Im Spannungsverhältnis zwischen Ost und West:Der große Dichter des geteilten Deutschlands im Dialog mit wichtigen Zeitgenossen.Sarmatien, das Land zwischen Weichsel und Wolga - Johannes Bobrowski hat es zum literarischen Kosmos gemacht. Am Anfang fünfzehn verlorene Jahre: Arbeitsdienst, Wehrpflicht, Kriegsdienst, russische Gefangenschaft bis Ende 1949. Die Ost-West-Spannung der Epoche gibt seinen Briefen den Grundton. Mit den ersten Buchveröffentlichungen im »Westen« beginnt der jähe Ruhm des in Ost-Berlin lebenden Ostpreußen. Als er 1962 in West-Berlin den Preis der Gruppe 47 erhält (nach Ingeborg Bachmann und Günter Grass), eskaliert gerade die Spiegel-Affäre, und die Welt hält den Atem an in der Kuba-Krise.Der Herausgeber Jochen Meyer hat über 1.200 Briefe aus den Jahren 1937 bis 1965 zusammengestellt. In seinen Erläuterungen macht er die Untertöne hörbar und verständlich. Dabei kommen auch die Gegenbriefe aus dem Nachlass des Dichters im Deutschen Literaturarchiv Marbach zu Wort. Von Ina Seidel und Ernst Jünger spannt sich der Bogen über Peter Huchel, Peter Jokostra, Paul Celan, Klaus Wagenbach, Günter Grass, Uwe Johnson bis zu den damals Jüngsten: Hubert Fichte, Nicolas Born, Guntram Vesper. Im Zentrum stehen die engsten Freunde: Max Hölzer und Christoph Meckel. Mit von der Partie ist die Stasi; sie präpariert insgeheim eine Anklage wegen »staatsgefährdender Hetze«.»Was Bobrowski in Worte gebracht hat, ist Maßstab.«Ingo Schulze
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.08.2017Fröhlich und ernstlich und getreulich
Eine Fundgrube zur deutschen Nachkriegszeit: Die Briefe des Lyrikers Johannes Bobrowski
Unter den nicht eben zahlreichen Autoren der Nachkriegszeit, deren Werk aus einem gelebten Christentum erwuchs, nahm der Lyriker und Erzähler Johannes Bobrowski eine Sonderstellung ein: Sein Werk zeigt eine tiefe Verwurzelung in der ostpreußischen Landschaft, deren Verlust er nicht als Schicksal beklagt, sondern im sühnenden Gesang seiner "sarmatischen" Gedichte als Schuld gegenüber Juden, Polen und Litauern beschwört. Als junger Mensch der Bekennenden Kirche zugehörig, suchte der 1949 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrte Bobrowski in der DDR mit seiner Arbeit als Lektor, seit 1959 im Union Verlag, zu einem christlichen Sozialismus beizutragen. Er lebte in glücklicher Ehe und kinderreicher Familie in Friedrichshagen bei Berlin.
Seine formal an der Strenge der Oden Klopstocks und Hölderlins orientierten Gedichte publizierte er zunächst in der Zeitschrift "Sinn und Form", seine Bücher - zuerst 1961 die Lyrik-Sammlung "Sarmatische Zeit" - in kühnem Jonglieren mit den Lizenzen in der Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart und erst dann im Union Verlag, dem Verlag der Ost-CDU. Auch seine Erzählungen und Romane erschienen offiziell zwar parallel, tatsächlich aber immer zuerst im Westen, auch der späte Text "Litauische Claviere", dessen westdeutsche Ausgabe 1967 bei Wagenbach herauskam. Dass auf Seiten der DDR dieses Verfahren toleriert wurde, mag auch mit der Fehleinschätzung eines Funktionärs der Ost-CDU zu tun haben, in Bobrowski wachse ein neuer Jewtuschenko heran.
Die weitere, stärker drangsalierende, Entwicklung der DDR-Literaturpolitik erlebte der 1965 an einem Blinddarmdurchbruch verstorbene Dichter nicht mehr. Doch war er bereits etliche Jahre vor seinem Tod ins Fadenkreuz des Ministeriums für Staatssicherheit geraten. Die Einladung zu dem Treffen der Gruppe 47, das 1964 im schwedischen Sigtuna stattfand, wurde Bobrowski daher vorsichtshalber gleich zweimal zugeleitet: von Hans Werner Richter und von dem schwedischen Germanisten Gustav Korlén, der die Tagung organisierte. Immer wieder finden sich ironische Bemerkungen in Bobrowskis Briefen, etwa so: "Die Post braucht lange." Der Empfänger einer solchen Nachricht verstand.
