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Der Briefwechsel zwischen der Gründerin des Allensbacher Instituts für Demoskopie und dem deutschbaltischen Autor Fred von Hoerschelmann.Nach der Werkausgabe erscheint nun der 338 Briefe umfassende Briefwechsel Fred von Hoerschelmanns mit Elisabeth Noelle-Neumann, der Gründerin des Allensbacher Instituts für Demoskopie. Dieser Briefwechsel, der sich über eine Zeitspanne von mehr als 40 Jahren erstreckt - sie war fünfzehn, er dreißig, als sie ihm erstmals schrieb -, gewährt Einblicke in eine ungewöhnliche Freundschaft und in die zeitkritisch-reflektierende Auseinandersetzung zweier…mehr

Produktbeschreibung
Der Briefwechsel zwischen der Gründerin des Allensbacher Instituts für Demoskopie und dem deutschbaltischen Autor Fred von Hoerschelmann.Nach der Werkausgabe erscheint nun der 338 Briefe umfassende Briefwechsel Fred von Hoerschelmanns mit Elisabeth Noelle-Neumann, der Gründerin des Allensbacher Instituts für Demoskopie. Dieser Briefwechsel, der sich über eine Zeitspanne von mehr als 40 Jahren erstreckt - sie war fünfzehn, er dreißig, als sie ihm erstmals schrieb -, gewährt Einblicke in eine ungewöhnliche Freundschaft und in die zeitkritisch-reflektierende Auseinandersetzung zweier Intellektueller mit den gesellschaftlichen Umbrüchen, die sie durchlebten: Vom Zusammenbruch der Weimarer Republik über das NS-Regime zur Nachkriegszeit, der Ära Adenauer und dem kulturellen Wandel im Zuge der 68er-Bewegung. Die Briefedition, um ein Vorwort, ein Nachwort sowie einen Kommentar ergänzt, erschließt zahlreiche bisher unbekannte Quellen zu Leben und Werk von Elisabeth Noelle-Neumann und Fredvon Hoerschelmann und eröffnet damit auch neue Perspektiven für die Forschung.
Autorenporträt
Elisabeth Noelle-Neumann (1916-2010) gründete 1947 das Institut für Demoskopie Allensbach, das sich bald als eines der führenden Umfrageinstitute in Deutschland etablierte. Von 1965 bis 1983 war sie Professorin für Publizistik an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Als Pionierin der Meinungsforschung und Beraterin der Bundeskanzler Konrad Adenauer und Helmut Kohl zählte die 'Pythia vom Bodensee' zu den prägenden Figuren der Bundesrepublik.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.07.2021

Was steckt hinter den Masken?
Der Briefwechsel zwischen Fred von Hoerschelmann und Elisabeth Noelle-Neumann

"Die Deinigen sind immer viel präziser und haben oft das, was Du Bericht nennst. Meine wirken aus dieser ferne, wie ich mit einiger Bestürzung feststellte, immerfort täuschend wie Liebesbriefe." Als Fred von Hoerschelmann das an Elisabeth Noelle-Neumann im August 1944 schrieb, führten die beiden bereits seit gut zwölf Jahren eine enge Brieffreundschaft, die noch bis zum Lebensende von Hoerschelmann 1976 halten sollte. Die Briefe zwischen dem deutschbaltischen Hörspielautor, der zu den Erfindern der radiophonen Dramatik in Deutschland zählte, und der als "Pythia vom Bodensee" fernsehbekannten Elisabeth Noelle-Neumann, die die politische Meinungsforschung in Deutschland mit etablierte, lassen die Beziehung der beiden eigenwilligen Persönlichkeiten lebendig hervortreten. Die Edition des Briefwechsels ergänzt die im letzten Jahr erschienene Gesamtausgabe Fred von Hoerschelmanns, in der nicht nur die Manuskripte seiner Hörspiele zusammengetragen wurden, sondern auch seine Erzählungen, Theaterstücke und Gedichte.

Der Impuls zur Korrespondenz ging im Frühsommer 1932 von der damals fünfzehnjährigen Schülerin Elisabeth Noelle aus, die ein Foto des mehr als doppelt so alten Hörspielautors in der "Funkstunde" entdeckt hatte. Sie schrieb ihm, weil sie festgestellt habe, dass er eines der jüngeren Gesichter in der Zeitschrift war. Er antwortete ihr mit einem leider nicht überlieferten Brief. So entwickelte sich ein über vierzig Jahre dauernder Austausch. Dabei spielten die Fotos, Noelle hatte ihm sogleich auch eigene geschickt, eine wichtige Rolle. Sie standen auf des jeweils anderen Schreibtisch, wurden betrachtet und zum Gegenstand von (Selbst-)Reflexionen über die bildlichen Oberflächen des Selbst als Maske auf der Suche nach dem Charakter und dem "echten" Menschen hinter dem Bildnis.

