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Die Rezeption der Romantik in der Zeit des Nationalsozialismus stellt ein brisates, doch noch weitgehend unaufgearbeitetes Kapitel deutscher Wissenschafts- und Kulturgeschichte dar. Zwischen instrumentalisierender Integration in den Traditionskanon des Dritten Reichs und sachorientierter Forschung, zwischen Verklärung zum Höhepunkt der 'Deutschen Bewegung' und Ablehnung als 'jüdisch infizierter Geistigkeit' existierte ein breites Spektrum von Aneignungs- und Vermittlungsformen, die in vorliegender Untersuchung erstmals in ihrer Komplexität und Widersprüchlichkeit dargestellt werden.

Produktbeschreibung
Die Rezeption der Romantik in der Zeit des Nationalsozialismus stellt ein brisates, doch noch weitgehend unaufgearbeitetes Kapitel deutscher Wissenschafts- und Kulturgeschichte dar. Zwischen instrumentalisierender Integration in den Traditionskanon des Dritten Reichs und sachorientierter Forschung, zwischen Verklärung zum Höhepunkt der 'Deutschen Bewegung' und Ablehnung als 'jüdisch infizierter Geistigkeit' existierte ein breites Spektrum von Aneignungs- und Vermittlungsformen, die in vorliegender Untersuchung erstmals in ihrer Komplexität und Widersprüchlichkeit dargestellt werden.
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Autorenporträt
Ralf Klausnitzer, Dr.phil., geb. 1967, Studium der Philosophie und der Neueren Deutschen Literaturwissenschaft in Rostow/Don und Berlin. Promotion 1998 an der Humboldt-Univ. mit vorliegender Arbeit, z.Z. Mitarbeiter am Zentrum für Literaturforschung Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.08.2000

Das Welken der braunen Blume
Hingeschaut: Ein Buch über Nationalsozialismus und Romantik

War womöglich die Romantik an allem schuld? Gern sagt man den Deutschen eine besondere Affinität zu Schwärmerei, ungewissem Sehnen und apokalyptischer Todesbesessenheit nach. Wagner darf dazu sein Lied vom Liebestod und der Brandnacht zu Walhall aufspielen, bis daß aus verbrannter Erde die blaue Blume versöhnlich aufsprieße. Aber ist das Romantik?

Mit dem Aufstieg einer historistischen Literaturwissenschaft im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts erhielt der Begriff Romantik einen bestimmten Stellenwert als Gegenpol zum Klassischen. Dessen heidnische Götter gerieten, wie Heinrich Heine konstatiert hat, ins Exil; das Christliche trat dem Antiken gegenüber, Germanentum dem Griechentum, Nächtlich-Elementares der aufklärerischen Taghelle. Fritz Strichs vielbeachtetes Buch von 1922 über Klassik und Romantik als schöne Vollendung und tiefe, reiche Unendlichkeit ist eines der bekanntesten Zeugnisse für derartige geistesgeschichtliche Entwürfe.

Glücklicherweise lebte Strich seit 1929 in der Schweiz, was ihn, den Juden, davor bewahrte, in einem Konzentrationslager zu enden. Als sein Buch 1949 neu aufgelegt wurde, gab er ihm ein bitteres Vorwort bei, den deutschen Rückfall in die Barbarei nunmehr als romantischen Sündenfall interpretierend. Allerdings übersah er dabei, daß er selbst zu denen gehört hatte, die überhaupt erst den Inhalt eines Begriffes schufen, der ihm nun verdächtig, ja böse geworden waren.

Über die Vorstellungen von Romantik und die Verantwortung für die Wandlungen des Begriffes in der Zeit des Nationalsozialismus gibt es seit kurzem eine enzyklopädische Studie, die eine geradezu unübersehbare Fülle von gedrucktem und ungedrucktem Material aus Bibliotheken und Archiven verarbeitet - ein Musterwerk der Gründlichkeit und Sorgfalt, das keineswegs im Sammeln steckenbleibt.

