Brooklyn ist down, Brooklyn ist in - auf jeden Fall aber ist es immer eine Geschichte wert. Jahrzehntelang im Schatten von Manhattan hat sich Brooklyn vor allem seit der Jahrtausendwende zu so etwas wie dem ironisch schlagenden Herzen der amerikanischen Gegenwartsliteratur entwickelt, mit Autor:innen wie Paul Auster, Jennifer Egan, Colson Whitehead, Jonathan Safran Foer, Nicole Krauss und Jhumpa Lahiri.Der Bogen des literarischen Brooklyns, dem man in diesem Buch folgen kann, fängt aber bereits bei Walt Whitmans Rhapsodien auf die Brooklyn Ferry und Hart Cranes modernistischer Feier der Brooklyn Bridge an, und zieht sich über den Beginn des "Brooklyn Cool" bei Truman Capote und dem February House bis zur Gegenwart bei Jonatham Lethem und Paula Fox.
Perlentaucher-Notiz zur FAS-Rezension
Rezensentin Isabella Caldart findet zwar interessant, wie sich Sebastian Domsch in seinem Buch dem New Yorker Stadtteil Brooklyn nähert. Anhand verschiedener literarischer Texte von Brooklyner AutorInnen wie etwa Walt Whitman, Betty Smith oder Jonathan Lethem erzählt der Anglist von der historischen Entwicklung Brooklyns: vom gemiedenen Drogen- und Kriminalitätsviertel hin zur Hipster-Hochburg, in der sich gerade auch Kunstschaffende tummeln. Dabei geht es um das Verhältnis zu Manhatten, um die große Bedeutung des "Battle of Brooklyn" am 27. August 1776 und um verschiedene berühmte Orte wie die Brooklyn Bridge oder die Bar "Brooklyn Inn". Auch, dass Domsch in seiner literarischen Auswahl auf Paul Auster als den wohl berühmtesten Brooklyner verzichtet, findet die Kritikerin zwar kurz verwunderlich, aber "erfrischend". Nur leider weise die Domschs Auswahl eine andere große Schwachstelle auf: Nicht-weiße Schriftsteller*innen würden, bis auf einige Nennungen im Literaturverzeichnis, weitgehend ausgeklammert - obwohl doch gerade die Schwarze, Asian-American- und Latino-Bevölkerung so wichtig für den literarischen "Schmelztiegel" Brooklyn sei, wie Caldart anmerkt. Für die Kritikerin ein grober Schnitzer in einem ansonsten "unterhaltsam" geschriebenen und gut recherchierten Buch.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Dennoch handelt es sich hier nicht (nur) um ein Buch für Dozierende oder Studierende der Literatur- oder der Kulturwissenschaften. Auch Amateure und Amatricen können es mit Gewinn und Genuss lesen, so viel sei gleich gesagt. Liebhaber und Liebhaberinnen nämlich der Literatur im Allgemeinen, der US-amerikanischen Literatur im Besonderen; Liebhaberinnen und Liebhaber aber auch der Stadt New York im Allgemeinen, von deren Stadtteil Brooklyn im Besonderen."P.H., litteratur.ch,14.9.2024"Ein Ort für Verbrecher, Omas, Leser und Autoren. Sebastian Domsch kartographiert den New Yorker Bezirk Brooklyn als eine der ersten Adressen der Weltliteratur. Aber einige zentrale Bewohner fehlen. (...) Insbesondere in der Gegenwartsliteratur gibt es etliche Autorinnen und Autoren - wie Xochitl Gonzalez, Tao Lin oder Aisha Abdel Gawad -, die aus ganz unterschiedlichen Positionen schreiben. Gerade ihre Stimmen aber sind es, die diesen vielfältigen und interessanten Bezirk als 'Ort der Literatur' erst vervollständigen." Isabella Caldart, FAZ, 20.10.2024"Ich nehme die Kritik an, aber es war eben auch die Entscheidung, nicht wesentlich über das 20. Jahrhundert hinauszugehen (Lethems Roman geht ja bis 2000), und die erwähnte größere Diversität kommt eben erst im 21. Jahrhundert richtig zum Tragen. Aber dann wäre es auch ein anderes Buch geworden. Ich hatte noch die Memoiren von Jay-Z auf dem Schirm, aber das ging sich am Ende nicht mehr aus." Sebastian Domsch