*** Dieses Buch wurde mir kostenfrei vom Verlag zur Verfügung gestellt. ***
„Bones“ von Diana Michener ist ein ungewöhnlicher Fotoband, der dem Betrachter einiges abfordert. Wie der Titel andeutet, sind die Motive Knochen. Von Menschen und Tieren, teilweise abnorm verwachsen, eigentlich als
Lehrpräparate gedacht. Besteht da nicht die Gefahr des Voyeurismus? Vielleicht sogar der…mehr*** Dieses Buch wurde mir kostenfrei vom Verlag zur Verfügung gestellt. ***
„Bones“ von Diana Michener ist ein ungewöhnlicher Fotoband, der dem Betrachter einiges abfordert. Wie der Titel andeutet, sind die Motive Knochen. Von Menschen und Tieren, teilweise abnorm verwachsen, eigentlich als Lehrpräparate gedacht. Besteht da nicht die Gefahr des Voyeurismus? Vielleicht sogar der Pietätlosigkeit?
Nichts läge Diana Michener ferner. Für sie sind Knochen eigentliche Symbole für den Übergang zwischen Leben und Unbelebtem. Sie fasziniert das Spiel von Licht und Schatten, wie es schon der von ihr hoch verehrte Ansel Adams in seinen Naturfotografien in Perfektion beherrschte; der gleiche Ansel Adams übrigens, der einmal das Prinzip der Kunst so formulierte: Es ist die Vereinigung von Gegensätzen, die Koexistenz von Harmonie und Missklang, von Schönheit und Hässlichkeit. Kunst muss nicht schön sein, aber sie muss berühren.
Diana Micheners Bildsprache löst diesen Widerspruch auf und ohne dass die Motive im eigentlichen Sinn verfremdet würden, stellen sie doch nicht mehr die reine Realität dar. Die im nuancenreichen Triplexdruck wiedergegebenen, analogen Paladiumabzüge wirken jeder für sich auf einer Doppelseite, wie an der weißen Wand einer Galerie. Das schwere, leicht strukturierte Papier mit feiner Tönung unterstützt den mysteriösen Eindruck der scheinbar ohne künstliche Lichtquellen inszenierten Knochen. Nichts lenkt vom eigentlichen Bild ab. Es gibt keine Legende, keine Erklärung, nicht einmal einen Anhang. Bernard Blistène bemerkt in seinem Nachwort völlig zu Recht, dass man als Außenstehender nicht der Versuchung nachgeben sollte, zu viel zu erklären, denn das zerstöre möglicherweise die Aura eines Bildes und begrenzt in jedem Fall die individuelle Vorstellungskraft.
Nein, morbide sind Diana Micheners Fotos genauso wenig, wie sie voyeuristisch den Tod inszenieren. Was sie jedoch genau sind, entscheidet sich im Auge jeden Betrachters auf jeder Seite aufs Neue.
Einen Hinweis muss ich noch anschließen: Die Materialien für dieses Buch sind mit großer Liebe zum Detail und Kennerschaft ausgewählt und die handwerkliche Verarbeitung ist absolut makellos. Es wäre eine Schande, wenn beim Transport z. B. Ecken bestoßen würden, was mir als bibliophilem Menschen immer physisch weh tut. Gerade die Bücher von Steidl bestelle ich daher seit Jahren direkt beim Verlag, denn niemand verpackt so sorgfältig Bücher wie derjenige, der seine Bücher auch liebt. Muss ich noch mehr sagen?