Das Christentum gilt als Schriftreligion. Doch an seinem Ursprung stehen nicht etwa Texte, sondern der nackte Leib. Menschwerdung, Geburt, Leben, Passion und Auferstehung Jesu - das sind die zentralen Heilsereignisse des Christentums. Jesus Christus ist der «Body that matters» schlechthin. Durch sein Fleisch vollzieht sich Erlösung und Heil. Das gläubige Aneignen seines Körpers erfolgte in der Geschichte des Christentums durch vielfältige Formen der Verkörperung, des embodiments: Da sind die individuellen Körper der Gläubigen, denen sich der Ursprungsleib auf und unter der Haut einprägt, da ist die Kirche selbst als überindividueller, sozialer Leib, geboren aus der Seitenwunde Jesu am Kreuz, die teilweise kühn als blutende Vulva dargestellt wurde.Elke Pahud de Mortanges' Spurensuche setzt Körper- und Bilderwelten christlicher Frömmigkeit mit moderner Bodyperformance-Kunst in Relation und fördert so eine überraschende Vielfalt von Verkörperungen des christlichen Heils zutage.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Für Rezensent Stefan Hunglinger bietet die Theologin Elke Pahud de Mortanges mit ihrem Buch viel mehr als Theologie, nämlich eine kulturwissenschaftlich interessierte, progressive "Spurensuche" auf den Fährten des Körpers im christlichen Glauben und ein Plädoyer für Queerness im Christentum. Der Körper als Gedächtnisort manifestiert sich für die Autorin laut Hunglinger in den christlichen Erinnerungskulturen der Levante ebenso wie in denen der Philippinen oder Mexikos. Wie die Autorin mit Aleida Assmann und Judith Butler im Gepäck Selbstverletzungspraktiken in der Mystik und Wundendarstellungen in Gebetsbüchern des Mittelalters untersucht und neu deutet, erscheint dem Rezensenten überzeugend. Auch ihre Ausflüge in die Gegenwartskunst findet Hunglinger erhellend.
© Perlentaucher Medien GmbH
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