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Luchino Visconti, Paul Bowles, Romy Schneider - all diese Berühmtheiten gekannt zu haben war das Privileg des Münchener Photographen Roger Fritz (22.9.1936, Mannheim - 26.11.2021, München). Dabei hat der Ausnahme-Bildreporter, der auch Schauspieler, Regisseur, Gastronom, kurz: ein niemals ruhender Lebenskünstler war und sich das Photographieren selbst beigebracht hatte, die Stars nicht einfach nur getroffen. Vielmehr näherte er sich den Schönen, Mächtigen, Reichen und Berühmten so selbstverständlich auf Augenhöhe, dass aus den Begegnungen über sieben Jahrzehnte hinweg kluge, empathische und…mehr

Produktbeschreibung
Luchino Visconti, Paul Bowles, Romy Schneider - all diese Berühmtheiten gekannt zu haben war das Privileg des Münchener Photographen Roger Fritz (22.9.1936, Mannheim - 26.11.2021, München). Dabei hat der Ausnahme-Bildreporter, der auch Schauspieler, Regisseur, Gastronom, kurz: ein niemals ruhender Lebenskünstler war und sich das Photographieren selbst beigebracht hatte, die Stars nicht einfach nur getroffen. Vielmehr näherte er sich den Schönen, Mächtigen, Reichen und Berühmten so selbstverständlich auf Augenhöhe, dass aus den Begegnungen über sieben Jahrzehnte hinweg kluge, empathische und sehr persönliche Portraits hervorgegangen sind. Sein photographisches Lebenswerk in einem Band zusammenzufassen, in dem er zu jeder der abgebildeten Figuren eine selbst erlebte Geschichte beisteuerte, war Roger Fritz' Projekt des vergangenen Frühjahrs und Sommers. Herausgekommen ist ein einmalig reichhaltiger Text/Bild-Band, der nicht nur vom sensiblen und unpolemischen Blick auf die Portraitierten lebt, sondern auch den Menschen Roger Fritz in seiner schillernden Vielseitigkeit zwischen Society-Leben und ästhetischem Anspruch, Weltläufigkeit und Geerdet-Sein in München spiegelt. Das Buch, das sich Roger Fritz selbst zum Geschenk aus Anlass seines 85. Geburtstags machen wollte, wurde durch seinen Tod Ende November 2021 nun zu seinem künstlerischen Vermächtnis. Es soll am 14. Januar erscheinen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Christian Mayer empfiehlt den Bild- und Textband mit Fotos und Anekdoten des Filmemachers und Promifotografen Roger Fritz, der es nicht nur geschafft hat, die wilden 70er zu überleben, sondern sie laut Mayer auch noch auf unnachahmlich beiläufige Weise festzuhalten. Ob mit Hardy Krüger im Zoo, mit Helmut Berger in Schwabing oder mit Dolly Dollar am Strand von Rio - Fritz macht eine gute Figur und drückt im entscheidenen Moment auf den Auslöser, staunt Mayer. Die Porträts erzählen dem Rezensenten ohne grelle Effekte vom Glam in der alten BRD. Nur die abgedruckten Lebensdaten der Promis stimmen nicht immer, schränkt Mayer seine Begeisterung ein.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.04.2022

Die Chronik der Neugierde

Er fotografierte im Auftrag des Publikums, nicht der Prominenten: Ein Band versammelt Bilder von Roger Fritz, die sein Gespür für den Moment dokumentieren.

Roger Fritz kannte fast jeden - und umso bedauerlicher ist es, dass ihn heute fast keiner mehr kennt, außerhalb Münchens jedenfalls, außerhalb jener Kreise, in denen man sich noch daran erinnern kann, wie heftig einst gefeiert wurde, in Schwabing, in Rom oder an der Riviera. Als Roger Fritz im vergangenen Herbst starb, gab es kaum große Nachrufe. Was nicht etwa daran lag, dass er nicht genügend Talent gehabt hätte für eine solche Würdigung. Es lag eher daran, dass Roger Fritz als Fotograf, als Schauspieler und als Film- und Fernsehregisseur über zu viele Talente verfügt hatte. Nur ein Talent hat ihm anscheinend gefehlt, das Talent, unglücklich zu sein mit sich selbst. Und in einem künstlerischen Werk all das zur Vollendung zu treiben, was im Leben nicht gelang.

Nein, Roger Fritz hat anscheinend immer gut gelebt: als er in Filmen von Visconti, Peckinpah oder Fassbinder die mittelgroßen Rollen spielte, die für so gut aussehende Männer wie ihn vorgesehen waren. Als er, passenderweise mit seiner Frau Helga Anders in den Hauptrollen, die Filme "Mädchen, Mädchen" und "Mädchen mit Gewalt" inszenierte; Filme, die Stil, Eigensinn und Geistesgegenwart hatten, die Preise gewannen und denen er doch wenig folgen ließ.

