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Einer der wichtigsten Briefwechsel Paul Celans ist der mit Ilana Shmueli, einer Freundin aus Czernowitzer Jugendtagen und aus der Zeit des Ghettos. Nach Jahrzehnten der Trennung waren der berühmt gewordene Dichter und die mittlerweile in Israel lebende Ilana Shmueli einander 1965 in Paris wiederbegegnet. Aber erst im Oktober 1969, mit Celans Reise nach Israel, beginnt eine dichte Korrespondenz. Jerusalem und die Frau, die ihm Jerusalem zeigt, scheinen noch einmal ein Anker der Hoffnung, eine Rettung aus Vereinzelung und Verzweiflung. Und doch muß Celan, nach Paris zurückgekehrt, erkennen, "daß…mehr

Produktbeschreibung
Einer der wichtigsten Briefwechsel Paul Celans ist der mit Ilana Shmueli, einer Freundin aus Czernowitzer Jugendtagen und aus der Zeit des Ghettos. Nach Jahrzehnten der Trennung waren der berühmt gewordene Dichter und die mittlerweile in Israel lebende Ilana Shmueli einander 1965 in Paris wiederbegegnet. Aber erst im Oktober 1969, mit Celans Reise nach Israel, beginnt eine dichte Korrespondenz. Jerusalem und die Frau, die ihm Jerusalem zeigt, scheinen noch einmal ein Anker der Hoffnung, eine Rettung aus Vereinzelung und Verzweiflung. Und doch muß Celan, nach Paris zurückgekehrt, erkennen, "daß die Kräfte, die ich in Jerusalem hatte, geschwunden sind". Daran werden auch Ilana Shmuelis Paris-Besuche um die Jahreswende 1969/1970, die Utopie eines gemeinsamen Lebens, ihre beschwörenden und oft verzweifelten Briefe bis zum April 1970 entscheidend nichts ändern: zu klein sind die "Schilfe im Wasser", wie Ilana Shmueli diese Hoffnungsinseln selbst nennt.

Die intensive Korrespondenz in 130 erhaltenen Briefen, von denen manche an einem Tag verfaßt, unterbrochen, wieder aufgenommen, widerrufen oder ergänzt wurden, gibt ein äußerst anschauliches Bild der letzten Lebensmonate Paul Celans.

"Ich habe Dir ja die ganze Zeit nach Paris geschrieben in's Leere", formuliert Ilana Shmueli in einem Ausbruch von Bitterkeit, und doch ist der Briefwechsel neben den Gedichten dieser Zeit, die Paul Celan Ilana Shmueli zudachte und zusandte, ein einzigartiges Dokument des Vertrauens und der Liebe: "Du weißt, was meine Gedichte sind - lies sie, das spüre ich dann", heißt es in seinem letzten Brief an sie vom 12. April 1970.

Ende April nimmt er sich in Paris das Leben.
Autorenporträt
Paul Celan wurde am 23. November 1920 als Paul Antschel als einziger Sohn deutschsprachiger, jüdischer Eltern im damals rumänischen Czernowitz geboren. Nach dem Abitur 1938 begann er ein Medizinstudium in Tours/Frankreich, kehrte jedoch ein Jahr später nach Rumänien, zurück, um dort Romanistik zu studieren. 1942 wurden Celans Eltern deportiert. Im Herbst desselben Jahres starb sein Vater in einem Lager an Typhus, seine Mutter wurde erschossen. Von 1942 bis 1944 musste Celan in verschiedenen rumänischen Arbeitslagern Zwangsarbeit leisten. Von 1945 bis 1947 arbeitete er als Lektor und Übersetzer in Bukarest, erste Gedichte wurden publiziert. Im Juli 1948 zog er nach Paris, wo er bis zum seinem Tod lebte. Im selben Jahr begegnete Celan Ingeborg Bachmann. Dass Ingeborg Bachmann und Paul Celan Ende der vierziger Jahre und Anfang der fünfziger Jahre ein Liebesverhältnis verband, das im Oktober 1957 bis Mai 1958 wieder aufgenommen wurde, wird den posthum veröffentlichten Briefwechsel Herzzeit zwischen den beiden bestätigt. November 1951 lernte Celan in Paris die Künstlerin Gisèle de Lestrange kennen, die er ein Jahr später heiratete. 1955 kam ihr gemeinsamer Sohn Eric zur Welt. Im Frühjahr 1970 nahm sich Celan in der Seine das Leben
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.04.2004