Mit der großen Ausgabe von rund 1200 Briefen macht der Herausgeber Jochen Meyer zum hundertsten Geburtstag des Dichters einen - wie man jetzt sehen kann - ganz wesentlichen Teil des Gesamtwerks von Johannes Bobrowski zugänglich. Die Briefe spiegeln all die Rollen, in denen Bobrowski der Vielzahl der Empfänger begegnete: als Sohn, Freund, Ehemann, Lektor, Verleger und Dichter. Für viele Adressaten fand er - und sei es auch nur in einer humorvoll ziselierten Anrede oder Grußformel sowie in den zahllosen Abstufungen im Gebrauch des Sie oder Du - einen besonderen Ton, der selbst noch den geschäftlich veranlassten Briefen eine literarische Färbung gibt, aus Verlegerbriefen Dichterbriefe macht: "Mein Lieber, ganz oberlieber Günter-Billy" (Günter Bruno Fuchs), "lieber Klaus und korrespondierender Wagenbach mit Glied" (eine Anspielung auf Wagenbachs "Mitgliedschaft" im neuen Friedrichshagener Dichterkreis), "Lieber Herr Professor, edler Alfred Kelletat". "Jetzt wollte ich nur - aber von Herzen - dankeschön sagen und Sie beide nur - aber von ganzem Herzen - grüßen, fröhlich und ernstlich und getreulich."
Die Suche nach den Briefen Bobrowskis, die sich in zahllosen Nachlässen und Sammlungen in öffentlicher Trägerschaft und Privatbesitz befinden, hatte einst der Literaturwissenschaftler Eberhard Haufe begonnen, dem als Schüler von Hermann August Korff und Hans Mayer in Leipzig die Promotion wegen politischer Unzuverlässigkeit versagt worden war. Die von Haufe intendierte Edition hat Jochen Meyer jetzt besorgt, der langjährige Leiter der Handschriftensammlung und Stellvertretende Direktor des Deutschen Literaturarchivs / Schillernationalmuseums, dem die Benutzer der Marbacher Einrichtungen so viel Dank schulden. Jeden der Briefe hat Meyer mit einem detaillierten Kommentar versehen, ohne den die Fülle der Anspielungen und die Rollen erwähnter Personen unverständlich blieben. Man wird dem Verlag Dank wissen, dass die Kommentare immer unmittelbar dem jeweiligen Brief folgen.
Meyers Edition dokumentiert Bobrowskis Briefgespräche mit rund 450 Personen. Darunter finden sich ein paar Briefe voller jugendlicher Schwärmerei an Ida Seidel, der er auch eigene Arbeitsproben anvertraute - dass sie für Hitler, während er für sie schwärmte, war dem jungen Soldaten noch nicht bewusst. Schwärmerei auf beiden Seiten dagegen kennzeichnete den Beginn der Freundschaft Bobrowskis mit Peter Huchel, der dem Jüngeren 1955 die Seiten der Literaturzeitschrift "Sinn und Form" öffnete. Als aber keine zehn Jahre später Huchel aus der Redaktion verdrängt wurde, schwieg Bobrowski: ängstlich oder opportunistisch. Nicht opportunistisch dagegen, sondern bemerkenswert entschieden meinte Bobrowski einmal zu Elisabeth Borchers, ihr Gedicht "eia wasser regnet schlaf", das später so oft zitierte und gerühmte aus ihrem 1960 bei Luchterhand erschienenen Band "gedichte", sei "nicht auf der Höhe des Übrigen".
