Ein Roman wie ein Abenteuer. Ein Buch fürs Leben.
Eigentlich sollte Benjamin von seinem Vater abgeholt werden. Aber stattdessen steht der Dreizehnjährige mitten in der Nacht allein am Flughafen von Monrovia. Ohne Pass und Gepäck, aber mit einem fremden Mantel, in dessen Taschen dicke Geldbündel stecken. Auf dem Weg in die Stadt wird er von zwielichtigen Gestalten verfolgt und steht plötzlich vor dem gleichaltrigen Bo und der wohlstandsverwöhnten Brilliant. Haben sie ihn schon erwartet?
Rainer Merkel, dessen letzter Roman auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises stand, erzählt uns mit waghalsiger Leichtigkeit eine Reise durch die afrikanische Welt und das Erwachsenwerden, eine rasante Road-Novel in unsere unbekannte Gegenwart. Auf der Suche nach seinem Vater lernt Benjamin, wie man über sich hinaus wächst, und erlebt ein mitreißendes Abenteuer fürs Leben.
Eigentlich sollte Benjamin von seinem Vater abgeholt werden. Aber stattdessen steht der Dreizehnjährige mitten in der Nacht allein am Flughafen von Monrovia. Ohne Pass und Gepäck, aber mit einem fremden Mantel, in dessen Taschen dicke Geldbündel stecken. Auf dem Weg in die Stadt wird er von zwielichtigen Gestalten verfolgt und steht plötzlich vor dem gleichaltrigen Bo und der wohlstandsverwöhnten Brilliant. Haben sie ihn schon erwartet?
Rainer Merkel, dessen letzter Roman auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises stand, erzählt uns mit waghalsiger Leichtigkeit eine Reise durch die afrikanische Welt und das Erwachsenwerden, eine rasante Road-Novel in unsere unbekannte Gegenwart. Auf der Suche nach seinem Vater lernt Benjamin, wie man über sich hinaus wächst, und erlebt ein mitreißendes Abenteuer fürs Leben.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Schon als Kind hat Wassili Golowanow von einer Insel geträumt, von einem "sich in feierlicher Hoffnungs- und Hortlosigkeit" ausdehnenden Land, berichtet Karl-Markus Gauss. Die Insel Kolgujew ist definitiv ein solches Land, weiß der Rezensent nach der Lektüre von Golowanows Buch "Die Insel", das eine Art Mischung aus Essay, Reportage und wissenschaftlichem Bericht ist, durchdrungen von den Kindheitsfantasien des Autors, die ihn wie magisch an diesen Ort gezogen haben. Kolgujew liegt in einem Randmeer des Arktischen Ozeans, hat einen Durchmesser von etwa achtzig Kilometern und wird von gerade einmal fünfhundert Menschen bewohnt, erfährt Gauss vom Autor. Die Bewohner sind größtenteils Angehörige der Nenzen, eines indigenen Volkes im Nordosten Russlands, erklärt der Rezensent. Golowanow beschreibt, wie die Nenzen zuerst durch die Verwaltung der Sowjetunion von ihrer traditionellen Lebensweise abgebracht wurden und wie sie nach dem Zusammenbruch mit kaum mehr erinnerten Traditionen konfrontiert sind, während die Insel verwahrlost. Golowanow hält fest, wie eine kleine Gruppe "ihr Gedächtnis verliert", berichtet Gauss überwältigt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.04.2013Der Blick der anderen
Rainer Merkel liest im Literaturhaus Frankfurt
Seine Figuren befänden sich jetzt im Supermarkt "UN Drive", sagt Rainer Merkel, bevor er eine weitere Passage aus seinem neuen Roman "Bo" vorliest. Das Publikum im sehr gut besuchten Lesekabinett des Frankfurter Literaturhauses müsste gar nicht wissen, wie der Supermarkt heißt, um der Handlung des Buches folgen zu können. Merkel nennt den Namen des Geschäfts trotzdem. Er kennt ihn, denn der Supermarkt existiert nicht nur in seinem vor kurzem bei S. Fischer erschienenen Roman. Er liegt in Liberias Hauptstadt Monrovia, in der Merkel für die Hilfsorganisation "Cap Anamur" von 2008 an ein Jahr lang in einem psychiatrischen Krankenhaus gearbeitet hat.
