei Figuren, die jenseits aller Gags, ein innerer Zusammenhalt verbindet.
  Dass Irrweins Neigung schließlich doch nicht der Naturwissenschaft gilt, weist ihn nur als eigensinnigen Spross eines eigensinnigen Opas aus. Vielleicht denkt man sich, gelingt dem Buch doch noch der Sprung über die lustige, aber zur Welterschließung wenig aufgelegte Alpengroßblödelei hinaus in eine Art Entwicklungsroman. Dass sich Irrwein, nach der verpatzten Matura – er tritt seinem Feind, dem Direktor und Geschichtslehrer gegenüber derart arrogant auf, dass ihm hervorragende Leistungen, aber fehlende Reife bescheinigt werden – von der Geschichtswissenschaft ab- und den widerspenstigen Charakteren seines Dorfs zuwendet, ist an sich kein dramaturgisches Problem. Zwar schlägt Vea Kaiser damit die Möglichkeit aus, dass sich Irrwein und damit auch dem Roman neue Räume eröffnen, aber auch die volkskundliche literarische Ethnologie kann ja zu reizvollen Ergebnissen führen.
  Leider jedoch stürzt der Roman nun, da er sich ganz in der Bergwelt festsetzt, ab und fängt sich nie wieder ganz. Sein Problem ist weniger das gelegentliche Baden in Klischees, sondern dass er auf seiner langen Erzählstrecke der Bergwelt und ihren Bewohnern insgesamt dann doch zu wenig abzugewinnen weiß. Gerade die schöne Idee, Irrwein zum Herodot von St. Peter zu machen, der den Mitgliedern des ehemaligen Geheimbunds von seinen Erkundungen berichtet, verliert in der Ausführung allen Glanz. Unter der Daueranrede „Liebe zivilisierte Freunde“ bringt Irrwein nur gestelzte Langeweile auf den Weg: „Als wäre das in ihren Physeis und Psychen so vorgesehen, hat ein jeder Bewohner seine Aufgabe, die er gewissenhaft erfüllt. Die einen stellen Heurigenbänke aus dem Keller der Mehrzweckhalle auf dem Dorfplatz auf, die anderen bauen die Getränkebar vor dem Wirtshaus.“
  Dieser Stilmix taugt vielleicht als einmalige Joke-Imitation von Herodot, und Vea Kaiser, Studentin der Klassischen Philologie, darf „Physeis“ schreiben, aber ansonsten sind diese allzu vielen Berichte für die Katz. Denn von unbekannten Regionen handeln sie nicht. Jeder Leser kann nicht anders als schon wissen, was ihm da für neu verkauft wird. Und auch das Mädchen aus der Stadt, das als Tochter eines zivilisationsflüchtigen Intellektuellen in der Mid-life-Crisis ins Dorf gekommen ist, bleibt ein Abziehbild – trotz der amourösen Leiden, die sich zwischen ihr und Johannes A. Irrwein ergeben. So entsteht der Eindruck: das ist geschrieben wie ein Buch aus der Sicht eines 17-jährigen Stadtmädchens, das seinen Freunden vordrechselt, wie abgefahren die Leute dort oben sind.
  Wenn eine Autorin Geschichten erzählen kann, und das ist hier eindeutig der Fall, bedeutet das offensichtlich noch nicht, dass mit der Erzählfreude allein schon alles getan ist. Denn an der selbstgesetzten, nicht eben leichten Aufgabe, die literarisch längst erschlossene Bergwelt noch einmal neu zu entdecken, scheitert am Ende dieser Roman.
HANS-PETER KUNISCH
„Seine Züge spannten
sich wie Drahtseile“
Vea Kaiser.
FOTO: INGO PERTRAMER
  
  
  
  
Vea Kaiser: Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam. Roman.
Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2012. 496 Seiten,
19,99 Euro.
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