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Der Garten des Fürsten Orsini hat alles: Abenteuer, Geheimnisse, Monster, Fabelwesen, wunderschöne Göttinnen, halb oder ganz nackt, an zauberhaften und unheimlichen Orten. Ein erlesen verführerisches Sammelsurium aus antiker Weisheit und verbotenen zeitgenössischen Quellen. Seinerzeit war der Garten, "der nur sich selbst und nichts anderem gleicht", als Aufstand gegen das Establishment berüchtigt, und noch heute sind Vicinos geistvolle Zoten dazu angetan, den Einzelnen zur Besinnung zu bringen und von der Tyrannei der Political Correctness zu befreien.
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Produktbeschreibung
Der Garten des Fürsten Orsini hat alles: Abenteuer, Geheimnisse, Monster, Fabelwesen, wunderschöne Göttinnen, halb oder ganz nackt, an zauberhaften und unheimlichen Orten. Ein erlesen verführerisches Sammelsurium aus antiker Weisheit und verbotenen zeitgenössischen Quellen. Seinerzeit war der Garten, "der nur sich selbst und nichts anderem gleicht", als Aufstand gegen das Establishment berüchtigt, und noch heute sind Vicinos geistvolle Zoten dazu angetan, den Einzelnen zur Besinnung zu bringen und von der Tyrannei der Political Correctness zu befreien.

Das Buch ist Resultat einer langjährigen Forschung: es enthält unveröffentlichtes Material, aktuelle Fotos, neue Übersetzungen der Briefe des Fürsten Orsini und bietet neue Erkenntnisse durch Zugang zu allen Regionen des Heiligen Waldes.
Autorenporträt
Renate Vergeiner. Kunsthistorikerin u. Romanistin, Schwerpunkte Kunst, Manierismus, Gartenkunst, ital. Literatur des Mittelalters
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.07.2017

Ein Avantgardist auf dem Kriegspfad

Was eigentlich sollen die Fabelwesen im berühmten Park von Bomarzo bedeuten? Die Kunsthistorikerin Renate Vergeiner gibt eine neue Deutung.

Der heilige Wald von Bomarzo liegt an den nördlichen Ausläufern der Monti Cimini unweit von Viterbo, unterhalb des gleichnamigen Bergdorfes. Hier, in Sichtweite seines Palazzo, legte Fürst Vicino Orsini (1523 bis 1583) ab der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts einen Park an, dessen steinerne Fabelwesen berühmt geworden sind - als Phantasmen einer in paganen Mythen beheimateten Vorstellungswelt. Auch in diesem Sommer werden Touristen sich von den surreal wirkenden Motiven wieder in Staunen versetzen, vielleicht auch Künstler sich inspirieren lassen; Niki de Saint Phalles Tarotgarten, der nicht weit entfernt liegt, ist ein moderner Abkömmling Bomarzos.

Vor allem Kunsthistoriker fühlen sich angesichts der Rätselhaftigkeit der Anlage auf den Plan gerufen. Das unsystematisch wirkende Arrangement der Kolossalfiguren und irritierenden Parkarchitekturen ruft Fragen nach mythologischen Bezügen und literarischen Vorlagen auf: Was bedeutet der Elefant, der eine Burg auf seinem Rücken trägt, was der Kampf des Drachen mit den beiden Löwen, was die Grotte, deren als offenes Maul gestalteter Eingang Höllenbilder evoziert, was die Sphingen, die Schildkröte oder die auf moosbewachsenem Fels schlafenden Götterfiguren, die sich eindeutiger Identifizierung entziehen? Was schließlich die vielen Inschriften, die in ihrer Rätselhaftigkeit an delphische Orakel erinnern?

Kein Zweifel, der Manierismus der Epoche in seiner sinnlichen Expressivität wie seiner Lust am Rätsel, wird hier deutlich. Und man liegt nicht falsch, wenn man dem Schöpfer dieser Welt unterstellt, er habe den Park auch als Aufgabe für die gelehrte Nachwelt angelegt. In einem Brief an Kardinal Alessandro Farnese sprach Orsini von den zahlreichen Dummköpfen ("molti balordi"), die seinen Park besuchten und ihn doch nie verstehen würden. Was könnte den Elan der Forscher stärker beflügeln?

Zu ihnen gehörte der Kunsthistoriker Horst Bredekamp, der Mitte der achtziger Jahre in einer grundlegenden Studie erstmals die Briefe des Fürsten auswertete. Der Park wurde erkennbar als eine aus den Frustrationen an der politischen Welt erwachsene Gegenwelt - als Schlüsselerlebnis galt das Massaker päpstlicher Truppen in Montefortino 1557, dessen Zeuge Orsini geworden war -, vom Fürsten entworfen in der Abgeschiedenheit seiner Heimat und inszeniert als gegen die Kirche gerichtete Feier des epikureischen Lebens in mythischen Allegorien.

