Das Geschäft mit dem Geld war schon immer eine etwas besondere Branche, hat sie es doch mit dem wichtigsten volkswirtschaftlichen Tausch- und Wertaufbewahrungsmittel zu tun. Die Vermehrung dieses "Mittels" ist in der "kapitalistischen" Marktwirtschaft tendenziell zum dominanten Ziel geworden - bei manchen Akteuren, Privatpersonen ebenso wie Firmen vielleicht etwas allzu sehr. Stichworte wie "Geldgier" und "Abzockerei", "kreative Buchführung", immer neue Varianten massloser oder betrügerischer "Geldmacherei" sowie die internationale Rolle des schweizerischen Bankgeheimnisses als "Steuerhinterziehungsgeheimnis" sind in jüngster Zeit immer mehr in den Brennpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit und Kritik gerückt. Die Banken als die professionellen Träger des Geldgeschäfts stehen unvermeidlich mitten drin und sehen sich vor (scheinbar) ganz neue - nämlich ethische - Orientierungs- und Rechtfertigungsfragen gestellt.
In dieser Studie im Auftrag der Truus-und-Gerrit-van-Riemsdijk-Stiftung wird das Bankgeschäft einmal konsequent vom moral point of view aus beleuchtet. Über die Klärung der grundlegenden Kriterien ethisch guten Bankings und einen Überblick über die vielfältigen bankenethischen Problemfelder hinaus werden ganz konkrete Problemfälle der allerjüngsten Zeit exemplarisch durchleuchtet. Auf diese Weise wird die wirtschaftsethische Reflexionsform besonders jenen Leserinnen und Lesern näher gebracht, die im Alltag des Bankgeschäfts stehen.
In dieser Studie im Auftrag der Truus-und-Gerrit-van-Riemsdijk-Stiftung wird das Bankgeschäft einmal konsequent vom moral point of view aus beleuchtet. Über die Klärung der grundlegenden Kriterien ethisch guten Bankings und einen Überblick über die vielfältigen bankenethischen Problemfelder hinaus werden ganz konkrete Problemfälle der allerjüngsten Zeit exemplarisch durchleuchtet. Auf diese Weise wird die wirtschaftsethische Reflexionsform besonders jenen Leserinnen und Lesern näher gebracht, die im Alltag des Bankgeschäfts stehen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.02.2004Ethische Prinzipien für Banken
Von der Tantiemenpraxis zur Unabhängigkeit von Anlageberatern
Ulrich Thielemann/Peter Ulrich: Brennpunkt Bankenethik. Verlag Haupt, Bern 2003, 160 Seiten, 24,90 Euro.
Behindert oder befördert ethische Rücksichtnahme den Erfolg einer Organisation? Diese Frage ist seit langem kontrovers. Der Florentiner Niccolo Machiavelli vertrat die Meinung, über moralische Skrupel müßten sich erfolgsorientierte Führungskräfte nötigenfalls hinwegsetzen. Der preußische König Friedrich der Große vertrat die entgegengesetzte Position. Als Kronprinz verfaßte er einen "Anti-Machiavell", worin er argumentierte, ohne ethische Prinzipien sei jede Politik zum Scheitern verurteilt. In heutigen Debatten über Wirtschaftsethik kehren diese Standpunkte wieder. Daß die Debatte gerade in Wirtschaftsorganisationen so heftig geführt wird, rührt aus der Globalisierung. Man erinnere sich: 1983 verkaufte die Pensionskasse des Bundesstaates Massachusetts sämtliche Aktien solcher Gesellschaften, die in Südafrika tätig waren, um gegen die Apartheid zu protestieren. Diese Verquickung von merkantilen mit ethischen Gesichtspunkten wurde damals belächelt. Doch das Beispiel machte Schule, immer mehr Anleger zogen ihre Anlagen ab. Anrüchig war die Apartheid ohnehin, nun wurde sie auch unrentabel.
