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Augsburg. 1898-1917 Augsburg und München. 1917-1920 Augsburg, München und Berlin. 1920-1924 Berlin. 1924-1933 Suche nach einem Exilort. 1933 Svendborg, Skovsbostrand. Dänemark. 1933-1939 Lidingö. Schweden. 1939/40 Helsinki, Marlebäck. Finnland. 1940/41 Reise nach Amerika. 1941 Santa Monica, Kalifornien. USA. 1941-1947 Zürich und Feldmeilen. Schweiz. 1947-1949 Berlin/DDR. 1949-1 956 Anhang Nachwort Nachweis der Quellen und Abkürzungen Alphabetisches Register der Brecht-Titel Personenregister Bildnachweise

Produktbeschreibung
Augsburg. 1898-1917 Augsburg und München. 1917-1920 Augsburg, München und Berlin. 1920-1924 Berlin. 1924-1933 Suche nach einem Exilort. 1933 Svendborg, Skovsbostrand. Dänemark. 1933-1939 Lidingö. Schweden. 1939/40 Helsinki, Marlebäck. Finnland. 1940/41 Reise nach Amerika. 1941 Santa Monica, Kalifornien. USA. 1941-1947 Zürich und Feldmeilen. Schweiz. 1947-1949 Berlin/DDR. 1949-1 956 Anhang Nachwort Nachweis der Quellen und Abkürzungen Alphabetisches Register der Brecht-Titel Personenregister Bildnachweise
Autorenporträt
Werner Hecht wurde am 18. Dezember 1926 in Leipzig geboren. Er studierte bei Hans Meyer und ging 1959 als Mitarbeiter für Regie und Dramaturgie an das Berliner Ensemble, das von Helene Weigel geführt wurde. Er war einer ihrer engsten Mitarbeiter und Berater, und begleitete sie bei vielen Gastspielen im In- und Ausland. Nach Weigels Tod leitete er bis 1991 das Brecht-Zentrum der DDR und realisierte zahlreiche Brecht-Veranstaltungen. Zudem war er Herausgeber einer Brecht-Schriftenreihe und des Nachrichtenblatt »notate«. Werner Hecht verstarb am 26. Februar 2017. Er wurde auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin beerdigt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.02.1998

Vor leeren Tellern
Werner Hechts "Brecht Chronik" · Von Thomas Steinfeld

Goethes Leben kennt man von Tag zu Tag, und das ist mehr, als man über jeden anderen deutschen Dichter weiß. Eine Chronik, so wie es sie seit ein paar Jahren für Goethe gibt, wurde weder für Friedrich Schiller noch für Theodor Fontane, weder für Franz Kafka noch für Thomas Mann geschrieben. Die Gründe für diese Ausnahme liegen weit zurück: Goethe war die Zentralfigur für den noch zur Mitte dieses Jahrhunderts weit verbreiteten Glauben, Leben und Werk eines großen Schriftstellers müßten eine Einheit bilden. Was immer Goethe getan oder geschrieben hatte, galt, wie vom Dichter vorgeschrieben, als Bruchstück eines großen Bekenntnisses. Nichts von alledem gilt für Bertolt Brecht. Und doch ist er der zweite deutsche Dichter, dem eine solche Chronik gewidmet wird.

Vor fünfunddreißig Jahren hat Werner Hecht, damals Dramaturg am Berliner Ensemble, mit der Arbeit an dieser Chronik begonnen. Das war sechs Jahre nach dem Tod des Dichters, und Bertolt Brecht war der größte Held des sozialistischen Theaters in der DDR. Wenig später wurde er zu einem Heerführer in der Geisterarmee der westlichen Linken. Noch später verlor er seinen großen Ruhm und hohen Rang wieder, und das nicht nur, weil er Anhänger einer mittlerweile kompromittierten politischen Lehre war. Vielmehr hatte sich sein dramatisches Konzept erschöpft: Brecht hatte dem Schauspiel nicht getraut, es sollte Veranschaulichung einer Lehre sein und verriet deshalb das Theater. Dann verschwand die DDR, und der Direktor des Berliner Brecht-Zentrums, zu dem Werner Hecht mittlerweile avanciert war, wurde pensioniert, und noch immer sammelte und schrieb er für seine Chronik. Nun ist sie erschienen, mehr als dreizehnhundert Seiten stark, wenige Wochen vor dem hundertsten Geburtstag ihres Protagonisten. Selbstverständlich gibt es darin Mängel, irrtümliche Datierungen, falsche Schreibungen, doch das ist nicht entscheidend. Wichtiger ist, warum ausgerechnet dieser Autor eine solche Chronik bekommt.

Für das Buch ist das Jubiläum ein Glücksfall. Brechts Dramen sind von den großen Bühnen verschwunden, und keiner erzählt mehr wie in den siebziger Jahren im geselligen Kreis Geschichten von Herrn Keuner. Das Jubiläum aber, eine große, gemeinsame Anstrengung des literarischen Betriebs, erweckt den Anschein, als gehöre Brecht zu den vitalsten Autoren der deutschen Literatur. Und daß dieses Werk tatsächlich lebendig ist - das ist die Voraussetzung, auf der diese Chronik zu ruhen scheint.