Zu vielen Fragen der deutschen Nachkriegsliteratur bietet Meyers Edition, in der aus einsichtigen Gründen die Gegenbriefe auf Ausschnitte im Kommentar beschränkt sind, Material in Hülle und Fülle: Da begegnet etwa Joachim Moras, der Mitherausgeber des "Merkurs" und Redakteur des "Jahresrings", als Förderer des jungen Dichters Bobrowski, während der doch sonst eher irenisch gestimmte Lektor Bobrowski dem jungen Dichter Wolfgang Hilbig 1964 eine Abfuhr erteilt, die sich gewaschen hat: "Sie haben uns Ihre Gedichte geschickt, und wir haben sie gelesen. Bitte nehmen Sie es uns nicht übel, wenn wir Ihnen sagen, dass keins der Gedichte die nötige Reife und das nötige Gewicht für eine Veröffentlichung hat." In denkbar freundlichstem Ton dagegen erläutert Bobrowskis die eigenen Texte dem Literaturwissenschaftler Alfred Kelletat, etwa als dieser sich nach Details zu dem Gedicht "Wiederkehr" erkundigt hatte: "Ich freu mich sehr über Ihren Brief und bin ganz erschüttert, dass Sie nach Ort und Zeit fragen, das tut niemand sonst. Also WIEDERKEHR, das ist an der Jura, welche ein Fluss, nicht an der Memel, die heißt immer Strom. Ort: Dorf Motzischken, Blick vom linken Ufer, Nähe Friedhof, aufs rechte Ufer hinüber, das Wiesenufer, von dort dann vice versa."
Eine eher unbekannte Seite von Bobrowskis Arbeit als Lektor zeigt ein Brief, den er 1962 an Martin Seils schrieb, einen am Katechetischen Oberseminar (der späteren Kirchlichen Hochschule) zu Naumburg lehrenden Dozenten der Kirchengeschichte, den er als Herausgeber einer Auswahl der Werke Johann Georg Hamanns gewinnen wollte. Seils, der nach der Wende einen Lehrstuhl für Systematische Theologie in Jena innehatte, gehörte zu den führenden Editoren und Interpreten Hamanns. Bobrowski, engagiertes Mitglied seiner Kirche und Organist der Gemeinde, verlegte die Auswahl im Union Verlag unter dem Titel "Entkleidung und Verklärung" - eine Auswahl, durch die sich mittels Hamanns sokratisch-kryptischer Sprache seine Leser in der DDR mit der "Freiheit eines Christenmenschen" verständigen konnten.
HANS-ALBRECHT KOCH
Johannes Bobrowski: "Briefe 1937-1965". Hrsg. und kommentiert von Jochen Meyer. Wallstein Verlag, Göttingen 2017. 4 Bände, zus. 2724 S., geb., 199,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Eine Fundgrube zur deutschen Nachkriegszeit: Die Briefe des Lyrikers Johannes Bobrowski
Unter den nicht eben zahlreichen Autoren der Nachkriegszeit, deren Werk aus einem gelebten Christentum erwuchs, nahm der Lyriker und Erzähler Johannes Bobrowski eine Sonderstellung ein: Sein Werk zeigt eine tiefe Verwurzelung in der ostpreußischen Landschaft, deren Verlust er nicht als Schicksal beklagt, sondern im sühnenden Gesang seiner "sarmatischen" Gedichte als Schuld gegenüber Juden, Polen und Litauern beschwört. Als junger Mensch der Bekennenden Kirche zugehörig, suchte der 1949 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrte Bobrowski in der DDR mit seiner Arbeit als Lektor, seit 1959 im Union Verlag, zu einem christlichen Sozialismus beizutragen. Er lebte in glücklicher Ehe und kinderreicher Familie in Friedrichshagen bei Berlin.
Seine formal an der Strenge der Oden Klopstocks und Hölderlins orientierten Gedichte publizierte er zunächst in der Zeitschrift "Sinn und Form", seine Bücher - zuerst 1961 die Lyrik-Sammlung "Sarmatische Zeit" - in kühnem Jonglieren mit den Lizenzen in der Deutschen Verlags-Anstalt in Stuttgart und erst dann im Union Verlag, dem Verlag der Ost-CDU. Auch seine Erzählungen und Romane erschienen offiziell zwar parallel, tatsächlich aber immer zuerst im Westen, auch der späte Text "Litauische Claviere", dessen westdeutsche Ausgabe 1967 bei Wagenbach herauskam. Dass auf Seiten der DDR dieses Verfahren toleriert wurde, mag auch mit der Fehleinschätzung eines Funktionärs der Ost-CDU zu tun haben, in Bobrowski wachse ein neuer Jewtuschenko heran.
Die weitere, stärker drangsalierende, Entwicklung der DDR-Literaturpolitik erlebte der 1965 an einem Blinddarmdurchbruch verstorbene Dichter nicht mehr. Doch war er bereits etliche Jahre vor seinem Tod ins Fadenkreuz des Ministeriums für Staatssicherheit geraten. Die Einladung zu dem Treffen der Gruppe 47, das 1964 im schwedischen Sigtuna stattfand, wurde Bobrowski daher vorsichtshalber gleich zweimal zugeleitet: von Hans Werner Richter und von dem schwedischen Germanisten Gustav Korlén, der die Tagung organisierte. Immer wieder finden sich ironische Bemerkungen in Bobrowskis Briefen, etwa so: "Die Post braucht lange." Der Empfänger einer solchen Nachricht verstand.