"Diese Geschichten sind nicht aus der Luft gegriffen", sagt der 1964 geborene Autor im Gespräch mit Felicitas von Lovenberg, Leiterin der Literaturredaktion dieser Zeitung. Bei vielen seiner Figuren kann er genau sagen, wer ihre realen Vorbilder sind. Bo zum Beispiel, ein blinder, aber aufgeweckter Junge, den Merkel in Liberia kennengelernt hat und der ihm den Anstoß zu seinem Roman gegeben hat. "Ich dachte zuerst, ich begleite ihn durch die Stadt und schreibe auf, was er erlebt." Aber dann sei ihm bei dem Versuch, einzig und allein aus der Perspektive eines liberianischen Jungen zu erzählen, "die Luft ausgegangen".
Als zusätzliche Figur hat Merkel daher einen deutschen Jugendlichen mit in das Buch aufgenommen. Benjamin soll seinen Vater besuchen, der in Liberia für eine Nichtregierungsorganisation tätig ist, wird aber am Flughafen nicht abgeholt und bricht kurzerhand allein auf. Er trifft Bo, danach beginnt eine rasante Abenteuergeschichte im Stil eines Roadmovies, in der als dritte Hauptfigur eine reiche liberianische Rotzgöre namens Brilliant auftritt. Deren reales Vorbild entstamme zwar seinem Berliner Freundeskreis, sagt Merkel, in der Figur sei aber auch das arrogante Gehabe der Ameriko-Liberianer enthalten, jener Nachfahren freigelassener Sklaven aus den Vereinigten Staaten, die sich im Laufe der Geschichte des 1847 gegründeten Staats zur rücksichtslosen Herrscher-Elite aufschwangen. Ihr prominentestes Mitglied ist der ehemalige Präsident und Kriegsverbrecher Charles Taylor. Merkel hat die "skurrilen, sonnenbebrillten Typen" von Taylors Art in Liberia mehr als einmal getroffen.
Seine Erlebnisse sind der Nährboden für die Handlung des Romans, gleichzeitig erlaubt es ihm die literarische Verarbeitung, das Erlebte neu zu betrachten. Mit der Romanfigur Benjamin erkundet er das Krankenhaus, in dem er gearbeitet hat, und beschreibt es mit dem Befremden des unbedarften Jugendlichen. Merkel erzählt in der für Allwissenheitsposen geeigneten dritten Person, beschränkt den Verstehenshorizont aber jeweils auf eine seiner Figuren. Schriftstellerisch sei das eine Herausforderung für ihn gewesen, sagt Merkel. Er habe sich schon in einem früheren Buch am multiperspektivischen Erzählen versucht, sei damals aber gescheitert und habe das Manuskript nie veröffentlicht.
Gelungen ist es diesmal vermutlich auch, weil Merkel gleichzeitig an dem Sachbuch "Das Unglück der anderen" gearbeitet hat, das bei Fischer schon im vergangenen Herbst erschienen ist und Merkels Erfahrungen in Liberia aus seiner eigenen Sicht dokumentiert. Beide Bücher hätten wie "parasitäre Pflanzen" voneinander profitiert, sagt der Autor. Außerdem habe ihn das Sachbuch darin bestärkt, noch einmal "ganz anders" über Liberia zu schreiben - liebevoller und mit "starken afrikanischen Figuren". Bo, der im realen wie im fiktiven Leben so souverän auftritt, dass er Fremden seine Blindheit verheimlichen kann, ist eine von ihnen. Dass Merkel diese Figur nicht losgelassen hat, kann man gut verstehen.
CHRISTOPH BORGANS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Rainer Merkel liest im Literaturhaus Frankfurt
Seine Figuren befänden sich jetzt im Supermarkt "UN Drive", sagt Rainer Merkel, bevor er eine weitere Passage aus seinem neuen Roman "Bo" vorliest. Das Publikum im sehr gut besuchten Lesekabinett des Frankfurter Literaturhauses müsste gar nicht wissen, wie der Supermarkt heißt, um der Handlung des Buches folgen zu können. Merkel nennt den Namen des Geschäfts trotzdem. Er kennt ihn, denn der Supermarkt existiert nicht nur in seinem vor kurzem bei S. Fischer erschienenen Roman. Er liegt in Liberias Hauptstadt Monrovia, in der Merkel für die Hilfsorganisation "Cap Anamur" von 2008 an ein Jahr lang in einem psychiatrischen Krankenhaus gearbeitet hat.
