Wer heute an das 15. oder 16. Jahrhundert denkt, der denkt in erster Linie an die Epochen der Renaissance und des Barocks. Der Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit in Europa war aber nicht nur eine kulturelle Blütezeit sondern auch ein Kontinent im Dauerkriegszustand.
Der italienische Historiker
Lauro Martines untersucht in seinem neuen Buch „Blutiges Zeitalter“ die Schattenseiten dieser…mehrWer heute an das 15. oder 16. Jahrhundert denkt, der denkt in erster Linie an die Epochen der Renaissance und des Barocks. Der Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit in Europa war aber nicht nur eine kulturelle Blütezeit sondern auch ein Kontinent im Dauerkriegszustand.
Der italienische Historiker Lauro Martines untersucht in seinem neuen Buch „Blutiges Zeitalter“ die Schattenseiten dieser zweieinhalb Jahrhunderte. Ehe er in zehn ausführlichen Kapiteln die politischen, wirtschaftlichen und religiösen Hintergründe dieses „Kriegsmosaiks“ beleuchtet, stellt er kurz seine wichtigsten Thesen und Themen vor, mit denen er den Leser durch das Buch führt.
Der Autor bietet keine herkömmliche Geschichte der europäischen Kriege, im Mittelpunkt stehen weniger die Abläufe der zahlreichen kriegerischen Auseinandersetzungen oder die Entwicklung der Waffensysteme sondern die Zusammenhänge, um so ein Gesamtbild über eine Epoche zu präsentieren, wie man es bisher kaum gekannt hat. So geht er immer wieder auf gesellschaftliche Strukturen, wirtschaftliche und finanzielle Verflechtungen ein, durch welche die Staaten in der Lage waren, riesige Armeen auszuheben. Dabei belegt er alles mit historischen Fakten und Zahlen.
Den historischen Bogen spannt Martines von den Auseinandersetzungen zwischen den italienischen Republiken zu Beginn des 15. Jahrhunderts über die Hugenottenkriege, den Dreißigjährigen Krieg bis zum Nordischen Krieg um die Ostsee-Vorherrschaft. Immer wieder schickten Fürsten Armeen ins Feld, wozu sie Bargeld und Kredite brauchten, die sie von der eigenen Bevölkerung erpressten. Die 320 Seiten präsentieren sich so als eine neue Art der Militärgeschichtsschreibung, die sich eingehender mit den Menschen beschäftigt. So rücken in seine Blickfeld vorrangig verhungernde Armeen, Hungersnöte, Plünderungen, Misshandlungen und Verwüstungen - so lautet ein Kapitel „Die Hölle in den Dörfern“.
Darüber hinaus zieht Martines auch Parallelen zu den totalen und Glaubenskriegen des 20. und 21. Jahrhunderts. Die 16seitige Bibliografie zeigt, wie ausführliche diese hervorragende Darstellung recherchiert ist. Neben dieser akribisch beschriebenen Darstellung, in der der Autor auch zeitgenössische Dokumente und einige historische Abbildungen einfließen lässt, begeistert vor allem der spannende Erzählstil, der diese Lektüre auch für Nicht-Historiker zu einem Lesevergnügen macht.