In Bollywood Dreams photographer Jonathan Torgovnik explores the leloved pastime of an Indian population of over one billion. As the largest film producer in the world with more than 800 films made each year, the Indian movie industry is a cultural phenomenon. Paying tribute to the stars, filmmakers, technicians and moviegoers who make this possible, Bollywood Dreams puts a human face on the fantastical spectacle-rich films that compel more than fourteen million people to the cinema each day in India. Torgovnik's lucid photo-essay is both a behind-the-scenes personal diary of the magic and contagious excitement of Indian film and a discerning look at the film industry's profound impact on Indian society. Singular in its conception, this book is unique in the way it documents India's spectacular movie culture against the backdrop of everyday life.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.10.2004Im indischen Ozean der großen Gefühle: Bollywood
Das indische Kino ist nicht sonderlich realistisch. Der Normalfall tritt in den Filmen aus Bollywood dann ein, wenn zweihundert Komparsen in einer Vollmondnacht in der Wüste hinter einem Liebespaar hertanzen, das sich am Horizont wieder aus den Augen verliert, weil die Eltern gegen die Hochzeit sind. Gewöhnlich geht das Mädchen dann nach New York zum Studium, das Wiedersehen findet unter der Brooklyn Bridge statt, und vierhundert Tänzer spielen Trauzeugen.
Großartige Spektakel voll hemmungsloser Wunscherfüllung entstehen in den indischen Filmstudios. Nicht erst, seit Salman Rushdie den Hollywood-Klassiker "Der Zauberer von Oz" als heimlichen Bollywood-Film entziffert hat, interessiert sich auch der Westen für diese exotischen Singspiele, die zwischen den Liebesschwüren auch viel über die komplizierte indische Gesellschaft verraten. Der Fotograf Jonathan Torgovnik dokumentiert seit Jahren die Traumfabriken auf dem Subkontinent: Neben Mumbai ist vor allem Chennai, das frühere Madras, ein Zentrum der Industrie, neben Bollywood gibt es noch ein Kollywood. Geschätzte 14 Millionen Menschen gehen in Indien täglich ins Kino. Vielerorts müssen sich die Frauen die Karte noch an einem separaten Schalter kaufen. In den Großstädten gibt es wunderbare Filmpaläste, in die Dörfer kommen die Wanderkinos. Ein Mitarbeiter des Amar Touring Cinema, der an einem Fluß seine Decke ausbreitet und die Filmrollen zurückspult, die er am Vorabend vorgeführt hat: Dies Foto zeigt, wie vertraut man in Indien mit dem Zelluloid umgeht.
Torgovnik ist nicht nur ein Mythologe des Bollywood-Kinos, sondern ebensosehr ein Soziologe. Er interessiert sich für das Leben vor und nach dem Film wie für die prächtigen Kostüme der Stars und den übergroßen Helm, den ein Kleindarsteller auch dann nicht absetzt, wenn er in einer Drehpause seinen Tee mit Milch trinkt. Torgovnik fängt aber auch die Konzentration der Schauspielerinnen ein, die sich vor einer großen "song and dance"-Nummer schnell die Lippen nachziehen. Und er versucht den Starkult anzudeuten, der in Indien gepflegt wird: Allgegenwärtig sind in den Straßen die riesigen, gemalten Plakate und "Cut-Outs", die auf die neuesten Sensationen hinweisen. Der kleine Junge, den Torgovnik entdeckt hat, als er sich zum riesigen Bild einer Schauspielerin emporstreckt, ist auch ein Stellvertreter des Fotografen. Er hat selbst eine kindliche Begeisterung für seinen Gegenstand, die seinen Blick aber nicht trübt.
Bollywood-Filme sind nicht unbedingt als praktische Reisevorbereitung für Indien zu gebrauchen, aber als ideale Einstimmung, sind sie doch genuiner Ausdruck einer Kultur, die niemals an ein Bilderverbot gedacht hat und deswegen einen ständig fließenden Übergang von den Göttern über die Göttergatten zu den Göttinnen schafft, die mit allem Pomp und Tanz unter die Haube müssen. Für indische Verhältnisse sind die Bollywood-Filme eben doch sehr realistisch. Jonathan Torgovniks Fotografien weisen das eindrucksvoll nach.
breb.
