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Diesen Brief schreibe ich Dir auf der Maschine des Sigi , einen Tag, nachdem ich in Berlin angekommen bin. Ich hatte ursprünglich die Absicht, von Braunschweig ins Rheinland zu fahren, weil dort immer was los ist, aber ich hielt es einfach nicht länger ohne AZ und Nachrichten von Ludwig aus, da ich niemals sicher war, einen Bericht zu schreiben, den Ludwig noch nicht geschrieben hatte. Die Artikel Ludwigs habe ich inzwischen gelesen und habe festgestellt, daß es Artikel sind, wie sie typisch nur er als entsandter Sonderkorrespondent schreiben konnte, während ich als gelegentlicher…mehr

Produktbeschreibung
Diesen Brief schreibe ich Dir auf der Maschine des Sigi , einen Tag, nachdem ich in Berlin angekommen bin. Ich hatte ursprünglich die Absicht, von Braunschweig ins Rheinland zu fahren, weil dort immer was los ist, aber ich hielt es einfach nicht länger ohne AZ und Nachrichten von Ludwig aus, da ich niemals sicher war, einen Bericht zu schreiben, den Ludwig noch nicht geschrieben hatte. Die Artikel Ludwigs habe ich inzwischen gelesen und habe festgestellt, daß es Artikel sind, wie sie typisch nur er als entsandter Sonderkorrespondent schreiben konnte, während ich als gelegentlicher Berichterstatter unmöglich so allgemeine Sachen schicken kann. Die Frage, auf die ich besonders neugierig war, nämlich, wie er seine politische Kritik der jetzigen Ereignisse bei der AZ, die doch unmöglich ihre deutsche Bruderpartei beflegeln kann, anbringen wird, hat sich meiner Erwartung gemäß gelöst: er schreibt nämlich überhaupt keine politische Kritik. Die kritischen Glossen eines vernünftigen Menschen zur Taktik der SPD können heute bloß in einer Reihe von wilden, nicht salonfähigen Flüchen bestehen, die in keiner Tageszeitung ihren Platz finden könnten, was ja auch das heutige Verbot der Roten Fahne bewiesen hat. Ludwig selbst habe ich noch nicht sprechen können, da er den Kanitz, der hier in SAJ-Versammlungen spricht, nach Chemnitz begleitet hat. Deine Gefühle bezüglich der bisherigen praktischen Erfolge meiner Reise teile ich einigermaßen. Nur darfst Du nicht vergessen, daß ich bis jetzt erstens nie wußte, was ich eigentlich zu schreiben hätte (Ludwig), und zweitens durch das prachtvoll vonstatten gehende, aber Tage in Anspruch nehmende Tippeln samt unbequemen Übernachtungen wenig zum Schreiben kam. Ich habe bis jetzt nur einen Artikel an die AZ über den Naziüberfall auf das Gewerkschaftshaus in Halle geschickt. Hoffentlich bringen sie ihn. Heute und morgen will ich, da es reichlich spät ist, mich wild in die Arbeit fürKleines Blatt, AZ und wenn möglich Kuckuck stürzen, um nach Möglichkeit vor dem 31. noch viel anbringen zu können.
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Autorenporträt
Jura Soyfer (eigentlich Juri, geboren 8. Dezember 1912 in Charkow, Gouvernement Charkow, Russisches Kaiserreich; gestorben 16. Februar 1939 im KZ Buchenwald) war in den 1930er Jahren ein politischer Schriftsteller in Österreich. Er publizierte in mehreren Zeitschriften und verfasste insgesamt fünf Stücke und drei erhaltene Szenen, die bis heute aufgeführt werden.