Knarre in der Hand, Sonne im Nacken. Joachim, der Protagonist von "Bleierne Hitze", schaut auf dem Cover grimmig drein. Und er hat auch allen Grund dazu. Denn er lebt mit seiner Mutter bei seinem gewalttätigen Stiefvater und seiner sexsüchtigen Halbschwester. "Jo" träumt davon, einmal ein
waschechter Gangsterboss wie Aniello Dellacroce zu werden.
Dann taucht auf einmal Jimmy Cobbs auf. Der…mehrKnarre in der Hand, Sonne im Nacken. Joachim, der Protagonist von "Bleierne Hitze", schaut auf dem Cover grimmig drein. Und er hat auch allen Grund dazu. Denn er lebt mit seiner Mutter bei seinem gewalttätigen Stiefvater und seiner sexsüchtigen Halbschwester. "Jo" träumt davon, einmal ein waschechter Gangsterboss wie Aniello Dellacroce zu werden.
Dann taucht auf einmal Jimmy Cobbs auf. Der Kleinkriminelle ist auf der Flucht. Er hat mit anderen lausigen Gaunern einen Überfall durchgeführt und ist mit der Beute abgehauen. Er versteckt sein Diebesgut auf dem Acker und sich selbst bei Jos Familie auf dem Bauernhof. Alle suchen ihn: die Polizei, die Gangster und die sexsüchtige Halbschwester Jos.
Die Geschichte ist ein klassischer Roman Noir, in dem der Autor Jean Vautrin den Niederungen des Menschen auf unterhaltsame Weise nachgegangen ist. Vautrin hat in dem Bereich auch als Drehbuchautor und Regisseur Erfahrungen gesammelt und es wurden schon mehrere seiner Romane als Comics umgesetzt. Nun legt Baru eine weitere Adaption nach.
Baru gelingt es fabelhaft, die schrägen Charaktere und die verzwickte Handlung als Comic umzusetzen. Vautrin liefert ihm allerdings auch die entsprechenden Steilvorlagen, da auch Baru für derartige Geschichten bekannt ist. Auch er bevorzugt soziale Außenseiter und Ganoven als Charaktere. Auch er nimmt mit zynischen und gewalttätigen Geschichten vorlieb.
Hinzu kommen Barus unvergleichliche Zeichnungen. Die Bilder wirken dank herrlicher Farben und einer spitzen Feder zurückhaltend, satirisch, elegant, ausdrucksstark und kraftvoll. Bei ihm fahren die Charaktere regelmäßig aus der Haut und an die Decke. Sie fluchen und beschimpfen sich. Die Bilder wirken wie choreografierte Miniaturen des Bösen und Niederträchtigen, das sich bei ihm schnell zur Groteske wandelt. Aber er ergreift auch Partei für die Schwachen, die sich bei ihm zur Wehr setzen - auch mit Gewalt. So wird der Gewaltexzess zur logischen Schlussfolgerung sozialer Umstände und ungerechter (Verhaltens-)Strukturen.
"Bleierne Hitze" zählt zu Barus besten Arbeiten. Eine derart perfekte Balance zwischen Charakterstudie und Unterhaltung gelingt nur ihm. Deshalb kann die Graphic Novel nur jedem ans Herz gelegt werden, der genung Nerven und schwarzen Humor mitbringt, sich in die komplexe wie exzessive Spirale aus Niedertracht und Karikatur hineinzuwagen.