Ein Anfang war gemacht: Konzerne müssen nicht nur berichten, wie hoch ihre Gewinne ausfallen, die Anleger wollen auch wissen, wie diese zustande gekommen sind. Diese Entwicklung hat sich fortgesetzt. Wenn globale Konzerne, die auf der ganzen Welt einheitliche Produktstandards anbieten, an verschiedenen Standorten nach unterschiedlichen Verhaltensnormen handeln, verlieren sie ihre Glaubwürdigkeit.
Auch daß die wirtschaftsethische Debatte in der Schweizer Bankwelt derzeit auf hohem Niveau geführt wird, kommt nicht von ungefähr. Banken sind die Kronjuwelen der schweizerischen Volkswirtschaft; ihre Internationalität hat lange Tradition. Das hohe Niveau ist auch den beiden Marktführern UBS und Credit Suisse zu danken, die zu Umweltverantwortung, Corporate Responsibility und Nachhaltigkeit umfassende Dokumentationen vorgelegt haben.
Ulrich Thielemann und Peter Ulrich unterrichten Wirtschaftsethik an der Universität Sankt Gallen. Während ein Großteil der wirtschaftsethischen Literatur auf abstraktem Niveau schwebt, haben diese beiden Autoren die Füße auf dem Boden der Tatsachen. In zwei Drittel des Bandes erörtern sie konkrete Vorkommnisse. Dazu gehört die Frage nach der Unabhängigkeit von Anlageberatern, von denen einige - wie vor dem Kollaps von Enron - ihren Schreibtisch räumen mußten, da ihre Verkaufsempfehlung die Bankleitung kompromittiert hatte. Des weiteren stehe die verbreitete Tantiemenpraxis, nach der Analysten danach belohnt werden, inwieweit ihre Ausarbeitungen zum Absatz beitragen, im Widerspruch zum Erfordernis sachlicher Objektivität. Ein drittes Beispiel ist die Praxis im Emissionsgeschäft, bei Börseneinführungen Vorzugskunden mit besonders hohen Zuteilungen zu bedenken.
Auch die Praxis des Kreditgeschäfts ist für Thielemann und Ulrich ethisch nicht neutral. Wenn Banken schwachen Kreditnehmern bei schlechtem Geschäft höhere Kreditmargen auferlegen und gleichzeitig erfolgreichen Unternehmen sinkende Margen konzedieren, dann verringern sie die Chancengleichheit im Wettbewerb. Die Autoren erörtern die umweltpolitische Mitverantwortung von Kreditinstituten am Beispiel einer Projektfinanzierung in der Türkei, deren Kreditierung UBS nach Kenntnis ökologischer Folgelasten stornierte. Weitere Themen kreisen um Steuerwettbewerb und Bankgeheimnis. Die Autoren suggerieren mitunter, Bankmitarbeiter hätten nur ein unerhebliches Maß an ethischer Autonomie. Doch Moral obliegt letztlich nicht Organisationen, sondern den Menschen, die darin wirken.
BENEDIKT KOEHLER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Von der Tantiemenpraxis zur Unabhängigkeit von Anlageberatern
Ulrich Thielemann/Peter Ulrich: Brennpunkt Bankenethik. Verlag Haupt, Bern 2003, 160 Seiten, 24,90 Euro.
Behindert oder befördert ethische Rücksichtnahme den Erfolg einer Organisation? Diese Frage ist seit langem kontrovers. Der Florentiner Niccolo Machiavelli vertrat die Meinung, über moralische Skrupel müßten sich erfolgsorientierte Führungskräfte nötigenfalls hinwegsetzen. Der preußische König Friedrich der Große vertrat die entgegengesetzte Position. Als Kronprinz verfaßte er einen "Anti-Machiavell", worin er argumentierte, ohne ethische Prinzipien sei jede Politik zum Scheitern verurteilt. In heutigen Debatten über Wirtschaftsethik kehren diese Standpunkte wieder. Daß die Debatte gerade in Wirtschaftsorganisationen so heftig geführt wird, rührt aus der Globalisierung. Man erinnere sich: 1983 verkaufte die Pensionskasse des Bundesstaates Massachusetts sämtliche Aktien solcher Gesellschaften, die in Südafrika tätig waren, um gegen die Apartheid zu protestieren. Diese Verquickung von merkantilen mit ethischen Gesichtspunkten wurde damals belächelt. Doch das Beispiel machte Schule, immer mehr Anleger zogen ihre Anlagen ab. Anrüchig war die Apartheid ohnehin, nun wurde sie auch unrentabel.