An den Toren der Vergeblichkeit
Nähe war vom Dichter nicht vorgesehen: Der beeindruckende Briefwechsel von Paul Celan und Ilana Shmueli

Von Abu Tor aus, südlich von Jerusalem gelegen, sehen Paul Celan und Ilana Shmueli im Oktober 1969 auf die Altstadt. Es ist spät am Nachmittag, die Mauern scheinen im Licht. Die Idylle trügt. Die Stationen des Spaziergangs, der sie bis hierher führte, hat Shmueli aufgezeichnet: Skopusberg, American Colony Hotel, Bethlehem. Celan rechnet mit den historischen Abgründen. "Der Blick auf die Stadt, die Kuppeln der Moscheen beherrschen das Bild - trotz allem", hält Shmueli in den Notaten fest, um die Celan sie gebeten hat, und erinnert dann an das Gahenna-Tal, das sie von Abu Tor aus ebenfalls gesehen haben und das seinen Namen vom hebräischen Wort für "Hölle" hat: Dort opferte man die Kinder dem Moloch. In gleicher Weise leitet Celan den Blick von der goldenen Kuppel des Felsendoms, die aus allem hervorsticht, zu den Mauern des Tempels darunter. Schließlich nur ein eiliger Besuch bei der Klagemauer: "Keine Ausgrabungen bitte", mahnt er sie, denn Celan gibt der Tiefe streng den Sinn der Lage hier und jetzt. Die Sorge um Israel angesichts seiner politischen, militärischen Bedrohung und die Gefährdung einer prekären Liebesbeziehung stehen im Mittelpunkt.

Celan wechselt nach seinem Besuch in Israel regelmäßig Briefe mit Shmueli, sechs Monate lang bis kurz vor seinem Suizid im April 1970. Oft legt er Gedichte bei oder schickt sie an Briefes Statt. Meist sind es neue Gedichte, die posthum 1976 als zweiter Zyklus des Bands "Zeitgehöft" erscheinen und im Manuskript noch mit "Ilana" überschrieben sind. Paul und Ilana kennen sich seit ihrer Kindheit in Czernowitz: Beide gingen ins Exil, er nach Paris, sie nach Israel. Unverhofft treffen sie sich 1965, zwanzig Jahre später, in Paris. Shmueli lädt ihn sogleich ein und zitiert auf hebräisch aus dem Buch Jeremia, 40, wo Jerusalem zum Ort für die verstreuten Juden wird. Sie setzt ein Zeichen, das Celan so nicht aufgreift: Er zögert und kommt erst vier Jahre später für knappe drei Wochen; danach gewinnt ihre Leidenschaft in den Briefen Gestalt und Leben.

Ilana tritt an die Stelle der anderen Frauen, und wie früher konstruiert Celan mit dichterischen Parolen eine Erinnerung, um bestehen zu können. Nur einmal noch sehen sie sich, als Shmueli über die Weihnachtszeit und im Januar 1970 nach Paris fährt. Später wird er ihr schreiben: "Ich denke an den Nachmittag und Abend in Paris, ich höre Dich, wie Du daliegst, nebenan, durchdrungen, eröffnet, wie Dein Atem geht, hörbar hörbar." Erstaunt von der späten Möglichkeit einer ausgelassenen und mehr noch verzweifelten Liebe, schließt Celan sie dennoch aus. Nach Paris beginnt er - in großer Freundlichkeit - zu verstummen: Die Gedichte, die er ihr schickt, gehören zu einem neuen Zyklus. Er weiß es schon und sagt es ihr.

