Blumenberg ist nur nebenbei eine Hommage an einen großen Philosophen, vor allem ist es ein Roman voll mitreißendem Sprachwitz, ein Roman über einen hochsympathischen Weltbenenner, dem das Unbenennbare in Gestalt eines umgänglichen Löwen begegnet.
Groß, gelb, gelassen: mit berückender Selbstverständlichkeit liegt eines Nachts ein Löwe im Arbeitszimmer des angesehenen Philosophen Blumenberg, die Augen ruhig auf den Hausherrn gerichtet. Der gerät, mit einiger Mühe, nicht aus der Fassung, auch nicht, als der Löwe am nächsten Tag in seiner Vorlesung den Mittelgang herabtrottet. Die Bänke sind voll besetzt, aber keiner der Zuhörer scheint den Löwen zu sehen. Ein raffinierter Studentenulk? Oder nicht doch viel eher eine Auszeichnung von höchster Stelle - für den letzten Philosophen, der diesen Löwen zu würdigen versteht?
Groß, gelb, gelassen: mit berückender Selbstverständlichkeit liegt eines Nachts ein Löwe im Arbeitszimmer des angesehenen Philosophen Blumenberg, die Augen ruhig auf den Hausherrn gerichtet. Der gerät, mit einiger Mühe, nicht aus der Fassung, auch nicht, als der Löwe am nächsten Tag in seiner Vorlesung den Mittelgang herabtrottet. Die Bänke sind voll besetzt, aber keiner der Zuhörer scheint den Löwen zu sehen. Ein raffinierter Studentenulk? Oder nicht doch viel eher eine Auszeichnung von höchster Stelle - für den letzten Philosophen, der diesen Löwen zu würdigen versteht?
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.01.2013Der Mensch ist
trostbedürftig
Der Kontakt mit den Toten bedeute ihr viel, hat Sibylle Lewitscharoff in ihren 2011 gehaltenen Poetikvorlesungen erzählt und die Schrift zu einem Zaubermittel erklärt, „um mit ihnen in Verbindung zu treten, auszuspionieren, wie es ihnen gehen mag“. Im selben Jahr ist auch ihr Roman „Blumenberg“ erschienen, in dem sie sich auf ihre Weise vor dem 1996 gestorbenen Philosophen Hans Blumenberg verneigt. Eines Nachts lässt sie in dessen Arbeitszimmer in Altenberge einen Löwen erscheinen, der fortan nicht mehr von seiner Seite weicht. Blumenberg braucht ihn noch nicht einmal mit Flötenspiel zu besänftigen, wie das Kind in Goethes „Novelle“. Der König der Tiere ist müde und alt. „Blumenberg“ stellt die Frage nach dem Zeithaushalt: „Wir wissen, dass wir sterben müssen, aber wir glauben es nicht, weil wir es nicht denken können.“ Lewitscharoff lässt außerdem vier Studenten, alle Verehrer des Philosophen, auftreten, um sie zügig dem Tod zu überantworten. Trotzdem ist der Roman nicht düster, rätselschwer schon. Am Anfang steht eine Vorlesung über die „Trostbedürftigkeit des Menschen“, am Ende Goethes Gedicht „Selige Sehnsucht“.
FLORIAN WELLE
Sibylle Lewitscharoff:
Blumenberg.
Suhrkamp Verlag,
Berlin 2013.
222 Seiten,
8,99 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
trostbedürftig
Der Kontakt mit den Toten bedeute ihr viel, hat Sibylle Lewitscharoff in ihren 2011 gehaltenen Poetikvorlesungen erzählt und die Schrift zu einem Zaubermittel erklärt, „um mit ihnen in Verbindung zu treten, auszuspionieren, wie es ihnen gehen mag“. Im selben Jahr ist auch ihr Roman „Blumenberg“ erschienen, in dem sie sich auf ihre Weise vor dem 1996 gestorbenen Philosophen Hans Blumenberg verneigt. Eines Nachts lässt sie in dessen Arbeitszimmer in Altenberge einen Löwen erscheinen, der fortan nicht mehr von seiner Seite weicht. Blumenberg braucht ihn noch nicht einmal mit Flötenspiel zu besänftigen, wie das Kind in Goethes „Novelle“. Der König der Tiere ist müde und alt. „Blumenberg“ stellt die Frage nach dem Zeithaushalt: „Wir wissen, dass wir sterben müssen, aber wir glauben es nicht, weil wir es nicht denken können.“ Lewitscharoff lässt außerdem vier Studenten, alle Verehrer des Philosophen, auftreten, um sie zügig dem Tod zu überantworten. Trotzdem ist der Roman nicht düster, rätselschwer schon. Am Anfang steht eine Vorlesung über die „Trostbedürftigkeit des Menschen“, am Ende Goethes Gedicht „Selige Sehnsucht“.
FLORIAN WELLE
Sibylle Lewitscharoff:
Blumenberg.
Suhrkamp Verlag,
Berlin 2013.
222 Seiten,
8,99 Euro.
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»Ein großes, geglücktes Ausnahmebuch.« DER SPIEGEL 20110926
»... und schon jetzt kann man sagen, dass sie in Berlin lebende Schriftstellerin damit einen der bedeutensten und wohl auch erfolgreichsten Romane in diessem herbst vorgelegt hat.«