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In diesem Roman wird die Geschichte der Familie de Melo über fünf Generationen in Brasilien und Europa erzählt. Nach dem Tod seines Vaters zieht Heitor de Melo in den Süden Brasiliens und erwirbt dort eine Zuckerplantage. Zusammen mit seiner großen Liebe Jennifer Manuela legt er hier den Grundstein für den späteren Familienbesitz. Es beginnt eine lange Familiengeschichte, gezeichnet von Leidenschaft, Hoffnungen und Träumen in den Wirren der Zeiten.

Produktbeschreibung
In diesem Roman wird die Geschichte der Familie de Melo über fünf Generationen in Brasilien und Europa erzählt. Nach dem Tod seines Vaters zieht Heitor de Melo in den Süden Brasiliens und erwirbt dort eine Zuckerplantage. Zusammen mit seiner großen Liebe Jennifer Manuela legt er hier den Grundstein für den späteren Familienbesitz. Es beginnt eine lange Familiengeschichte, gezeichnet von Leidenschaft, Hoffnungen und Träumen in den Wirren der Zeiten.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.01.2000

Sei ein Mann!
Thomas Manns Enkel Frido
schriftstellert weiter
An ihren Worten sollt Ihr sie erkennen: Der Apostel Paulus machte den Unterschied zwischen einem Kind und einem Mann nicht nur an der Tiefe der Stimme, sondern auch an der Sprache fest. In seinem Hohenlied der Liebe heißt es: „Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, legte ich ab, was Kind an mir war. ”
Frido Mann ist und bleibt Kind, genauer: Enkelkind, denn seine Sprache ist danach. Sein nun bald 60-jähriges Leben lang musste er sich und anderen Rechenschaft darüber ablegen, was es heißt, nicht nur einen weltberühmten Großvater zu haben, sondern von dem auch noch missbraucht zu werden. Thomas Mann hatte sich Fridos kindlicher Reize bedient und ihn eingebaut in seinen Endzeitroman Doktor Faustus als letzte Liebe seines Helden und alter ego Adrian Leverkühn. Und Nepomuk Schneidewein, genannt Echo, ein Bübchen aus der Schweiz mit origineller Sprechweise, das hinabsteigt vom Himmel in Leverkühns Hölle und dem einsam-verzweifelten Musiker die späten Tage noch einmal aufhellt – Nepomuk Schneidewein stirbt einen schlimmen Tod.
Dass der Mediziner, Psychologe und Theologe Frido Mann auch mit seinem dritten Roman „Brasa” familiäre Vergangenheitsbewältigung betreibt, ist schon am Klappentext abzulesen: „Frido Manns großes Familienepos ist zugleich eine bilderreiche Hommage an seine brasilianische Urgroßmutter Julia Mann-Bruhns-da Silva”. So ist es. Es ist aber – und dies mag auch eine Form der Distanznahme zum Großvater sein – eine Hommage dabei herausgekommen, die den Talentnachweis auch diesmal schuldig bleibt.
Das Fremde ist dem Schriftsteller Frido Mann interessant, bloß weil es fremd ist. Die Motivation zu seiner so oberflächlichen wie hastigen Spurensuche und -sicherung bleibt auch nach 400 Seiten rätselhaft. Es sind schwach ausgeleuchtete 08/15-Charaktere, die da über vier Generationen heranwachsen, heiraten und Kaffee und Zucker anbauen. Die vergleichsweise souveräne, ruhige Beerdigungsszene gleich am Anfang täuscht; denn im Folgenden werden uns abgehaspelte Lebensgeschichten vorgeführt, vom Stammvater Heitor de Melo bis zu dessen Urenkelin Bernice Santini, die sich in Zürich mit einem umstürzlerisch gesinnten Brasilianer einlässt und so einen zusätzlichen Anreiz bekommt, das Land ihrer Vorfahren zu erkunden. Man kommt kaum mit beim dauernden Wechsel zwischen 19. Jahrhundert und naher Gegenwart, zwischen Brasilien und der Schweiz, zwischen Naturschilderung und Politkitsch.
Dies alles mag noch angehen. Stilistisch jedoch ist das Buch eine Zumutung. Das hat noch gar nicht damit zu tun, dass der Autor den Unterschied zwischen ,seit‘ und ,seitdem‘ nicht kennt. Hin und her gerissen zwischen hölzernem und saloppem Tonfall, tischt uns Frido Mann Banalitäten dieses Kalibers auf: „Erst nach und nach trat Heitor de Melo der Tod seines Vaters voll ins Bewußtsein. So sehr er zuletzt unter ihm gelitten hatte, so begann ihm sein Vater zunehmend zu fehlen, und er erkannte wieder die Bedeutung, die jener zeitlebens für ihn gehabt hatte. ” Da gibt es einen „Alten”, der „schlappmacht”, da werden „zugefallene Pflichten” erledigt, und da werden die Gemütszustände des Personals mit Ausdrücken beschrieben, die man sonst nur in Politikerverlautbarungen hört: „Wut und Entsetzen”.
Und wenn man dann endlich durch und beim letzten Satz angekommen ist, dann stößt man auf einen Schnitzer, mit dem auch das Lektorat allen Kredit verspielt hat: „Und das war unbedingt das Wichtigste, die Hauptsache, bei der es nur noch galt, sich zu bewähren und sich dem auf die Dauer würdig zu erweisen. ” Das ist nicht nur eines Mannes unwürdig.
EDO REENTS
FRIDO MANN: Brasa. Roman. Nymphenburger Verlagsbuchhandlung, München, 1999. 400 Seiten, 44,90 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.12.1999