Hundertunddreißig Briefe hin und her und 26 Gedichte Celans teilen Ilana Shmueli und Thomas Sparr nun mit, kommentiert und umsichtig ergänzt durch einzelne Dokumente; leider fehlen drei Briefe Shmuelis, die im Deutschen Literaturarchiv aufbewahrt werden, darunter der erste vom September 1965. Der Band nimmt dem Leser den Atem. Er spitzt die Frage zu, die nach der Veröffentlichung des Briefwechsels zwischen Celan und seiner Frau Gisèle Celan-Lestrange auf neue Weise zu stellen war: Ist das die Biographie des Dichters? Shmueli weiß um die schutzlosen, oft - und gerade im Schmerz - hemmungslosen Briefe und begleitet die Edition mit einem Nachwort. Sie kommentiert darin ihre Erinnerungen, denn sie hat Scheu vor der Preisgabe der Korrespondenz und fürchtet, die "Menschenwürde" Celans zu verletzen. Dies zeugt von ihrem Verständnis für Celans dichterische Problematik, das sie schon als Briefpartnerin ehedem aufbrachte.

Celan hat seine Briefe stets auf die Dichtung hin geschrieben: Die Gedanken, die er in Gedichten aufgreift, wollen schon vorher in eine sprachliche Form gebracht werden. Den Briefen, die er schreibt und die er erhält, kommt daher eine besondere Rolle zu. Sie dienen dem Willen des Dichters wie der Knecht dem Herrn. Nur in dem Maß, in dem die Briefe gelingen, hält er als Person stand. Die Briefe an Ilana Shmueli zeigen ihn mit Ansprüchen an sich und an sie; sie zeigen ihn auch in seiner Schwäche, unerreichbar und unzureichend zugleich. In der Kurve der Korrespondenz wird erneut deutlich, woran er starb: an Erschöpfung.

Als "Goldboje" taucht die Kuppel des Felsendoms am 7. November 1969 im Gedicht wieder auf und geht von da in die idiomatische Sprache der Briefe ein: "Das Leuchten, ja jenes, das / Abu Tor / auf uns zureiten sah, als wir / ineinander verwaisten, vor Leben / nicht nur von den Handwurzeln her -: // eine Goldboje, aus / Tempeltiefen, / maß die Gefahr aus, die uns / still unterlag." Celan zitiert das Licht der jüdischen Mystik, in dessen Glanz Gott sich zeige. Doch für ihn steht das Leben am Anfang und gibt die Kraft, die die Liebenden benötigen, um zueinanderzukommen: Diese Kraft erst vereinzelt sie, macht sie zu Waisen. Auch "von den Handwurzeln her": Das Gedicht hat daran einen Anteil, denn in Celans Sprache schreibt die "Hand". Im Rhythmus des Gedichts, das wie ein Ort das Geschehen betrachtet, kommt das "Leuchten" auf die beiden zu. Celan überträgt den Rhythmus des Gedichts auf die sinnliche Liebe. Nicht das Leuchten der Moschee kommt auf sie zu, sondern "jenes": das andere, schon resemantisierte, das von der "Goldboje" ausgeht, die über den Tempeltiefen schwimmt und Halt gibt, weil sie die Gefahr kennt, die heute im Verhältnis von Arabern und erneut bedrohten Juden liege. Das Wesentliche offenbare sich in jener unüberbrückbaren Situation.

Davon sprechen sowohl die Horizontale als auch die Vertikale des Gedichts, das am Tag nach Nassers Rede vom Krieg als einzigem Mittel gegen Israel entsteht. Zur gleichen Zeit bekennt Celan, daß seine Kräfte schwinden. Die "Goldboje" soll den beiden einzigen Wahrheiten Halt geben, die er in seiner radikalen, materialen Kritik anerkannte: eine körperliche und die nicht verdeckte Wahrheit der politischen, der historischen Ereignisse. Celan schreibt ihr einige Wochen später: "Die Goldboje muß heraufkommen, damit die Gefahr unterliegt. Dann - jetzt? - umarme ich Dich. Natürlich denke ich unausgesetzt an Israel."

Die Rettung im Gedicht ist konkret und setzt sein Judentum voraus, das er Jerusalem und Ilana gegenüber schärft. Dieses Judentum ist er selbst in seiner Einsamkeit. In der Rede vor dem hebräischen Schriftstellerverband am 14. Oktober 1969 in Tel Aviv spricht er von der "jüdischen Einsamkeit", die seiner Dichtung ähnlich sei: "Und ich finde hier, in dieser äußeren und inneren Landschaft, viel von den Wahrheitszwängen, der Selbstevidenz und der weltoffenen Einmaligkeit großer Poesie. Und ich glaube, mich unterredet zu haben mit der gelassen-zuversichtlichen Entschlossenheit, sich im Menschlichen zu behaupten." Das ist diplomatisch zu den Zuhörern hin gesagt, ein wenig adaptiert, ohne indes falsch zu sein: Weder nach einem sakralen "himmlischen Jerusalem" noch nach einer Heimkehr zu den Vätern steht ihm der Sinn.