Man kann sie nicht wie eine Biographie lesen, sondern muß sie wie ein Lexikon benutzen: Was tat Brecht im Winter 1925, als er an "Mann ist Mann" arbeitete? Alfred Kerr hatte den jungen deutschen Dramatikern die Langeweile vorgeworfen, Herwarth Waldens Vorwurf, Brecht habe bei Rimbaud abgeschrieben, war immer noch im Gespräch, hier und dort erschienen neue Gedichte, Marianne Brecht war auf Helene Weigel und Elisabeth Hauptmann eifersüchtig, Brecht selbst wollte Verse von Rudyard Kipling übersetzen und besuchte ansonsten gerne Boxkämpfe. In harter Fügung stehen die Fakten nebeneinander.

Aus der Debatte, die vor ein paar Wochen auf die Veröffentlichung von John Fuegis Biographie "Brecht und Co." folgte, läßt sich eines lernen: Dieses Leben ist interessanter als das Werk geworden. Deswegen werden immer wieder dieselben Geschichten mit immer neuem Pathos erzählt, die Geschichte vom Plagiator und die vom Geschäftemacher, die Geschichte vom Weiberhelden und die vom Windbeutel des Erfolgs. Daß dieses Leben moralisch anfechtbar war, hat Bertolt Brecht selbst gewußt. Er sei kein "unschuldiges Gemüt", notierte er im ersten Sommer des dänischen Exils. Daß beide Seiten, der Biograph und sein Protagonist, die Unmoral dieses Lebenswandels nicht nur kennen, sondern auch inszenieren, macht sie zu Komplizen. Damit könnte es schnell sein Bewenden haben. In diesem Fall aber wird die biographische Neugier durch die Geschichte beflügelt: Dieses Leben steht für eine große politische Entscheidung in der Kunst. Der Sozialismus hat sich mit Gemurmel und Gejammer aus der Weltgeschichte verabschiedet, und nun wird dem Personal, den Affären und Motiven hinterhergefahndet, so als könne man im nachhinein Rechenschaft für diese Entscheidung verlangen.

Der Biograph, der mit den Argumenten der Tugendlehre gegen seinen Helden vorgeht, hat es nicht leicht: Er kann sich mit dem biographischen Interesse seiner Leser nicht zufriedengeben, er muß sie zu Verbündeten machen, er braucht ihre Empörung. Ihm gegenüber ist der Chronist ein Souverän. "Vorhandene Biographien werden zu überprüfen sein", meint Werner Hecht selbstbewußt. Und er hat recht, und das nicht allein, weil vieles hier zum ersten Mal dokumentiert wird - etwa die taktischen Spiele, die sich das Politbüro der DDR für Brecht ausdachte.

Werner Hecht ist der Chronist. Ihm ist keine Notiz zu unbedeutend, er ist der Sammler, der alles birgt, er ist der Detektiv, der jeden Fund berücksichtigt. Und nun geschieht etwas Sonderbares: Das Verfahren, das als Dienst an einem Idol begann, verwandelt sich in den Dienst an einem Verdacht. Der Chronist mag noch glauben, dem Verständnis eines literarischen Werkes zu nutzen, aber in Wirklichkeit komplettiert er schon die Beschattung. Wie Brecht die Frauen behandelte, wie seine Werke entstanden, wie wandelbar seine Überzeugungen waren - das alles steht schroff und klar nebeneinander. Philologie und Geheimdienst gehen hier derselben Tätigkeit nach.

Zu den prägnantesten Passagen dieser Chronik zählen die Berichte der FBI- Agenten, die abgehörten Gespräche und die aufgebrochene Post während des Exils in den Vereinigten Staaten: Sie sind Dokumente wie Briefe und Berichte, wie die Nachrichten von Freunden, Mitarbeitern und Kollegen, wie das "Journal" und die Manuskripte. Fast bedauert der Leser, daß Werner Hecht seine Erkundungen nicht bei den deutschen Geheimdiensten nach dem Zweiten Weltkrieg fortgesetzt hat. Aber er hat ein übriges getan: Er hat neben die Parade der Daten und Fakten Zitate aus den Werken, aus Rezensionen und persönlichen Dokumenten gestellt. Sie stehen nun am Rande des eigentlichen Textes wie Scheinwerfer, die hin und wieder den krummen Weg des Helden beleuchten. Das ist eine sparsame Dramaturgie, die nichts vom Gefühlstheater des Biographischen hat. Aber sie trägt dazu bei, daß dem Leser das Schicksal Bertolt Brechts nicht mehr gleichgültig ist.

Brecht hat den Untergang der engagierten Literatur überstanden. Das liegt nicht nur daran, daß manche seiner Verse besser sind als die Theaterstücke. Überlebt hat er vor allem mit dem Kult des Überlebens. "Ich habe kein Bedürfnis danach, daß ein Gedanke von mir bleibt", schrieb er 1925, "ich möchte aber, daß alles aufgegessen wird, umgesetzt, aufgebraucht." Nichts davon ist wahr, alles ist Fassade. Brecht hat sich gern als rauchenden Zuschauer stilisiert, der ohne Illusionen, die Schiebermütze auf dem Kopf und im Harnisch seines ledernen Mantels den Lauf der Geschichte betrachtet. Diese Pose kleidet den Treulosen und Umtriebigen, den Windhund und den Geschäftemacher. Auch die Kälte und Schärfe einer Chronik paßt zu dieser Haltung. Sie ist, in diesem Fall, die bessere Biographie.

Bertolt Brecht mag ein schlechter Mensch gewesen sein, aber er war klug genug, um das zu inszenieren. Daß dieses Schauspiel bis auf den heutigen Tag nichts von seinem Glanz verloren hat, ist der größte Coup in der Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts.

Werner Hecht: "Brecht Chronik. 1898 bis 1956". Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1997. 1315 S., geb., Abb., 98,- DM, ab 1. April 145,- DM.

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