Mit der großen Ausgabe von rund 1200 Briefen macht der Herausgeber Jochen Meyer zum hundertsten Geburtstag des Dichters einen - wie man jetzt sehen kann - ganz wesentlichen Teil des Gesamtwerks von Johannes Bobrowski zugänglich. Die Briefe spiegeln all die Rollen, in denen Bobrowski der Vielzahl der Empfänger begegnete: als Sohn, Freund, Ehemann, Lektor, Verleger und Dichter. Für viele Adressaten fand er - und sei es auch nur in einer humorvoll ziselierten Anrede oder Grußformel sowie in den zahllosen Abstufungen im Gebrauch des Sie oder Du - einen besonderen Ton, der selbst noch den geschäftlich veranlassten Briefen eine literarische Färbung gibt, aus Verlegerbriefen Dichterbriefe macht: "Mein Lieber, ganz oberlieber Günter-Billy" (Günter Bruno Fuchs), "lieber Klaus und korrespondierender Wagenbach mit Glied" (eine Anspielung auf Wagenbachs "Mitgliedschaft" im neuen Friedrichshagener Dichterkreis), "Lieber Herr Professor, edler Alfred Kelletat". "Jetzt wollte ich nur - aber von Herzen - dankeschön sagen und Sie beide nur - aber von ganzem Herzen - grüßen, fröhlich und ernstlich und getreulich."
Die Suche nach den Briefen Bobrowskis, die sich in zahllosen Nachlässen und Sammlungen in öffentlicher Trägerschaft und Privatbesitz befinden, hatte einst der Literaturwissenschaftler Eberhard Haufe begonnen, dem als Schüler von Hermann August Korff und Hans Mayer in Leipzig die Promotion wegen politischer Unzuverlässigkeit versagt worden war. Die von Haufe intendierte Edition hat Jochen Meyer jetzt besorgt, der langjährige Leiter der Handschriftensammlung und Stellvertretende Direktor des Deutschen Literaturarchivs / Schillernationalmuseums, dem die Benutzer der Marbacher Einrichtungen so viel Dank schulden. Jeden der Briefe hat Meyer mit einem detaillierten Kommentar versehen, ohne den die Fülle der Anspielungen und die Rollen erwähnter Personen unverständlich blieben. Man wird dem Verlag Dank wissen, dass die Kommentare immer unmittelbar dem jeweiligen Brief folgen.
Meyers Edition dokumentiert Bobrowskis Briefgespräche mit rund 450 Personen. Darunter finden sich ein paar Briefe voller jugendlicher Schwärmerei an Ida Seidel, der er auch eigene Arbeitsproben anvertraute - dass sie für Hitler, während er für sie schwärmte, war dem jungen Soldaten noch nicht bewusst. Schwärmerei auf beiden Seiten dagegen kennzeichnete den Beginn der Freundschaft Bobrowskis mit Peter Huchel, der dem Jüngeren 1955 die Seiten der Literaturzeitschrift "Sinn und Form" öffnete. Als aber keine zehn Jahre später Huchel aus der Redaktion verdrängt wurde, schwieg Bobrowski: ängstlich oder opportunistisch. Nicht opportunistisch dagegen, sondern bemerkenswert entschieden meinte Bobrowski einmal zu Elisabeth Borchers, ihr Gedicht "eia wasser regnet schlaf", das später so oft zitierte und gerühmte aus ihrem 1960 bei Luchterhand erschienenen Band "gedichte", sei "nicht auf der Höhe des Übrigen".
