Der Briefwechsel zwischen Sigmund Freud und Max Eitingon ist die letzte große Schüler-Korrespondenz Freuds, die bisher unveröffentlicht war, und eine zentrale Quelle zur Geschichte der Psychoanalyse.Max Eitingon, der in Rußland geborene, in Leipzig aufgewachsene, in Zürich ausgebildete Psychiater jüdischer Herkunft, der von 1910 bis 1933 in Berlin lebte und dann nach Palästina emigrierte, wird darin erstmals in seiner ganzen Bedeutung für die Geschichte der Psychoanalyse faßbar. Seine Leistung lag hauptsächlich in den Bereichen Ausbildung, Organisation, Publikationswesen. Hier erwies er sich als tatkräftiger, diplomatisch kluger und kaufmännisch versierter Helfer Freuds. Als Mitglied einer reichen Pelzhändlerdynastie konnte er die Psychoanalyse auch immer wieder durch mäzenatische Zuwendungen unterstützen.
Im Bereich der Ausbildung spielte Eitingon eine Schlüsselrolle, insofern er 1920 das Berliner Psychoanalytische Institut gründete, das weltweit zum Modell psychoanalytischer Lehrstätten wurde. In der Folgezeit übernahm er den Vorsitz der Internationalen Unterrichtskommission, die sich bemühte, international einheitliche Richtlinien der psychoanalytischen Ausbildung aufzustellen. Der anhaltende, am Ende erfolglose Kampf auf dieser Ebene, den Eitingon im Einvernehmen mit Freud gegen den Widerstand vor allem der Amerikaner führte, wird im Briefwechsel der beiden Männer reich dokumentiert. In der nuancierten Erschließung dieser Vorgänge, an denen die Internationale Psychoanalytische Vereinigung fast zerbrochen wäre, liegt ein besonderes Verdienst der hier vorgelegten Edition.
Vielfältige Themen werden von den beiden Korrespondenten angeschnitten. Natürlich war Eitingon eine Hauptfigur der Geschichte der Psychoanalyse in Deutschland, vor allem nach dem Tod von Karl Abraham. Er war aber auch an der Schaffung einer psychoanalytischen Gruppe in Frankreich beteiligt. Als Präsident der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (1926-1932) bestimmte er deren Politik bei der Spaltung der Schweizer Zweiggesellschaft 1928 und bei der sich hinziehenden Gründung der Amerikanischen Psychoanalytischen Vereinigung. Das Jahr 1932, in dem Freud das Zentrum seiner Organisation von Berlin nach Wien zurückverlegte, wird in ungeahnter Weise als eine Schwelle der Psychoanalysegeschichte erkennbar. Ferner enthält der Briefwechsel wesentliche Dokumente zur Selbstgleichschaltung der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft 1933. Und er berichtet von der Gründung einer neuen psychoanalytischen Vereinigung in Palästina durch Eitingon und von deren Anfängen.
Eine besondere Rolle spielte Eitingon in der Geschichte des Internationalen Psychoanalytischen Verlags. Der vorliegende Briefwechsel läßt erkennen, wie wichtig diese Einrichtung, als Garant der publizistischen und damit der wissenschaftlichen Unabhängigkeit, für Freud war. Zugleich zeigt er mit aller Deutlichkeit, wie der Verlag permanent am Rande des Bankrotts lebte und nur durch ständige Zuschüsse über Wasser gehalten werden konnte.
Freud war nie bereit, die letzte Entscheidungsgewalt über das Schicksal seines Werks aus den Händen zu geben, und führte seine komplexe Organisation als eine Art Familienunternehmen. Eitingon war ein idealer Mitarbeiter für ihn, weil er bereit war, selbstlos und treu als Freuds rechte Hand zu fungieren. Da er die Position eines Quasi-Familienmitglieds erlangte, enthält dieser Briefwechsel mehr Mitteilungen als andere Schüler-Korrespondenzen über Freuds Familie und sein Privatleben (z. B. die Krebserkrankung). Die Persönlichkeit des Begründers der Psychoanalyse erscheint darin immer wieder menschlicher, lockerer oder auch grimmiger, als man sie sonst kennt.
Zur Edition: Die Briefe werden vollständig abgedruckt. Die Einleitung von Michael Schröter stellt anhand von Archivmaterial das bisher wenig bekannte Leben und Wirken von Eitingon dar. Der mit Hilfe zahlreicher veröffentlichter und unveröffentlichter Quellen erarbeitete Anmerkungsapparat bietet eine Fülle von Hintergrundinformationen. Den Briefen ist ein zusätzlicher Dokumentenanhang beigefügt.
