Blindes Vertrauen - tödliches Grauen
„Blinder Tod“ von Karina Abrolatis ist der Auftakt zu einer fünfbändigen Bodensee-Krimi-Reihe mit Becca Brigg im Mittelpunkt.
Klappentext:
Ravensburg, Februar 2020. Kriminalhauptkommissarin Becca Brigg und ihr neues Team sind unter den Eindrücken der sich
weltweit ausbreitenden Covid-19-Pandemie einem ungewöhnlichen Fall auf der Spur.
Am Gehegezaun der…mehrBlindes Vertrauen - tödliches Grauen
„Blinder Tod“ von Karina Abrolatis ist der Auftakt zu einer fünfbändigen Bodensee-Krimi-Reihe mit Becca Brigg im Mittelpunkt.
Klappentext:
Ravensburg, Februar 2020. Kriminalhauptkommissarin Becca Brigg und ihr neues Team sind unter den Eindrücken der sich weltweit ausbreitenden Covid-19-Pandemie einem ungewöhnlichen Fall auf der Spur.
Am Gehegezaun der Touristenattraktion Affenberg bei Salem wird eine weibliche Leiche gefunden, der skurrilerweise ein Auge fehlt. Zeitgleich rückt die Badener Landfleisch GmbH ins Visier der Kripo Ravensburg. Beccas neuer Partner KHK Herz, ein Ex-Feldjäger der Bundeswehr, kämpft sich indes durch seine eigene Hölle.
Das Cover stellt einerseits durch die abgebildete Wasserfläche die Verbindung zum Bodensee her, andererseits durch den hellen Lichtfleck auch den Bezug zum Augenlicht. Zudem weist die obere Bilderleiste auf die übergeordnete Thematik der Reihe hin: auf die fünf Sinne. Jeder Band thematisiert einen davon. Band 1 das Auge.
Bei diesem Buch handelt es sich um das Debutwerk der Autorin, das zunächst nur als E-Book erschien, aus Kostengründen ohne professionellem Korrektorat, was auch in der 2023 erschienen, 2. Auflage als Taschenbuch, noch verspürbar ist, in zukünftigen Editionen jedoch behoben sein wird. Daher haben allfällige Druckfehler meine Bewertung nicht beeinflusst.
Der Schreibstil ist sprachlich anspruchsvoll, mit verschachtelten Sätzen und kreativen Wortschöpfungen, dennoch liest sich das Buch flüssig. Sehr anschaulich werden durch ausführliche, aber nie ausufernde Beschreibungen ausgezeichnete Bilder der Bodensee-Landschaft vermittelt, ebenso der handelnden Personen und ihres privaten sowie beruflichen Umfelds. Das Lokalkolorit wird auch durch gut dosiert eingesetzten Dialekt unterstrichen. Unterteilt ist das rund 320 Seiten umfassende Buch in 16 Kapitel, jeweils mit Überschrift und genauem Datum versehen, was ich persönlich besonders schätze.
Die Handlung spielt im Frühjahr 2020, zu Beginn der Covid-19-Pandemie. Die Auswirkungen und Maßnahmen, sowie die divergierenden Reaktionen der Bevölkerung sind in ihrer Vielschichtigkeit sehr gut eingefangen, gut verwoben mit den Ermittlungen und dem Fall, ohne zu dominieren. Abgesehen davon reißt die Autorin eine Reihe interessanter, wissenserweiternder Themen an, wie z.B. Xenotransplantationen oder die chinesische Tradition des Xiào.
Man ist bereits vom Prolog an mitten im Geschehen, wird Zeuge der letzten Lebensminuten des Mordopfers, um in den folgenden Seiten zunächst einmal die Protagonistin, ihre Familie und ihre Kollegenschaft kennenzulernen. Der mühsame Polizeialltag ist sehr realistisch wiedergegeben, ohne dass die Spannung darunter leidet. Dramatische Szenen, Gefahrenmomente und Attacken erzeugen das nötige Prickeln. Sukzessive mehren sich die Informationen, treten neue überraschende Wendungen ein, erschütternde Fakten kommen zutage. Die Verdächtigen und ihre Untaten kristallisieren sich immer deutlicher heraus. Es wird immer pressanter, den Fall zu lösen, die Übeltäter zu fassen. Im Großen und Ganzen kann die Polizei den Fall klären, aber - da es Fortsetzungen geben wird - noch nicht völlig zufriedenstellend abschließen. Ein realitätsnahes Ende im Sinne von Recht und Gerechtigkeit sind nicht dasselbe.
Die Charaktere sind sehr umfassend beschrieben, mit familiärem Hintergrund, mit Gefühlen, mit Ecken und Kanten, Schwächen und Stärken, man erhält Einblicke in ganz persönliche Probleme und Befindlichkeiten, umfassend und doch so, dass stets die Ermittlungsarbeit im Vordergrund bleibt. Becca, die anfangs sehr sympathisch wirkt, erweist sich im Laufe der Handlung als karrierebetont, zickig und egoistisch, entwickelt sich aber letztlich wieder ins Positive. Generell empfand ich die Figuren als authentisch und lebendig, mit markanten Eigenschaften und einem glaubhaften Umfeld. Angefangen bei Beccas Kollegen Jan, über die Gerichtsmedizinerin mit chinesischen Wurzeln bis zu Beccas Eltern, sind alle sehr gut vorstellbar dargestellt.
„Blinder Tod“ ist nicht nur ein spannender Krimi mit Lokalkolorit, sondern hält auch die vielschichtigen Facetten einer Zeitspanne fest, die nicht spurlos an der Gesellschaft vorübergegangen ist. Mich hat dieses Buch in seiner Vielschichtigkeit beeindruckt und begeistert. Ein gelungenes Debut, das mir Lust auf die Fortsetzungen gemacht hat. Eine Leseempfehlung mit 5 Sternen.