Jonathan Torgovniks "Bollywood Dreams - Fifty Postcards" (Phaidon Verlag, 17,95 Euro) vereint auf 50 quadratischen Hochglanz-Postkarten in einer hübschen Blechbox die besten Farbfotos des wunderschönen Bildbandes "Bollywood Dreams" (2003).
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Das indische Kino ist nicht sonderlich realistisch. Der Normalfall tritt in den Filmen aus Bollywood dann ein, wenn zweihundert Komparsen in einer Vollmondnacht in der Wüste hinter einem Liebespaar hertanzen, das sich am Horizont wieder aus den Augen verliert, weil die Eltern gegen die Hochzeit sind. Gewöhnlich geht das Mädchen dann nach New York zum Studium, das Wiedersehen findet unter der Brooklyn Bridge statt, und vierhundert Tänzer spielen Trauzeugen.
Großartige Spektakel voll hemmungsloser Wunscherfüllung entstehen in den indischen Filmstudios. Nicht erst, seit Salman Rushdie den Hollywood-Klassiker "Der Zauberer von Oz" als heimlichen Bollywood-Film entziffert hat, interessiert sich auch der Westen für diese exotischen Singspiele, die zwischen den Liebesschwüren auch viel über die komplizierte indische Gesellschaft verraten. Der Fotograf Jonathan Torgovnik dokumentiert seit Jahren die Traumfabriken auf dem Subkontinent: Neben Mumbai ist vor allem Chennai, das frühere Madras, ein Zentrum der Industrie, neben Bollywood gibt es noch ein Kollywood. Geschätzte 14 Millionen Menschen gehen in Indien täglich ins Kino. Vielerorts müssen sich die Frauen die Karte noch an einem separaten Schalter kaufen. In den Großstädten gibt es wunderbare Filmpaläste, in die Dörfer kommen die Wanderkinos. Ein Mitarbeiter des Amar Touring Cinema, der an einem Fluß seine Decke ausbreitet und die Filmrollen zurückspult, die er am Vorabend vorgeführt hat: Dies Foto zeigt, wie vertraut man in Indien mit dem Zelluloid umgeht.
Torgovnik ist nicht nur ein Mythologe des Bollywood-Kinos, sondern ebensosehr ein Soziologe. Er interessiert sich für das Leben vor und nach dem Film wie für die prächtigen Kostüme der Stars und den übergroßen Helm, den ein Kleindarsteller auch dann nicht absetzt, wenn er in einer Drehpause seinen Tee mit Milch trinkt. Torgovnik fängt aber auch die Konzentration der Schauspielerinnen ein, die sich vor einer großen "song and dance"-Nummer schnell die Lippen nachziehen. Und er versucht den Starkult anzudeuten, der in Indien gepflegt wird: Allgegenwärtig sind in den Straßen die riesigen, gemalten Plakate und "Cut-Outs", die auf die neuesten Sensationen hinweisen. Der kleine Junge, den Torgovnik entdeckt hat, als er sich zum riesigen Bild einer Schauspielerin emporstreckt, ist auch ein Stellvertreter des Fotografen. Er hat selbst eine kindliche Begeisterung für seinen Gegenstand, die seinen Blick aber nicht trübt.
Bollywood-Filme sind nicht unbedingt als praktische Reisevorbereitung für Indien zu gebrauchen, aber als ideale Einstimmung, sind sie doch genuiner Ausdruck einer Kultur, die niemals an ein Bilderverbot gedacht hat und deswegen einen ständig fließenden Übergang von den Göttern über die Göttergatten zu den Göttinnen schafft, die mit allem Pomp und Tanz unter die Haube müssen. Für indische Verhältnisse sind die Bollywood-Filme eben doch sehr realistisch. Jonathan Torgovniks Fotografien weisen das eindrucksvoll nach.
breb.
Jonathan Torgovniks "Bollywood Dreams - Fifty Postcards" (Phaidon Verlag, 17,95 Euro) vereint auf 50 quadratischen Hochglanz-Postkarten in einer hübschen Blechbox die besten Farbfotos des wunderschönen Bildbandes "Bollywood Dreams" (2003).
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