Überraschend daran auch, daß es sich um die Arbeit eines jungen Wissenschaftlers handelt. Ralf Klausnitzer, Jahrgang 1967 und jetzt Assistent an der Berliner Humboldt-Universität, hat sich mit dieser umfangreichen Studie seine Doktorwürde erschrieben. Dissertationen sind in erster Linie Bücher für Fachleute. Aber dieses hier ist auch eins über die Verführbarkeit von Intellektuellen, über Macht und über die Gefahr unklarer Begriffe, weshalb es denn ein wenig breitere Aufmerksamkeit verdient.

Daß Klausnitzer in seiner Begriffssprache modische Geheimterminologie ebenso wie alle populistischen Verallgemeinerungen zum Thema Romantik vermeidet, gehört zu den ersten Vorzügen seiner Arbeit. An die Stelle loser Anklagen gegen "präfaschistische" Germanistik in den zwanziger Jahren und pauschaler Behauptungen von deren "bruchlosem Übergang" in die Ideologie des Nationalsozialismus treten bei ihm detaillierte Analysen mit dem fundierten Resultat, daß allen solchen Kurzschlüssen "mit Vorsicht zu begegnen" sei.

Das bedeutet freilich nicht den Versuch zu Apologien. Verantwortung und Schuld werden vielmehr erst recht deutlich aus den konkreten Situationen und Umständen. Im Jahr 1934 zum Beispiel wollte sich der Berliner Großordinarius Julius Petersen mit einer umfangreichen Studie über die "Sehnsucht nach dem Dritten Reich in deutscher Sage und Dichtung" den neuen Machthabern andienen und mußte doch erleben, daß den Kommandeuren der braunen Bataillone dergleichen nichts als die schwächliche Aufbereitung einer liberalen Geistesgeschichte war, was die Anbiederung nur noch peinlicher macht. Oder es erhielt Gelehrteneitelkeit eine neue, blutige Dimension, wenn die Klage über mangelnde Würdigung der eigenen Verdienste zugleich die Klage über den "Juden Körner" - gemeint ist der Romantikforscher Josef Körner - einschloß. Körner kam nach Theresienstadt.

Klausnitzers Buch ist reich an Vignetten dieser Art und immer wieder vorsichtig im Urteil. Denn eben daß es keinen zwanghaften, unvermeidlichen, kausalen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Aspekten des Romantischen und der politischen Praxis sowie dem "eklektischen Ideenhaushalt" der Nazis gab, ist eines der Resultate seiner Arbeit. Bewundernswert, daß Klausnitzer sich nirgends von der Fülle seines Materials zu Boden ziehen läßt, sondern daß er die Übersicht darüber behält und die Freiheit zu eigenem, ausgewogenem Urteil. Man darf ihn in der oft ein wenig abfällig als "Zunft" benannten Germanistik als Hoffnungsträger willkommen heißen.

GERHARD SCHULZ

Ralf Klausnitzer: "Blaue Blume unterm Hakenkreuz". Die Rezeption der deutschen literarischen Romantik im Dritten Reich. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn, München, Wien, Zürich 1999. 709 S., br., 148,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als Hoffnungsträger in der "oft ein wenig abfällig als `Zunft` bezeichneten Germanistik" begrüßt Gerhard Schulz den "jungen Wissenschaftler", dessen "enzyklopädische Studie" er enthusiastisch lobt. Bewundernswert findet Schulz, dass sich Klausnitzer "von der Fülle seines Materials nirgends zu Boden ziehen" ließ, sondern die Freiheit zu einem ausgewogenen Urteil behalte. Angetan ist der Rezensent auch von Klausnitzers Begriffssprache, "die auf modische Geheimterminologie und polpulistische Verallgemeinerungen" verzichtet. Dissertationen seien normalerweise Bücher für Fachleute, "aber dies hier ist auch eins über die Verführbarkeit von Intellektuellen, über Macht und über die Gefahr unklarer Begriffe". Deshalb verdiene das Buch breitere Aufmerksamkeit.

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