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Jeannine Maran ist eine einsame Frau. Seit acht Tagen weilt sie mit ihrem Jugendfreund Harald und der geliebte Dogge Tommy in Florenz. Alkohol und Ennui bestimmen ihren Tagesablauf, bis Jeannine beschließt, einen wichtigen Ort ihrer Kindheit, eine Villa am Meer, wiederaufzusuchen. Als Jeannine 16 war, verbrachte sie dort einen Sommer - und verliebte sich in ihren älteren Cousin Andy. Jeannine liebt Andy noch immer, hat ihn aber aus den Augen verloren. Im Zug lernen Jeannine und Harald den bekannten Schauspieler Mathieu Corodi kennen, und da es nur ein Hotel im Ort gibt, mieten sich alle drei…mehr

Produktbeschreibung
Jeannine Maran ist eine einsame Frau. Seit acht Tagen weilt sie mit ihrem Jugendfreund Harald und der geliebte Dogge Tommy in Florenz. Alkohol und Ennui bestimmen ihren Tagesablauf, bis Jeannine beschließt, einen wichtigen Ort ihrer Kindheit, eine Villa am Meer, wiederaufzusuchen. Als Jeannine 16 war, verbrachte sie dort einen Sommer - und verliebte sich in ihren älteren Cousin Andy. Jeannine liebt Andy noch immer, hat ihn aber aus den Augen verloren. Im Zug lernen Jeannine und Harald den bekannten Schauspieler Mathieu Corodi kennen, und da es nur ein Hotel im Ort gibt, mieten sich alle drei dort ein ...Mit feiner Klinge analysiert Lederer, was am ewigen Missverständnis zwischen den Geschlechtern schuld ist: Komplexe, Obsessionen, kindliche Kränkungen, Rollenvorgaben, ungleich verteilte und durchaus wechselnde Stärken und Schwächen. Nicht selten scheitern die Figuren - Männer wie Frauen - daran, dass sie sich und ihrem Gegenüber etwas vorspielen, was sie nicht sind. So entstehen ausdifferenzierte psychologische Porträts aller Akteure, selbst nur flüchtig auftretende Figuren erhalten eine Tiefendimension.Nach Erscheinen ihres ersten Romans "Das Mädchen George" wurde Lederer der Titel "deutsche Colette" verliehen. Im Juli 1935 wurde ihr gesamtes literarisches Werk verboten. "Bring mich heim" erschien erstmals 1932, Lederer verarbeitete darin ihre Liebesgeschichte mit Hans Albers.
Autorenporträt
Geb. 1904 in Wien. Lederer besuchte die Privatschule von Eugenie Schwarzwald. Später engagierten sie Hugo Bettauer und Rudolf Olden als Sekretärin ihrer Zeitschrift "Bettauers Wochenschrift". Bettauer wurde 1925 in seinem Büro von einem Nationalsozialisten erschossen. Ab 1926 lebte Lederer als Privatsekretärin Balder Oldens in Berlin und debütierte dort mit ihrem Roman Das Mädchen George. Neben Romanen und Novellen, die nun in rascher Folge erschienen, schrieb sie auch für den Film. Im Juli 1935 wurde ihr literarisches Werk verboten. Lederer emigrierte nach Shanghai und arbeitete dort als Kindermädchen. Tuberkulosekrank kehrte sie nach Wien zurück. Nach vielen vergeblichen Versuchen bekam Lederer 1939 ein Domestic permit, das ihr die Einreise nach Großbritannien erlaubte. Bis 1943 war sie Stubenmädchen im Hause des Industriellen Gordon Turner, wo sie u. a. ihre Kollegen Hilde Spiel, Stéphane Roussel und Peter de Mendelssohn wiedertraf. Nach dem Krieg ließ sie sich in München niede

r. 1973 gehörte Lederer zu den Opfern des sogenannten Deschskandals, bei dem der Verleger Kurt Desch viele seiner Autoren um ihre Tantiemen gebracht hatte. Somit blieben ihre finanziellen Probleme weiterhin schier unlösbar. Im Alter von 82 Jahren starb Joe Lederer fast vergessen am 30. Januar 1987 in München.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.05.2019

Whiskey, Cognac, Zuckerveilchen
Die Schriftstellerin Joe Lederer sucht in "Bring mich heim" ein Zuhause

Joe Lederer war 28 Jahre alt, als ihr Roman "Bring mich heim" 1932 in Berlin erschien. Vier Jahre zuvor hatte sie ihren Debütroman "Das Mädchen George" veröffentlicht, der auf Anhieb große Resonanz beim (hauptsächlich weiblichen) Publikum fand. Sie gehörte einer Generation an, die in den zwanziger Jahren mit großer Anerkennung und Erfolg die literarische Bühne betrat, und nach dem Krieg in Vergessenheit und Armut versank. Sie war im besten Sinne eine Unterhaltungsschriftstellerin, so wie einst auch Vicki Baum oder Irmgard Keun damals hoch im Kurs standen. Selbstironisch charakterisierte Vicki Baum ihre eigene Rolle: "Ich bin eine erstklassige Schriftstellerin zweiter Güte" - das galt wohl für die meisten.