"Diese Geschichten sind nicht aus der Luft gegriffen", sagt der 1964 geborene Autor im Gespräch mit Felicitas von Lovenberg, Leiterin der Literaturredaktion dieser Zeitung. Bei vielen seiner Figuren kann er genau sagen, wer ihre realen Vorbilder sind. Bo zum Beispiel, ein blinder, aber aufgeweckter Junge, den Merkel in Liberia kennengelernt hat und der ihm den Anstoß zu seinem Roman gegeben hat. "Ich dachte zuerst, ich begleite ihn durch die Stadt und schreibe auf, was er erlebt." Aber dann sei ihm bei dem Versuch, einzig und allein aus der Perspektive eines liberianischen Jungen zu erzählen, "die Luft ausgegangen".
Als zusätzliche Figur hat Merkel daher einen deutschen Jugendlichen mit in das Buch aufgenommen. Benjamin soll seinen Vater besuchen, der in Liberia für eine Nichtregierungsorganisation tätig ist, wird aber am Flughafen nicht abgeholt und bricht kurzerhand allein auf. Er trifft Bo, danach beginnt eine rasante Abenteuergeschichte im Stil eines Roadmovies, in der als dritte Hauptfigur eine reiche liberianische Rotzgöre namens Brilliant auftritt. Deren reales Vorbild entstamme zwar seinem Berliner Freundeskreis, sagt Merkel, in der Figur sei aber auch das arrogante Gehabe der Ameriko-Liberianer enthalten, jener Nachfahren freigelassener Sklaven aus den Vereinigten Staaten, die sich im Laufe der Geschichte des 1847 gegründeten Staats zur rücksichtslosen Herrscher-Elite aufschwangen. Ihr prominentestes Mitglied ist der ehemalige Präsident und Kriegsverbrecher Charles Taylor. Merkel hat die "skurrilen, sonnenbebrillten Typen" von Taylors Art in Liberia mehr als einmal getroffen.
Seine Erlebnisse sind der Nährboden für die Handlung des Romans, gleichzeitig erlaubt es ihm die literarische Verarbeitung, das Erlebte neu zu betrachten. Mit der Romanfigur Benjamin erkundet er das Krankenhaus, in dem er gearbeitet hat, und beschreibt es mit dem Befremden des unbedarften Jugendlichen. Merkel erzählt in der für Allwissenheitsposen geeigneten dritten Person, beschränkt den Verstehenshorizont aber jeweils auf eine seiner Figuren. Schriftstellerisch sei das eine Herausforderung für ihn gewesen, sagt Merkel. Er habe sich schon in einem früheren Buch am multiperspektivischen Erzählen versucht, sei damals aber gescheitert und habe das Manuskript nie veröffentlicht.
Gelungen ist es diesmal vermutlich auch, weil Merkel gleichzeitig an dem Sachbuch "Das Unglück der anderen" gearbeitet hat, das bei Fischer schon im vergangenen Herbst erschienen ist und Merkels Erfahrungen in Liberia aus seiner eigenen Sicht dokumentiert. Beide Bücher hätten wie "parasitäre Pflanzen" voneinander profitiert, sagt der Autor. Außerdem habe ihn das Sachbuch darin bestärkt, noch einmal "ganz anders" über Liberia zu schreiben - liebevoller und mit "starken afrikanischen Figuren". Bo, der im realen wie im fiktiven Leben so souverän auftritt, dass er Fremden seine Blindheit verheimlichen kann, ist eine von ihnen. Dass Merkel diese Figur nicht losgelassen hat, kann man gut verstehen.
CHRISTOPH BORGANS
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Rainer Merkels unaufdringliche und unsentimentale Großerzählung lässt durch genaue Beobachtung der Alltagswelt ein atmosphärisch dichtes Bild von Liberia erstehen. Sebastian Gilli Der Standard 20130330