Im Bereich der Ausbildung spielte Eitingon eine Schlüsselrolle, insofern er 1920 das Berliner Psychoanalytische Institut gründete, das weltweit zum Modell psychoanalytischer Lehrstätten wurde. In der Folgezeit übernahm er den Vorsitz der Internationalen Unterrichtskommission, die sich bemühte, international einheitliche Richtlinien der psychoanalytischen Ausbildung aufzustellen. Der anhaltende, am Ende erfolglose Kampf auf dieser Ebene, den Eitingon im Einvernehmen mit Freud gegen den Widerstand vor allem der Amerikaner führte, wird im Briefwechsel der beiden Männer reich dokumentiert. In der nuancierten Erschließung dieser Vorgänge, an denen die Internationale Psychoanalytische Vereinigung fast zerbrochen wäre, liegt ein besonderes Verdienst der hier vorgelegten Edition.
Vielfältige Themen werden von den beiden Korrespondenten angeschnitten. Natürlich war Eitingon eine Hauptfigur der Geschichte der Psychoanalyse in Deutschland, vor allem nach dem Tod von Karl Abraham. Er war aber auch an der Schaffung einer psychoanalytischen Gruppe in Frankreich beteiligt. Als Präsident der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (1926-1932) bestimmte er deren Politik bei der Spaltung der Schweizer Zweiggesellschaft 1928 und bei der sich hinziehenden Gründung der Amerikanischen Psychoanalytischen Vereinigung. Das Jahr 1932, in dem Freud das Zentrum seiner Organisation von Berlin nach Wien zurückverlegte, wird in ungeahnter Weise als eine Schwelle der Psychoanalysegeschichte erkennbar. Ferner enthält der Briefwechsel wesentliche Dokumente zur Selbstgleichschaltung der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft 1933. Und er berichtet von der Gründung einer neuen psychoanalytischen Vereinigung in Palästina durch Eitingon und von deren Anfängen.
Eine besondere Rolle spielte Eitingon in der Geschichte des Internationalen Psychoanalytischen Verlags. Der vorliegende Briefwechsel läßt erkennen, wie wichtig diese Einrichtung, als Garant der publizistischen und damit der wissenschaftlichen Unabhängigkeit, für Freud war. Zugleich zeigt er mit aller Deutlichkeit, wie der Verlag permanent am Rande des Bankrotts lebte und nur durch ständige Zuschüsse über Wasser gehalten werden konnte.
Freud war nie bereit, die letzte Entscheidungsgewalt über das Schicksal seines Werks aus den Händen zu geben, und führte seine komplexe Organisation als eine Art Familienunternehmen. Eitingon war ein idealer Mitarbeiter für ihn, weil er bereit war, selbstlos und treu als Freuds rechte Hand zu fungieren. Da er die Position eines Quasi-Familienmitglieds erlangte, enthält dieser Briefwechsel mehr Mitteilungen als andere Schüler-Korrespondenzen über Freuds Familie und sein Privatleben (z. B. die Krebserkrankung). Die Persönlichkeit des Begründers der Psychoanalyse erscheint darin immer wieder menschlicher, lockerer oder auch grimmiger, als man sie sonst kennt.
Zur Edition: Die Briefe werden vollständig abgedruckt. Die Einleitung von Michael Schröter stellt anhand von Archivmaterial das bisher wenig bekannte Leben und Wirken von Eitingon dar. Der mit Hilfe zahlreicher veröffentlichter und unveröffentlichter Quellen erarbeitete Anmerkungsapparat bietet eine Fülle von Hintergrundinformationen. Den Briefen ist ein zusätzlicher Dokumentenanhang beigefügt.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Caroline Neubaur stellt fest, dass in diesem Briefwechsel zwischen Sigmund Freud und Max Eitingon jenes aufgeregte "Klima" fehlt, das so viele andere Korrespondenzen des Begründers der Psychoanalyse präge. Das liegt daran, dass sich Eitingon aus Intrigen und Katastrophen innerhalb der psychoanalytischen Bewegung tunlichst heraushielt und sich insbesondere durch finanzielle Großzügigkeit, "Ausgeglichenheit und Beharrlichkeit" um die Psychoanalyse verdient machte, betont die Rezensentin, die gerade diese Eigenschaft Eitingons zu "würdigen" weiß. Während beispielsweise die Briefwechsel von Freud mit C. G. Jung oder Lou Andreas-Salome insbesondere für die theoretische Entwicklung der Psychoanalyse interessant sind, gibt der vorliegende Band vor allem Auskunft über die Entwicklung der psychoanalytischen Institutionen wie der psychoanalytischen Poliklinik in Berlin oder dem Internationalen Psychoanalytischen Verlag, erklärt Neubaur, die an dem Korrespondenzband besonders schätzt, dass er eine "Innenansicht" der Psychoanalytischen Gesellschaft zwischen den beiden Weltkriegen bietet. Die Einleitung von Herausgeber Michael Schröter rühmt sie als "abschließendes Wort zu Max Eitingon" und als interessanten "Begleitkommentar" zur Bewegung der Psychoanalyse. Abschließend gerät sie noch einmal bei der Betrachtung des "typografisch perfekten" Bandes ins Schwärmen, von dem sie schreibt, dass er ein schönes "Deja-vu-Erlebnis" biete, indem er an die Fischer-Ausgabe von Freud-Briefen in den 80er Jahren anknüpfe.
© Perlentaucher Medien GmbH
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