Vier Jahre als Altenpflegerin im Haus eines schrulligen Paares in Tirana: Vordergründig ein wahrhaft wenig anziehendes Szena- rio! Nichts weniger als langweilig aber, wenn ein meisterhafter Autor wie Fatos Kongoli es einem Roman zugrunde legt, der zu seinen besten und erfolgreichsten zählt. Parashqevi, die junge und lesbische Protagonistin, erlebt hier eine Zeit, die geprägt ist von existenziellem Selbstzweifel, sexuellem Begeh- ren und Anteilnahme am Verfall des alten Ehepaars. Zugleich entblät- tert sich vor der Leserin/dem Leser Schicht um Schicht das traumatische Schicksal, das Parashqevi 1997 erlitt, dem Jahr, als Albanien in Chaos, Gewalt und Bürgerkrieg versank. Ein erstaunliches, ein in vielerlei Hinsicht außergewöhnliches Buch - nicht nur dadurch, dass es Tabus wie gleichgeschlechtliche Liebe und Masturbation anspricht, sondern auch durch seine präzise, beinahe spröde Sprache und die gekonnte Dramaturgie der Erzählung. Fatos Kongoli zeigt sich mit Bolero im Haus der zwei Alten als meis- terhafter Advokat nicht nur der Antihelden, sondern - erstmals in der al- banischen Literatur - auch einer Antiheldin, die gleich mehrere Stigmata trägt: Frau, Lesbe, Angehörige der dienenden Unterschicht. Dass er all dies ohne Sentimentalität und Larmoyanz schafft, zeugt von Kongolis Qualitäten als Autor - Qualitäten, die auch in Spartak Peçanis Verfil- mung des Buchs zur Geltung kommen und bedeutende Preise erhielten.
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