Zu vielen Fragen der deutschen Nachkriegsliteratur bietet Meyers Edition, in der aus einsichtigen Gründen die Gegenbriefe auf Ausschnitte im Kommentar beschränkt sind, Material in Hülle und Fülle: Da begegnet etwa Joachim Moras, der Mitherausgeber des "Merkurs" und Redakteur des "Jahresrings", als Förderer des jungen Dichters Bobrowski, während der doch sonst eher irenisch gestimmte Lektor Bobrowski dem jungen Dichter Wolfgang Hilbig 1964 eine Abfuhr erteilt, die sich gewaschen hat: "Sie haben uns Ihre Gedichte geschickt, und wir haben sie gelesen. Bitte nehmen Sie es uns nicht übel, wenn wir Ihnen sagen, dass keins der Gedichte die nötige Reife und das nötige Gewicht für eine Veröffentlichung hat." In denkbar freundlichstem Ton dagegen erläutert Bobrowskis die eigenen Texte dem Literaturwissenschaftler Alfred Kelletat, etwa als dieser sich nach Details zu dem Gedicht "Wiederkehr" erkundigt hatte: "Ich freu mich sehr über Ihren Brief und bin ganz erschüttert, dass Sie nach Ort und Zeit fragen, das tut niemand sonst. Also WIEDERKEHR, das ist an der Jura, welche ein Fluss, nicht an der Memel, die heißt immer Strom. Ort: Dorf Motzischken, Blick vom linken Ufer, Nähe Friedhof, aufs rechte Ufer hinüber, das Wiesenufer, von dort dann vice versa."
Eine eher unbekannte Seite von Bobrowskis Arbeit als Lektor zeigt ein Brief, den er 1962 an Martin Seils schrieb, einen am Katechetischen Oberseminar (der späteren Kirchlichen Hochschule) zu Naumburg lehrenden Dozenten der Kirchengeschichte, den er als Herausgeber einer Auswahl der Werke Johann Georg Hamanns gewinnen wollte. Seils, der nach der Wende einen Lehrstuhl für Systematische Theologie in Jena innehatte, gehörte zu den führenden Editoren und Interpreten Hamanns. Bobrowski, engagiertes Mitglied seiner Kirche und Organist der Gemeinde, verlegte die Auswahl im Union Verlag unter dem Titel "Entkleidung und Verklärung" - eine Auswahl, durch die sich mittels Hamanns sokratisch-kryptischer Sprache seine Leser in der DDR mit der "Freiheit eines Christenmenschen" verständigen konnten.
HANS-ALBRECHT KOCH
Johannes Bobrowski: "Briefe 1937-1965". Hrsg. und kommentiert von Jochen Meyer. Wallstein Verlag, Göttingen 2017. 4 Bände, zus. 2724 S., geb., 199,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»wie eine kritische Literaturgeschichte der DDR« (Michael Braun, Der Tagesspiegel, 04.04.2017) »ein Leseabenteuer sondergleichen« (Matthias Weichelt, Die ZEIT, 06.04.2017) »Was Jochen Meyer (...) in seinen vor Details, Querverweisen und Anekdoten überbordenden Kommentaren geleistet hat, sprengt alle vorstellbaren Rahmen.« (Helmut Böttiger, Süddeutsche Zeitung, 07.04.2017) »Ein literarisches Großereignis.« (Richard Kämmerlings, Die Welt, 09.04.2017) »Eine spannende deutsch-deutsche Literaturgeschichte« (Helmut Böttiger, Deutschlandradio Kultur, 08.04.2017) »ein Ereignis« (Tom Schulz, Neue Zürcher Zeitung, 09.04.2017) »Eine Fundgrube zur deutschen Nachkriegszeit.« (Hans-Albrecht Koch, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.08.2017) »Nie zuvor war so viel detaillierte Information über Bobrowski zugänglich.« (Jürgen Joachimsthaler, literaturkritik.de, 05.04.2017) »Die alles überragende Publikation zum Jubiläum« (Thomas Mayer, Leipziger Volkszeitung, 18.04.2017) »Dass die Briefe von Johannes Bobrowski nun ediert sind, ist die eigentliche Sensation zu seinem 100. Geburtstag.« (Cornelius Hell, Die Presse, 08.04.2017) »opulent kommentierte Ausgabe« (Michael Braun, SR 2 BücherLese, 17.05.2017) »mustergültige Edition« (Manfred Papst, NZZ am Sonntag, 30.04.2017) »Diese Edition ist als herausragende verlegerische und herausgeberische Tat zu würdigen.« (Annerose Kirchner, annerose-kirchner.de, 25.09.2017) »Diese makellose Edition vergegenwärtigt den bedeutenden Dichter und den besonderen Menschen auf beglückende Weise.« (Roland Berbig, Zeitschrift für Germanistik XXVIII H. 2, 2018) »Eine gewaltige editorische Leistung« (Walter Hettche, Arbitrium 36(2), 2018) »Ein Glücksfall und eine Fundgrube, weit über die Bobrowski-Forschung hinaus.« (Andreas Degen, Editionen in der Kritik, 10/2018)