Kaum zwei andere Schriftsteller repräsentieren die deutsche Literatur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in so hohem Maße wie Thomas Mann und Hermann Hesse. In ihren Briefen führen sie einen politischen Meinungsstreit, eine Auseinandersetzung über Hitlers Barbarei und Deutschlands Zukunft. Der Band enthält 22 Abbildungen (Fotos und Dokumente).
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.07.1999Seelisch erholt
Hesse und Mann, postalisch
Es ist schön, daß dieses bewegende Zeugnis großer Briefkultur wieder erhältlich ist. Auch wenn man Verlag und Herausgeber die Prahlerei nicht abnehmen muß, daß es sich in Text und Kommentar um eine nennenswert erweiterte Ausgabe handle. Hinzu gekommen sind gegenüber der Version von 1975 lediglich drei unbedeutende Schreiben (ein Glückwunschtelegramm Thomas Manns, ein kurzer Brief an Ninon Hesse und ein unpersönliches Rundschreiben Hesses an seine Freunde). Der Erläuterungsteil ist geringfügig korrigiert, vereinzelt ergänzt und selten vertieft, nutzt aber die Möglichkeiten, die durch das Erscheinen der Tagebücher Thomas Manns, der kommentierten Ausgabe seiner Essays und zahlreicher seit 1975 veröffentlichter Briefwechsel nunmehr bestehen, nur ganz sporadisch aus. Der vormals dürre Kommentar hat sich zu einem mageren Kommentar weiterentwickelt, das ist alles.
Nun ist es zwar nicht Aufgabe einer Briefwechseledition, die Geschichte des Exils oder der Verlage S. Fischer und Suhrkamp zu schreiben. Aber bei aller gegenseitigen Wertschätzung der beiden Herren, aller seelischen Erholung, die sie beieinander fanden in den schweren Jahren des Dritten Reiches, sind sie politisch doch sehr verschiedene Wege gegangen. Daß Hesse weiter im Reich publizieren konnte, Thomas Mann aber nicht, das ist bei aller persönlichen Integrität eben doch nicht nur ein unglücklicher Zufall. In diesen und anderen Fragen hätte der Kommentar viel mehr erklärende Hintergrundarbeit leisten können.
Neu und schön und sympathisch und ausgewogen ist allerdings das Nachwort, in dem Volker Michels die Geschichte einer Freundschaft schreibt, deren menschliches Fundament die Politik nicht zerstören konnte. Auch wenn Thomas Mann tapfer den öffentlichen Kampf gegen die Nazis aufnahm, während Hesse sich nach außen striktes Schweigen auferlegte, wußte ihr Herz doch immer, daß die Politik nicht alles ist.
HERMANN KURZKE
Hermann Hesse - Thomas Mann: "Briefwechsel". Herausgegeben von Anni Carlsson und Volker Michels. S. Fischer Verlag und Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1999. 378 S., geb., 48,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Hesse und Mann, postalisch
Es ist schön, daß dieses bewegende Zeugnis großer Briefkultur wieder erhältlich ist. Auch wenn man Verlag und Herausgeber die Prahlerei nicht abnehmen muß, daß es sich in Text und Kommentar um eine nennenswert erweiterte Ausgabe handle. Hinzu gekommen sind gegenüber der Version von 1975 lediglich drei unbedeutende Schreiben (ein Glückwunschtelegramm Thomas Manns, ein kurzer Brief an Ninon Hesse und ein unpersönliches Rundschreiben Hesses an seine Freunde). Der Erläuterungsteil ist geringfügig korrigiert, vereinzelt ergänzt und selten vertieft, nutzt aber die Möglichkeiten, die durch das Erscheinen der Tagebücher Thomas Manns, der kommentierten Ausgabe seiner Essays und zahlreicher seit 1975 veröffentlichter Briefwechsel nunmehr bestehen, nur ganz sporadisch aus. Der vormals dürre Kommentar hat sich zu einem mageren Kommentar weiterentwickelt, das ist alles.
Nun ist es zwar nicht Aufgabe einer Briefwechseledition, die Geschichte des Exils oder der Verlage S. Fischer und Suhrkamp zu schreiben. Aber bei aller gegenseitigen Wertschätzung der beiden Herren, aller seelischen Erholung, die sie beieinander fanden in den schweren Jahren des Dritten Reiches, sind sie politisch doch sehr verschiedene Wege gegangen. Daß Hesse weiter im Reich publizieren konnte, Thomas Mann aber nicht, das ist bei aller persönlichen Integrität eben doch nicht nur ein unglücklicher Zufall. In diesen und anderen Fragen hätte der Kommentar viel mehr erklärende Hintergrundarbeit leisten können.
Neu und schön und sympathisch und ausgewogen ist allerdings das Nachwort, in dem Volker Michels die Geschichte einer Freundschaft schreibt, deren menschliches Fundament die Politik nicht zerstören konnte. Auch wenn Thomas Mann tapfer den öffentlichen Kampf gegen die Nazis aufnahm, während Hesse sich nach außen striktes Schweigen auferlegte, wußte ihr Herz doch immer, daß die Politik nicht alles ist.
HERMANN KURZKE
Hermann Hesse - Thomas Mann: "Briefwechsel". Herausgegeben von Anni Carlsson und Volker Michels. S. Fischer Verlag und Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1999. 378 S., geb., 48,- DM.
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