Anfang der 60er Jahre in einer rheinischen Stadt: Eine Kleinfamilie lebt im permanenten Nahkampf. Der Vater, angeblich durch den Krieg an einer großen Boxerkarriere gehindert, wohnt als schlecht bezahlter Fabrikarbeiter mit Leni, einer attraktiven, eher selbstbewussten Frau zusammen, die sich nach einem besseren Leben sehnt, selber arbeiten möchte und damit ihren Mann zur Raserei bringt, die oft mit »Ausrutschern« endet. Der 15-jährige Sohn Matthes besucht ein Gymnasium, wird vom Vater als »Waschlappen« beschimpft, von autoritären Lehrern geplagt, entwickelt aber seine eigene, etwas schräge Welt. In diese familiäre Enge fällt ein Licht, als Lenis Bruder sie und ihren Sohn an den Bodensee einlädt, wo er mit einem Modeladen viel Geld verdient. Der Bodensee lässt die beiden am Wohlstand schnuppern: schönes Haus, am Wasser gelegen, Mercedes in der Garage, Spazierfahrten in die Schweiz, neueste Schlager aus dem Plattenspieler - und der Sohn erfährt am Bodenseeufer seine erste Liebe. All das verschärft nach ihrer Rückkehr die täglichen Konflikte bis hin zur befreienden Katastrophe.Dietmar Sous entfaltet in diesem schmalen Roman ein großes Panorama der Nachkriegs- und Wirtschaftswunderzeit mit all ihrer Verklemmtheit und Grausamkeit, gespickt mit kauzigen Charakteren, Querköpfen und skurrilen, oft unfreiwillig komischen Situationen - und das in lakonischer, pointenreicher und literarisch gekonnter Sprache.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Rezensent Frank Schäfer kann nach der Lektüre nicht glauben, dass Dietmar Sous' Roman nur 144 Seiten hatte. Viel mehr scheint ihm da erzählt worden zu sein - über die Rebellion eines Teenagers in den 60ern in kleinbürgerlicher Tristesse, zwischen Nazilehrern und prügelnden Vätern. Was reißt es raus? Die Liebe natürlich! Die Sehnsucht des Ich-Erzählers wird für Schäfer auf lakonische, wenngleich illuminierte Weise sichtbar. Als "zerdellter" Bildungsroman kommt der Text mit viel Optimismus, "organischer" Komik und lebensnahen Dialogen, staunt der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
"Böse Pechvogel-Geschichten in einem heiter-lakonischen Sound." Gisa Funk, Der Tagesspiegel