Leben nach dem Opapale
Familie als Bürde: Frido Mann bleibt im Schatten

Dem Autor des vorliegenden Romans konnten wir schon vor langer Zeit begegnen, nämlich in den Briefen und Tagebüchern seines Großvaters: Thomas Mann hat oft und gern den kleinen, 1940 geborenen Frido erwähnt, seinen Liebling unter den vier Enkeln und, wie der alte Herr teils befangen, teils entzückt eingestand, das Modell des Knäbleins Echo in seinem "Doktor Faustus". Jetzt, Jahrzehnte später, ist der "Opapale" von einst zur schweren Hypothek geworden, denn neben die weltberühmten Werke des Nobelpreisträgers schieben sich die Hervorbringungen des ebenfalls schreibenden Enkels, 1985 das erste, 1994 das zweite und nun, 1999, das dritte Buch. Es wäre nur fair, den Älteren aus der literarischen Wertung des Jüngeren herauszulassen. Das aber fällt schwer bei so vielen Verknüpfungen und einer Enkelarbeit, die bis weit ins vorige Jahrhundert Spuren der Sippe Mann ausforscht.

Frido Mann, Ältester des jüngsten Thomas-Sohnes Michael, ist von Beruf Hochschullehrer in den Fächern Medizin, Psychologie, Theologie. Dass er im Laufe seines fünften Lebensjahrzehnts die Distanz zur literarischen Familientradition aufgab, muss er schließlich selbst verantworten. Für den Roman dieses Jahres wählte er den Titel "Brasa", was im Portugiesischen so viel wie "Kohlenglut" bedeutet. Im Buchtext ist erläutert, was der Autor sich dabei dachte: "Das kostbare rote Färberholz glühte in der untergehenden Sonne wie glimmende Kohle. Großvater hatte immer erzählt, daß dieser pau brasil mit seiner glutähnlichen Farbe Brasilien den Namen gegeben habe."

Der erwähnte Großvater ist nicht Thomas Mann. Aber wer immer im Enkelroman eine Rolle spielt, Thomas Mann guckt über alle Schultern. Denn das glutheiße Brasilien, vorwiegend Ort der Handlung, spielt in "Brasa" die gleiche Rolle wie das kühle Lübeck in den "Buddenbrooks", es ist der Lebensraum einer Großfamilie, aus der die Manns sich herleiten. Kenner wissen, dass Thomas' Mutter, Julia Bruhns-da Silva, brasilianischen Ursprungs war. Und diesem Teil der Abstammungsgeschichte spürt der Spätenkel Frido nach. Das exotische Ahnengeschlecht, ziemlich erfolgreiche Zuckerrohr- und Kaffeekönige, heißt in seinem Buch de Melo und wird uns durch mehrere Generationen präsentiert, bis hinein in die Moderne. Da allerdings, weil unterdes nur in weiblicher Linie weitergeführt, heißt die Familie dann Santini, wohnt auch nicht mehr in Südamerika, sondern in der Heimat von Frido Manns Mutter, in der Schweiz.