Ilana mußte fremd sein, um ihm in seiner Fremdheit beistehen zu können. Und sie soll ihm etwas von ihrer Zugehörigkeit vermitteln, um ihm nahezukommen. Nähe war letztlich nur in der Repräsentation eines "Wir" vorgesehen. Einmal geht sie auf diese Dialektik ein und protestiert gegen die ihr zugewiesene Rolle. "Auch schreibe ich wenig von dem was Du von mir erwartest - Wir - Wir - in Israel - Israel ich weiß so wenig darüber zu sagen." Und über das "Land, das sein Volk auffrißt": "Ein heilloses Durcheinander - auch Goldbojen und Tempeltiefen und Du und Ich an den Toren der Vergeblichkeiten, an die Du uns verbannst, verbannen willst - Ich will nicht!" Da ist das System schon zusammengebrochen, das sie zuvor als lebensnotwendig erlebt. Alles dreht sich um Celans Gedichte: "und erst die Gedichte, und zuletzt die Gedichte", sagt sie. Celan schreibt in Paris und zeichnet gleichsam seine Reise nach. Alles ist Konstruktion, von der Begegnung mit der Jugend angefangen, und Shmueli tritt darin ein: Seine Gedichte sind für sie Gegenworte gegen die eigene Melancholie, denn sie handeln wider die Vernunft. Die immer konkreten dichterischen Entscheidungen, die so zustande kommen und an die er sich hält, nennt sie absurd. Aus Celans Meridianrede gibt sie der Entscheidung den Namen "Atem": "Es gibt Atem, es gibt tausend Sehensmöglichkeiten", versichert sie. Und nimmt aus jener Rede auch die Parole, der die dichterische Sprache folge: den Ruf von Büchners Lucile, den Celan zitierte und an den sich nun auch seine Geliebte hält: "Es lebe der König." Für ihn besteht die Majestät des Absurden darin, Reden zu halten, die der Situation nicht entsprechen, um so die Dinge richtig auszudrücken.

Von den Gedichten erhalten auch die Briefe ihren Sinn und finden Eingang in die so geschaffene Welt. Ihre idiomatische Redeweise zehrt vom dichterischen Vokabular Celans. Man kann geradezu die Dynamik der Korrespondenz entlang der sich ablösenden und oft wieder verknoteten Hauptwörter und Losungen verfolgen: "wissen", "sagen", "Dauer", "Hand", "Tiefe", "hoffen", "Goldboje", "gegen", "stehen". Celans Klage etwa über "ein fast totales Down" greift die figura etymologica "vertieft uns die Tiefe" aus dem Gedicht "Das Wort vom Zur-Tiefe-Gehn" auf, an das er über Jahre hin sich mit Gisèle geklammert hat. Die "Goldboje" ist ein naheliegendes Exempel. Auch die nachgestellten Einreden und die den Sinn schrittweise verändernden, gänzlich unrhetorischen Wiederholungen kennt man aus den Gedichten. Shmueli nimmt sich schließlich ein Beispiel daran und schreibt wie er: "Hoffe, hoffe ein stilles Hoffen kein zu großes."

Was versteht, wer wie Celan spricht, von Celan? Man staunt über Shmuelis Einblick in die Notwendigkeit, der er sich aussetzt: Mit der Vita in den Gedichten halte er stand. Oft hat er in der Goll-Affäre betont, daß sein Leben dort zu finden sei. Früher als die meisten Zeitgenossen hat Shmueli seine Gedichte zu lesen gewußt. Doch Celan erlebt in seiner Liebe für sie eine Machtkonzentration, die er fürchtet. Immer wieder mahnt er: "Du sei wie Du", "daß Du aus Dir machst, was Du bist", oder er verspricht: "Über Dich trag ich Dich zu mir." Er kommt diesmal nicht zu einer Dichterin wie Ingeborg Bachmann, und es steht nicht die deutsche Sprache nach dem Mord an den Juden auf dem Spiel. Die Schwäche zeigt sich auch in der Wahl.