So erhellend das war, viele Details blieben offen, manches, wie die Bezüge zu außereuropäischen Kulturen, erschien vage. Nun liegt rund dreißig Jahre später eine weitere umfangreiche Deutung vor, verfasst von der Wiener Kunsthistorikerin Renate Vergeiner. Auch dieses Buch entwickelt seine Thesen aus der Biographie des Fürsten, unternimmt es aber vor allem, aus ihr tatsächlich das gesamte Figurenensemble des Parks als ein kohärentes Programm aufzuschlüsseln, indem sie es als komplizierten seelischen Läuterungsweg interpretiert.

So wird das Buch in Form einer schrittweisen Erkundung des Parks zu einem Führer, dessen Thesen aufgrund der sorgfältigen und konsequenten Text-Bild-Gegenüberstellungen vielfach nachvollziehbar werden. Inhaltlich kulminiert das Buch in einer Deutung der Person des Fürsten als Alchemisten, dessen antichristliche "Erlösungsstrategie" etruskischem Gedankengut folgt und verschiedene neuplatonischer Schriften einbezieht, um das Leben selbst noch im Tod zu feiern.

Der Park von Bomarzo ist in der Lesart Renate Vergeiners ein mit Steinen illustrierter Initiationsroman. Die Autorin führt dazu die Parkinschriften auf ihre literarischen Quellen zurück. Das Motto "Lasciate ogni pensiero" (Lasst alle Besonnenheit fahren) über dem aufgesperrten Rachen der Grotte ist leicht als Verkehrung einer Stelle aus Dantes "Göttlicher Komödie" ("Lasciate ogni speranza") zu erkennen. Der Höllenschlund wird so zu einem notwendigen Schritt auf dem Erlösungsweg, der Ort des heiligen Wäldchens zu einem neuen goldenen, etruskischen Zeitalter und der Fürst zum lebenshungrigen Intellektuellen auf dem Kriegspfad: Der Kriegselefant, der mit einem kleinen Bären, dem Motto des Fürsten, versehen ist, liest sich jetzt in Erinnerung an Hannibal als Attacke gegen das päpstliche Rom, die wie ehedem aus dem etruskischen Norden erfolgt.

Die Lektüre führt zu zahlreichen aufschlussreichen Einsichten in das Programm der Anlage. Das Verfahren, mit einer sukzessiven, bildlich untermauerten Exegese Plausibilität herzustellen, hat jedoch auch Nachteile: Die Interpretation aller Details als Beleg der einen Grundthese führt zwangsweise zu Redundanzen; die Vielfalt der literarischen Quellen - sei es der Liebesroman "Hypnerotomachia Poliphili" (1499), die Schriften Giordano Brunos, die unter dem Titel "Hermes Trismegistos" erschienenen hermetischen Schriften oder auch Ariosts "Orlando furioso" - die Kombination also einer Idee von Minnedienst, epikureischem Gedankengut, Neuplatonismus und etruskischen Jenseitsvorstellungen, lässt eine separate Erörterungen der verwendeten Philosopheme mehr als einmal wünschenswert erscheinen.

Auch stellt sich die Frage, ob eine Interpretation des Parks als Inszenierung eines moralischen Läuterungsweges, der Sinnlichkeit und Geistigkeit verknüpft, nicht vielleicht doch ein allzu modernes Verständnis individueller Selbstfindung ins Spiel bringt. Freilich waren Apotheosen des Bauherrn in verschiedenster Form damals wie später Standard. Wenn aber jenseits eines gelehrten Spiels mit Motiven, mit dem eine belesene Gruppe von Adeligen sich damals unterhielt, ein Lebensideal erlebbar zu machen die zentrale Absicht des Parks war, dann wäre zu fragen, um welche Vorstellung von ästhetischer Wirkung es hier ging.

Die Bedeutung des schiefen Hauses von Bomarzo, das interpretiert wird als ein durch die körperliche Irritationserfahrung erfolgter "Erkenntnisgewinn" jenseits der Vernunft, wirft die Frage nach der Wirkungsästhetik der Epoche auf. Aber vielleicht ist, was der melancholische Fürst in Bomarzo versucht hat, tatsächlich avantgardistischer, als man vermuten würde.

FRANK MAIER-SOLGK

Renate Vergeiner:

"Bomarzo". Ein Garten

gegen Gott und die Welt.

Birkhäuser Verlag, Berlin 2017. 352 S., Abb., geb., 49,95 [Euro].

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... . Nach der Lektüre von Renate Vergeiners opulenter Studie über den "Monstrenpark von Bomarzo" verspürt man den Wunsch, unmittelbar nach Bomarzo aufzubrechen, sich in Begleitung ihres Cicerone von den grotesken Gestalten bezaubern zu lassen und in die Traumlandschaften des italienischen Fürsten einzutauchen.

Nikolaus Halmer, Ö1-Wissenschaft