Vielleicht war es aber das viel bessere Leben, wenn er, der einst das legendäre Magazin "Twen" mitgegründet hatte, dann durch die Welt reiste für Münchner und Hamburger Illustrierte und die Menschen und die Schauplätze fotografierte, für die das Publikum oder die Redakteure sich gerade interessierten. Kurz vor seinem Tod hat Fritz eine Auswahl dieser Fotos kompiliert - für ein Buch, das er "Boulevard der Eitelkeiten" genannt hat. Der Titel ist gut, trifft den Kern der Sache aber nicht - schon weil der Blick in die andere Richtung geht. Was Fritz da zeigt, sind viel weniger die Selbstinszenierungen der Porträtierten; es ist eher eine Chronik der Neugierde, ein Protokoll der Aufmerksamkeit. Fritz fotografierte im Auftrag des Publikums, nicht der Prominenten.

Er fotografierte Romy Schneider und Franz Josef Strauß, Luchino Visconti und Dolly Dollar, Markus Söder, Hans Werner Henze und Lisa Lyon. Die üblichen Hierarchisierungen von Hoch- und Populärkultur, Politik, Boheme, Fernsehprominenz sind aufgehoben. Was nicht etwa Indifferenz zur Folge hat, sondern, ganz im Gegenteil, oft unverhoffte neue Perspektiven. Franz Josef Strauß zum Beispiel, bei den Salzburger Festspielen, im weißen Dinnerjacket und mit Ray-Ban-Sonnenbrille, daneben seine Leibwächter in dunklen Anzügen: Man glaubt die Größe zu sehen und die Gefahr, die von diesem Mann ausgeht. Und man traut ihm zu, dass er auch in einer teuren Verfilmung seines Lebens die Hauptrolle einfach selbst übernehmen könnte.

Beim Ball der Sports, 1990 in Mainz, hat Fritz den Kanzler und den Verteidigungsminister fotografiert, Helmut Kohl und Manfred Wörner. Beide tragen Smoking, und Helmut Kohl hat seine Finger an Wörners eigenwillig gemusterter Fliege, so als ob er überprüfen müsse, ob Wörner sie auch selbst gebunden hat. In diesem Bild ist, besser als auf jedem Bundestags- oder Staatsbesuchsfoto, zu erkennen, wie Kohl seine Macht inszenierte: körperlich übergriffig, indezent, vulgär.

Die Annahme, Politik sei das Showbusiness der hässlicheren Menschen, können Roger Fritz' Fotos trotzdem nicht bestätigen, was schon daran liegt, dass es sein Geschäftsmodell war, noch in den alltäglichsten Zusammenhängen die große Show zu sehen. Studioarbeit war die Ausnahme; man schickte ihn irgendwohin, und er schaute, was er mit dem, was er vorfand, anfangen konnte. Mit Barbara Schöne, die er auf Tournee durch die Provinz besuchte, ging er über eine Wiese, mit Luchino Visconti an den Strand von Ostia, Udo Jürgens musste sich in die Badewanne setzen. Glamour ist hier nicht ein Effekt starker Lampen, raffinierter Lippenstifte, teurer Kleider. Glamour scheint auf, wenn ein Fotograf einen Sinn hat für den Moment, in dem die Menschen zu leuchten beginnen: Johannes Paul II., 1980 in Tschenstochau, weiß gekleidet, mit braunen Pumps, umgeben von Kardinälen in Purpur und Schwarz, hebt segnend die Hände und bannt das Gespenst des Sozialismus.

Er sei, naturgemäß, rückwärts gegangen bei dieser Aufnahme, erzählt Fritz, ein Polizist habe ihn weggezerrt, er sei gestolpert, wobei Kamera und Kopf des Polizisten zusammengeprallt seien, man habe ihn trotzdem nicht verhaftet. Solche Geschichten erzählt Roger Fritz, als Bildlegenden gewissermaßen - und weil er kein Schriftsteller ist, liest sich das meistens so, als habe er es einfach seinem Diktiergerät erzählt: mündlich, direkt, ohne literarische Prätention, was kein Nachteil ist.

Einmal, so ist da zu lesen, saß er mit seiner Freundin und einem Freund in einer Bar in der Münchner Innenstadt. Dann kamen Leibwächter herein, dann der Ministerpräsident und eine weibliche Begleitung. Und dann gab es plötzlich Streit darüber, ob Strauß der Frau in Fritz' Begleitung zu nahe gekommen sei oder nicht. Die Leibwächter griffen ein, der Freund und Fritz wehrten sich, wenig später war der Laden voll von Polizisten, und es wäre fast eine Staatsaffäre daraus geworden. Nur dass am Ende niemand Anzeige erstattete. Fotos von diesen Szenen gibt es leider nicht. Einmal fotografierte Fritz für die "Quick" eine Serie über "die Liebe am Gardasee", schwarz-weiße Fotos von Paaren in Badekleidung. Jahre später sah er, dass Gerhard Richter eines dieser Fotos als Vorlage für sein Gemälde "Zwei Liebespaare" genommen hatte. Fritz fühlte sich geehrt und bestand trotzdem auf seinem Urheberrecht, gab allerdings auf, als die Anwaltskosten immer höher stiegen. Dabei, so erzählt er, wollte er gar nicht unbedingt Geld; eine kleine Zeichnung hätte es auch getan. Im Buch kann man das Foto und das Gemälde auf einer Seite sehen. Und man fragt sich, ob nicht das Foto besser gelungen sei. CLAUDIUS SEIDL

Roger Fritz: "Boulevard der Eitelkeiten". Fotografien und Erinnerungen.

Schirmer/Mosel Verlag, München 2022. 320 S., Abb., geb., 34,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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