Macht Medienmacht Machtphantasien?
Es ist “nur” ein Roman, der teilweise die unglaublichen Machtvisionen des unter dem gewaltsamen Tod seiner Mutter und dem Tod seines Vaters, dem Mafiaboss Eduard Garnow leidenden Protagonisten erzählt. So kann man trotz der skurrilen und fiktiven
Herrscherfantasie des Hauptübeltäters Rem Granow dennoch anhaltend spannend die Entwicklungen der Geschichte…mehrMacht Medienmacht Machtphantasien?
Es ist “nur” ein Roman, der teilweise die unglaublichen Machtvisionen des unter dem gewaltsamen Tod seiner Mutter und dem Tod seines Vaters, dem Mafiaboss Eduard Garnow leidenden Protagonisten erzählt. So kann man trotz der skurrilen und fiktiven Herrscherfantasie des Hauptübeltäters Rem Granow dennoch anhaltend spannend die Entwicklungen der Geschichte verfolgen.
Vielleicht liest sie sich so leicht, weil Ilka Remes wieder einmal durchaus bekannte Klischees verbrecherischen Handelns bedient. Trotzdem schafft er genug Neues, beschreibt wohl recherchiert technische und biochemische Gegebenheiten und sorgt für atemloses Staunen über die vielschichtigen Zusammenhänge des europäischer Gaunerorganisationen.
Immerhin denkbar und im Bereich des Möglichen ist der geradezu perfide wie geniale Plan Granows, die Medien zu nutzen, um durch Massenhysterie und Beeinflussung die Bürgerinnen und Bürger eines ganzen Landes das wünschen und die Handlungen vollziehen zu lassen, die er sich zur Verwirklichung seiner wahnhaften Idee vorher akribisch erdacht und zurecht legte.
Gleich zu Beginn erschaudert es einen, da der Deutsche Außenminister ermordet wird, nachdem zuvor dessen Sohn entführt wurde. Klein – so der treffend gewählte Name – war mitverantwortlich für den versehentlichen Erschießungstod Granow’s Mutter. So erhält der Roman von Anfang an seine realistische Atmosphäre und Lesernähe. Auch der Buchtitel erhält schon auf den ersten Seiten seine Erklärung, als der machtverrückte Granow eigens zur Beerdigung seiner Mutter eine Glocke nach überkommenem Brauch anfertigt.
Die aus früheren Romanen Remes’ bekannte Kommissarin Johanna Vahtera wird in den Mordfall eingeschaltet und damit auch in die Verfolgung der kruden Schmuggel- und Bedrohungsmachenschaften, die sich zwischen russischen, finnischen und deutschen Verbrechern und Mitläufern entwickeln. Ein Ex-KGB- Mann, der – wie so Viele -unerkannt im neuen politischen System des wiedervereinigten Deutschland unterkam, soll der neue Bundeskanzler “unter” Rem Granow werden. Völlig abgedrehter Gedanke, der nur durch die Autorenlogik und –kraft Remes vorstellbar wird.
Weitere Handlungsstränge lassen den Plot ziemlich ausufern, erzeugen andererseits für neue Spannung. Aber sie machen die Handlung unübersichtlich und werfen zudem Fragen auf, die jedwege Zusammenhänge vermissen lassen. Lediglich als Character unterstreichende Beigabe sind sie zu akzeptieren.
“Blutglocke” ist dennoch wieder ein Thriller der besseren Klasse, wenngleich ein wenig von dem Gefühl getrübt, dass der Autor dieses Mal irgendwie zu viel hineinpacken wollte.