Nach dem "Ilana"-Zyklus schickt Celan ein makabres Abschiedsgedicht: "Die Welt, Welt / in allen Fürzen gerecht, // ich, ich, / bei dir, dir, Kahl- / geschorne." Was soll das schon für eine Welt sein, spottet das Gedicht: Weniger als so eine kleinste, lächerliche Gerechtigkeit lasse sich kaum denken. Diese absolute Ironie trifft das "Ich", und es fragt sich, wo es denn gelandet sei: bei einer Kahlgeschorenen! Also bei diesem "Du" auch Untergang und Vernichtung. Shmueli reagierte schockiert, aber sie war vielleicht gar nicht mehr gemeint. In einer früheren Fassung des Gedichts trug die Kahlgeschorene einen Namen: "Mirjam" - Celan erinnert an Ruth, Noëmi und Mirjam in dem Gedicht "In Ägypten", entstanden 1948, wo das "Ich" die ermordeten jüdischen Frauen im Bett der "Fremden" rächt. Schon in den frühen Gedichten Celans gibt es mehr Erotisches, als man gemeinhin annimmt. Doch die Erotik gewinnt in diesem Buch ein für ihn bis dahin ungekanntes Gewicht und durchschlägt sein Idiom. Die Gedichte und seine Briefe bringen nicht mehr die Kraft der Gegenwehr gegen diese "konstruierte" Konzentration auf, auch nicht gegen die eigene Sprache. "Ich will nicht rechten - ich kann es auch nicht mehr richtig."

Die in der Schwäche wachsende Bedeutung des "Biographischen" drängt Ilana Shmueli in ihren Erinnerungen - zugunsten seiner Suche nach "Jerusalem" - zurück und weiß sich eins mit den Theologen unter den Literaturwissenschaftlern. Doch ihr ist auch in den Briefen nur mehr die verzweifelte Montage eines leeren Idioms geblieben, als Celan sich ihrem Protest entzieht. "Ein heilloses Durcheinander."

Paul Celan/Ilana Shmueli: "Briefwechsel". Herausgegeben von Ilana Shmueli und Thomas Sparr. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2004. 250 S., 12 Abb., geb., 20,80 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Sabine Franke ist sehr bewegt von der Lektüre des Briefwechsels zwischen dem Dichter Paul Celan und seiner Jugendfreundin Ilana Shmueli, die Celan noch aus Czernowitz kannte. Shmueli war während des Krieges nach Israel emigriert, die beiden trafen sich Mitte der sechziger Jahre wieder, als Celan schon in schlechter psychischer Verfassung war. Shmueli nahm die Herausforderung einer Liebesbeziehung dennoch an, Celan wiederum reiste 1969 das erste und einzige Mal nach Israel, anschließend setzte der intensive Briefwechsel ein, der bis zu Celans Selbstmord dauern sollte. Auch wenn sich Shmueli häufig bei Celan für ihre vermeintliche Unterlegenheit entschuldigt, kann Franke kein Ungleichgewicht zwischen den beiden Briefpartnern feststellen. Etwa zwanzig Gedichte Celans sind im Rahmen des Briefwechsels entstanden, auch sie sind dieser sorgfältig zusammengestellten und kommentierten Edition beigegeben: und zwar genau wie die Briefe in chronologischer Reihenfolge. Das ist zwar gelegentlich verwirrend, gesteht Franke, weil sich Briefe überschnitten haben, andererseits sei der Leser damit auf dem authentischen Stand des Informationsflusses zwischen den beiden. Ein Interview mit Celan zur deutschen Nachkriegslyrik, ein Bericht Shmuelis von Celans Israelreise und die Erinnerung Israel Chalfens an eine Vorlesung Celans in Jerusalem ergänzen diesen mit größter Vorsicht und höchster Sorgfalt gemachten Band, der Celans letzte Liebesbeziehung sowie sein zwiespältiges Verhältnis zu Israel spiegelt, lobt die Rezensentin.

© Perlentaucher Medien GmbH
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