Der Autor lässt die beiden Handlungsstränge, den breiten brasilianischen und den engeren schweizerischen, einigermaßen parallel laufen. Für den Leser ist das nicht ohne Schwierigkeiten. Die de Melos sind ein geburtenfreudiger Stamm, es gilt also, sich unendlich viele Namen zu merken und ebenso viele Lebensläufe auseinander zu halten; eine Ahnentafel am Buchende hilft dabei nur ansatzweise. Dazu kommen gewisse Verständnisschwierigkeiten für den mit brasilianischen Gegebenheiten nicht vertrauten Durchschnittseuropäer. Dem werden auch eine Menge portugiesischer Vokabeln vorgesetzt, die allein aus dem Text zu erschließen sind; das beigefügte Glossar spart sie aus. Und wenn der Leser alles begriffen hat, sich endlich in Brasiliens grünen Urwäldern und weißen Städten zu Hause fühlt, dann schleudert ihn das Buch von einem Kontinent in den anderen und aus der Vergangenheit in die Gegenwart, und er muss stets ein Schweizer Kapitel lang warten, ehe er den brasilianischen Faden wieder aufnehmen kann.

Wozu braucht die De-Melo-Geschichte überhaupt die Schweizer Szene? Sie brauchte sie nicht, wenn Frido Mann nur auf ein Abbild der Mann'schen Ursprungsfamilie aus gewesen wäre. Doch wir müssen einsehen lernen, dass die De-Melo-Sippe als Gegenstand des Romans verdrängt wird vom Land Brasilien. Zwar breitet der Autor besonders in den historisch-brasilianischen Partien viel Familienleben aus, doch gehorchen diese Lebensläufe nicht einer wie immer gearteten Entwicklung der Fabel, sei diese nun privater oder gesellschaftlicher Natur. Vielmehr entsteht der Eindruck, alles werde nur deshalb so breit geschildert, weil es nun mal stattgefunden habe und der Autor nichts auslassen mochte. Das entwertet die Personen. Wollte man für das Buch einen Leitsatz finden, er könnte lauten: So war und so ist es beschaffen, das einzigartige Land, aus dem wir kommen.

War und ist - dieses Land soll also nicht bloß unter historischer Patina, sondern auch im modernen Outfit figurieren. Dazu dient der Abstecher zur Schweizer Hauptfigur, der Ärztin Berenice Santini. Berenice liebt den Brasilianer Ignácio, der unter der Militärdiktatur Folterhaft erlitt und dessen Schwester Vanessa ein Opfer der Todesschwadronen wird. Aber auch ohne Ignácio lebt und webt das Ahnenland in Berenices Seele. Selbst ein Jahrzehnt Entfremdung von ihrem Liebsten und ein Verhältnis mit dem Tschechen Jaroslav können sie nicht davon abhalten, am Ende nach Brasilien zurückzusiedeln. Dort wird sie, gemeinsam mit Ignácio, die Lebenspfade ihrer Vorfahren aufspüren, vor allem aber dem Vorbild Vanessas folgen und den dunkelhäutigen Ärmsten Gutes tun.

Wir dürfen den Autor von "Brasa" nicht dafür schelten, dass ihm der Autor der "Buddenbrooks" meisterlich zuvorgekommen ist. Aber ein bisschen mehr Sorgfalt im Umgang mit Sprache müssen wir schon fordern. Dem Mediziner Frido Mann könnte man die häufige Verwendung sprachverengender Modevokabeln, zum Beispiel "zögerlich", "nachvollziehen", "zwischenzeitlich", noch durchgehen lassen, ihm auch verzeihen, wenn ein Romanheld sich für eine "stattgefundene Fusion" interessiert oder ein anderer sich "zurückerinnert". Der schriftstellernde Enkel Thomas Manns sollte sich derlei nicht erlauben.

SABINE BRANDT

Frido Mann: "Brasa". Roman. Nymphenburger in der F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung, München 1999. 400 S., geb., 44,- DM.

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