Diese Frage bildet eine untergründige Thematik des Briefwechsels. Beide thematisierten die inneren Auseinandersetzungen und das dazu in Spannung stehende äußere Verhalten: Bei von Hoerschelmann ist dies bereits in seinem ersten Hörspiel "Flucht vor der Freiheit" erkennbar; bei Noelle-Neumann verschob sich das Interesse während einer längeren Krankheitsphase 1943 hin zu der von ihr in den Vereinigten Staaten entdeckten Meinungsforschung. Sie vermied es allerdings in ihren Briefen, auf die von ihr als Demoskopie bezeichnete Meinungsforschung einzugehen. Schnitt sie das Thema doch einmal an, betonte sie, dass sie dies eigentlich nicht habe tun wollen, so am 4. März 1958 nach einer im Radio übertragenen Diskussion mit Carlo Schmid über "Intellektuelle und Politik".

In der Korrespondenz beschäftigen sich die beiden mit Literatur, Malerei, Musik, Fotografie und auch Büchern über Psychologie. Alltagsfragen und Lieblingsbücher machen die roten Fäden der Korrespondenz aus. Von Hoerschelmann wirkte dabei nicht nur wie ein Freund, sondern in den ersten Jahren auch wie ein Mentor, der sie zur Beschäftigung mit Literatur bringt, während sie ihn davon überzeugte, intensiver Musik zu hören.

Politik war für beide kein Thema. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten taucht wie alle anderen politischen Ereignisse lediglich in Anspielungen auf. Nur zu Beginn des Briefwechsels tritt das Thema etwas deutlicher hervor. So stellt Noelle-Neumann im Zuge ihrer ersten Beschreibungen des neuen Schullebens in Salem fest, dass sie sich schon im Alter von zwölf Jahren intensiv für Politik interessierte habe. Für kurze Zeit habe sie mit der NSDAP sympathisiert, was sie vor allem auf das Vorbild ihrer Eltern zurückführt, dann aber doch gesehen, dass das politische Programm fehlerhaft sei, weswegen sie eher liberal und eigentlich gemäßigt konservativ wählen würde (30. Januar 1933). Von Hoerschelmann stimmte ihr in ihrer "prinzipiellen Gesinnungslosigkeit" zu und hoffte in seiner Antwort, "so lange es irgend geht, in Deutschland zu bleiben", und dass sich die "augenblicklich barbarische Oberfläche" beruhigen würde, obgleich "unter dem Vorwand der Volkstümlichkeit eine Mittelmäßigkeit großgezüchtet (würde), die geradezu beängstigend" sei. Danach finden sich in den Briefen höchstens noch Andeutungen über die gemeinsame Verachtung der neuen Herrscher Deutschlands - und am Ende des Zweiten Weltkriegs eine gewisse Verachtung für die Deutschen, die ihrer Gesinnung verhaftet blieben, aber auch für die Alliierten, die nicht genug dagegen täten.

Der sorgfältig edierte Briefwechsel wirft Licht auf die persönliche und wissenschaftliche Entwicklung Noelle-Neumanns. Die ausführliche Kommentierung lohnt fast eine eigenständige Lektüre. Ausführlich wird in ihr aus anderen Archivalien des Nachlasses von Noelle-Neumann zitiert, der in privater Hand ist. Es wäre wichtig, ihn nun auch öffentlich zugänglich zu machen, um Historikern zukünftig eine eigene Prüfung der Quellen zu ermöglichen.

ANJA KRUKE.

"Fred von Hoerschelmann / Elisabeth Noelle-Neumann". Briefwechsel.

Hrsg. von Hagen Schäfer und Ralph Erich Schmidt.

Wallstein Verlag, Göttingen 2021. 1112 S., geb., 39,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensentin Anja Kruke lobt Hagen Schäfers und Ralph Erich Schmidts Edition des Briefwechsels zwischen Fred von Hoerschelmann und Elisabeth Noelle-Neumann. Die Briefe des Hörspielpioniers und der Meinungsforscherin drehen sich laut Kruke weniger um Politik und um die Arbeit der beiden Autoren, als um die Spannung zwischen Innen und Außen einer Person, um Alltagsfragen, Literatur, Kunst und Psychologie. Der ältere Hörspielautor fungiert dabei laut Kruke als Mentor und Freund. Den ausführlichen Kommentar findet Kruke besonders lesenswert.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Der sorgfältig edierte Briefwechsel wirft ein Licht auf die persönliche und wissenschaftliche Entwicklung Noelle-Neumanns. Die ausführliche Kommentierung lohnt fast eine eigenständige Lektüre.« (Anja Kruke, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.07.2021) »Hagen Schäfer und Ralph Erich Schmidt haben den Briefwechsel jetzt in einer (...) erfreulich intensiv kommentierten Ausgabe des Wallstein Verlags herausgegeben. (...) eine einzigartige wissenschafts- und zeithistorische Quelle. (Lutz Hachmeister, Medienkorrespondenz, 25/26 2021) »Es macht Spaß, die 343 Briefe zu lesen (...) Dies gilt auch deshalb, weil die beiden Herausgeber in jeder Hinsicht viel investiert haben.« (Michael Meyen, Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte, 23/2021) »Ergiebig, weil fantastisch ediert und kommentiert, ist der Briefwechsel Noelles mit dem deutlich älteren Jugendfreund Fred von Hoerschelmann, der sich über den Zeitraum von 1932 bis 1976 erstreckt.« (Rainer Hank, Die Pionierinnen: Wie Journalistinnen nach 1945 unseren Blick auf die Welt veränderten, Penguin Verlag 2023, S. 348)