Dieses Buch ist wie ein Triptychon angelegt. Der Münchner Fotograf und Filmemacher Henning Stegmüller taucht, begleitet von seinen beiden indischen Freunden, den Dichtern Dilip Chitre und Namdeo Dhasal, in die Geheimnisse des "geliebten Molochs" Bombay ein und findet auf seiner Reise von den Plätzen der Reichen bis in die Unterwelt großartige Bilder hinter der spiegelnden Oberfläche dieser Megastadt. Seine ausdrucksstarken Schwarzweißbilder und die Texte der indischen Freunde, die jeweils ihr Bombay aufzeigen, lassen ein umfassendes Panorama dieser Stadt enststehen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.02.1999Bilder aus Bombay
Bombay ist die nackte Bühne des Schicksals. Hier tobt es sich ungeniert aus, zeigt seine Fratze und seine Güte, jongliert auf engstem Raum mit Glück und Verderben, Leben und Tod, hier macht es die Menschen zu Göttern oder zu Tieren. Es gibt keine Instanz, die die Extreme mildert, die Gegensätze ordnet oder die Gewalttätigkeit bremst. Deswegen ist Bombay wie kein zweiter Ort elementar, bestialisch, überwältigend. Die Schriftsteller Dilip Chitre und Namdeo Dhasal haben die Abgründe der Stadt am eigenen Leib erlebt und sie in düsteren Gedichten beschrieben, die das Katalogbuch zu der außergewöhnlichen Ausstellung "Bombay/Mumbai - Bilder einer Mega-Stadt" einleiten. Es sind metaphernschwere, stumme Schreie der Wehrlosigkeit, Empörung und Verzweiflung über die unbeantwortet gebliebene Liebe zu diesem Moloch. "Einst versprach ich dir ein Epos / Und jetzt wo du mich beraubt hast / Du mich zu Schutt zermahlen hast / Endet dieses Konzert", heißt es bei Chitre in seiner "Ode an Bombay". Der Fotograf Henning Stegmüller zeigt in seinen Schwarzweißaufnahmen die vielen, widerstreitenden Gesichter der Stadt. Es sind Bilder zugleich von großartiger Intimität und Zurückhaltung, keine Anklagen gegen die Privilegierten, keine ästhetischen Spielereien angesichts der Elendsten, die wie Ungeziefer auf den Straßen hausen müssen. Aber sie besitzen sie eine Intensität, die die Betrachter erschaudern läßt: Etwa wenn die Fischverkäuferin, der Hemdenhändler oder die Tagelöhner in ihrem Überlebenskampf für einen Moment innehalten, in die Kamera schauen und wir nun wiederum vor den Bildern unvermittelt in den Gesichtern ihre Tragödien und Hoffnungen lesen können. - Unsere Abbildung zeigt eine Koli-Fischhändlerin mit ihrer Auslage in Andheri West.
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Bis 21. März. Galerie Lattemann, 64367 Mühltal-Trautheim. Das Buch "Bombay/Mumbai - Bilder einer Mega-Stadt" ist im A 1 Verlag, München, erschienen. 157 Seiten, 90 Schwarzweißaufnahmen, gebunden, 68 Mark. ISBN 3-927743-26-7.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Bombay ist die nackte Bühne des Schicksals. Hier tobt es sich ungeniert aus, zeigt seine Fratze und seine Güte, jongliert auf engstem Raum mit Glück und Verderben, Leben und Tod, hier macht es die Menschen zu Göttern oder zu Tieren. Es gibt keine Instanz, die die Extreme mildert, die Gegensätze ordnet oder die Gewalttätigkeit bremst. Deswegen ist Bombay wie kein zweiter Ort elementar, bestialisch, überwältigend. Die Schriftsteller Dilip Chitre und Namdeo Dhasal haben die Abgründe der Stadt am eigenen Leib erlebt und sie in düsteren Gedichten beschrieben, die das Katalogbuch zu der außergewöhnlichen Ausstellung "Bombay/Mumbai - Bilder einer Mega-Stadt" einleiten. Es sind metaphernschwere, stumme Schreie der Wehrlosigkeit, Empörung und Verzweiflung über die unbeantwortet gebliebene Liebe zu diesem Moloch. "Einst versprach ich dir ein Epos / Und jetzt wo du mich beraubt hast / Du mich zu Schutt zermahlen hast / Endet dieses Konzert", heißt es bei Chitre in seiner "Ode an Bombay". Der Fotograf Henning Stegmüller zeigt in seinen Schwarzweißaufnahmen die vielen, widerstreitenden Gesichter der Stadt. Es sind Bilder zugleich von großartiger Intimität und Zurückhaltung, keine Anklagen gegen die Privilegierten, keine ästhetischen Spielereien angesichts der Elendsten, die wie Ungeziefer auf den Straßen hausen müssen. Aber sie besitzen sie eine Intensität, die die Betrachter erschaudern läßt: Etwa wenn die Fischverkäuferin, der Hemdenhändler oder die Tagelöhner in ihrem Überlebenskampf für einen Moment innehalten, in die Kamera schauen und wir nun wiederum vor den Bildern unvermittelt in den Gesichtern ihre Tragödien und Hoffnungen lesen können. - Unsere Abbildung zeigt eine Koli-Fischhändlerin mit ihrer Auslage in Andheri West.
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Bis 21. März. Galerie Lattemann, 64367 Mühltal-Trautheim. Das Buch "Bombay/Mumbai - Bilder einer Mega-Stadt" ist im A 1 Verlag, München, erschienen. 157 Seiten, 90 Schwarzweißaufnahmen, gebunden, 68 Mark. ISBN 3-927743-26-7.
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