Die Jahre zwischen 1871 und dem Ende der Weimarer Republik waren eine Blütezeit für junge, kecke, emanzipierte Frauen, die es wagten, vom Schreiben zu leben. Das Leben der in Wien geborenen Joe (Josefine) Lederer war ein typisch weibliches Schicksal jener Zeit. Sie hatte das Glück, ein paar Jahre das Privatgymnasium von Eugenie Schwarzwald in Wien zu besuchen, dann starb der Vater, das Geld reichte nicht mehr, und es folgten zwei Jahre Handelsschule. Abitur oder Studium waren außerhalb jeder Möglichkeit. Zunächst arbeitete Joe, die ihren Namen bewusst vermännlichte, als Sekretärin in Wien, 1926 zog es sie nach Berlin, dem literarischen Zentrum in der Mitte Europas. Das Sekretärinnenleben ließ sie bald hinter sich, sie wollte frei sein. Ihr Schriftstellerkollege Robert Neumann schrieb über sie in der "Literarischen Welt" anerkennend und zugleich männlich süffisant: "Klein, grazil, jung, attraktiv - sie war ein literarisches Wunderkind, bevor Hitler kam; was sie schrieb war erotisch und aufs erfreulichste lesbar."

Ihr dritter Roman "Bring mich heim" schildert die junge, übermütige Jeannine Maran, die ihr Leben zwischen verschiedenen Männern auszukosten versucht. Whiskey und Cognac sind treue Gefährten, sie liebt laute Musik aus dem Grammophon, nascht verzuckerte Veilchen und tanzt durchs Leben, immer auf der Suche nach einem Glück, das sie nicht findet. Eine Jeunesse dorée, die scheinbar zeitlos durch Europa jagt, frei ist von Geldsorgen, sich in eleganten Hotels einnistet und einer alten Liebe nachtrauert, die sie für immer verloren hat.

Mit dem Filmschauspieler Hans Albers, dem der Roman auch gewidmet ist, hatte die Autorin wohl eine kurze Affäre, die in den Roman einfließt; der Liebhaber heißt hier Mathieu Corodi. Allzu begeistert scheint die junge Frau von dem blauäugigen Kinohelden nicht gewesen zu sein: "Corodi war kein amüsanter Gesellschafter, aber er störte sie auch nicht. Ihr schien, als sei es bei einem Mann wie Corodi ein Vorzug, dass er im Privatleben einfach und sogar langweilig war."

Es ist merkwürdig an diesem Roman, der 1932 veröffentlicht wurde, also bevor sich die große Dunkelheit über Europa breitet, dass Lederer diese Stimmung fast prophetisch vorwegnimmt. "Bring mich heim" lautet der Titel, wo das allerdings sein soll, bleibt offen. Für Jeannine gibt es kein Zuhause, die Verwandten sind tot, die Hotels sind Fluchtorte, kein Ort der Geborgenheit. Sie fühlt sich verfolgt, aber von wem? Ihr früher geliebter Cousin hat sich aus dem Staub gemacht, der Jugendfreund Harald ist nicht mehr als ein lustiger Wegbegleiter. Am Ende bleibt doch Mathieu, bei dem sie Zuflucht sucht. Er verspricht, mit ihr abzureisen: "Ich weiß nicht", sagte Jeannine. "Irgendwohin." Als Mathieu sagt, wie allein sie doch gewesen sein müsse, antwortet sie: "Es war nicht so schlimm wie es klingt. Nein. Doch. Es war schlimmer, als man denken kann." Und Mathieu sagt: "Jetzt bist du bei mir daheim."

Ob dies ein tröstliches Ende ist? Das weitere Leben der Joe Lederer liegt jedenfalls ganz auf einer Linie der Aussichtslosigkeit. Bis 1935 bleibt sie in Berlin, dann erhält sie wegen ihrer jüdischen Abstammung Veröffentlichungsverbot. Ihre nächste Station ist Schanghai, wo sie als Kindermädchen arbeitet. Wegen einer Tuberkulose kehrt sie zurück nach Europa und erhält Ende der dreißiger Jahre die Erlaubnis, in England zu sein. Wiederum ist sie Kindermädchen und später Sekretärin beim Foreign Office.

Lederer erhält die britische Staatsbürgerschaft, aber es hält sie nichts in London. 1956 kehrt sie nach Deutschland zurück. In München wird sie sesshaft als freie Schriftstellerin. Dort stirbt sie 1987 im Alter von 82 Jahren: einsam, verarmt und vergessen.

LERKE VON SAALFELD

Joe Lederer: "Bring mich heim".

Roman.

Milena Verlag, Wien 2019. 151 S., geb., 22,- [Euro].

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