Ein Anfang war gemacht: Konzerne müssen nicht nur berichten, wie hoch ihre Gewinne ausfallen, die Anleger wollen auch wissen, wie diese zustande gekommen sind. Diese Entwicklung hat sich fortgesetzt. Wenn globale Konzerne, die auf der ganzen Welt einheitliche Produktstandards anbieten, an verschiedenen Standorten nach unterschiedlichen Verhaltensnormen handeln, verlieren sie ihre Glaubwürdigkeit.
Auch daß die wirtschaftsethische Debatte in der Schweizer Bankwelt derzeit auf hohem Niveau geführt wird, kommt nicht von ungefähr. Banken sind die Kronjuwelen der schweizerischen Volkswirtschaft; ihre Internationalität hat lange Tradition. Das hohe Niveau ist auch den beiden Marktführern UBS und Credit Suisse zu danken, die zu Umweltverantwortung, Corporate Responsibility und Nachhaltigkeit umfassende Dokumentationen vorgelegt haben.
Ulrich Thielemann und Peter Ulrich unterrichten Wirtschaftsethik an der Universität Sankt Gallen. Während ein Großteil der wirtschaftsethischen Literatur auf abstraktem Niveau schwebt, haben diese beiden Autoren die Füße auf dem Boden der Tatsachen. In zwei Drittel des Bandes erörtern sie konkrete Vorkommnisse. Dazu gehört die Frage nach der Unabhängigkeit von Anlageberatern, von denen einige - wie vor dem Kollaps von Enron - ihren Schreibtisch räumen mußten, da ihre Verkaufsempfehlung die Bankleitung kompromittiert hatte. Des weiteren stehe die verbreitete Tantiemenpraxis, nach der Analysten danach belohnt werden, inwieweit ihre Ausarbeitungen zum Absatz beitragen, im Widerspruch zum Erfordernis sachlicher Objektivität. Ein drittes Beispiel ist die Praxis im Emissionsgeschäft, bei Börseneinführungen Vorzugskunden mit besonders hohen Zuteilungen zu bedenken.
Auch die Praxis des Kreditgeschäfts ist für Thielemann und Ulrich ethisch nicht neutral. Wenn Banken schwachen Kreditnehmern bei schlechtem Geschäft höhere Kreditmargen auferlegen und gleichzeitig erfolgreichen Unternehmen sinkende Margen konzedieren, dann verringern sie die Chancengleichheit im Wettbewerb. Die Autoren erörtern die umweltpolitische Mitverantwortung von Kreditinstituten am Beispiel einer Projektfinanzierung in der Türkei, deren Kreditierung UBS nach Kenntnis ökologischer Folgelasten stornierte. Weitere Themen kreisen um Steuerwettbewerb und Bankgeheimnis. Die Autoren suggerieren mitunter, Bankmitarbeiter hätten nur ein unerhebliches Maß an ethischer Autonomie. Doch Moral obliegt letztlich nicht Organisationen, sondern den Menschen, die darin wirken.
BENEDIKT KOEHLER
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Willy Zeller setzt sich mit einer äußerst kritischen Studie von Ulrich Thielemann und Peter Ulrich zur Ethik im Bankenwesen auseinander. Selbst dem Auftraggeber der Studie, dem Bankier Gerrit van Riemsdijk, seien die beiden in ihren Auffassungen ein wenig zu kritisch, weiß der Rezensent. Dabei lassen die Autoren positive Anstrengungen in der Schweiz, Missbrauch entgegen zu wirken, zwar nicht unter den Tisch fallen, hervorstechender jedoch würden die negativen Aspekte der Bankenethik, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Bankgeheimnis, untersucht. Dennoch könne man dem Vorgehen der Autoren nicht den Vorwurf der Voreingenommenheit oder Linkslastigkeit machen, da sich ihre Studie durch "methodische Qualität und sorgfältig belegte Argumentation" auszeichne.
© Perlentaucher Medien GmbH
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