Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 13,19 €
  • Gebundenes Buch

Die junge Irin Eilis Lacey wandert um 1950 nach Amerika aus, um in Brooklyn eine neue Arbeit zu finden. Doch sie passt sich nur langsam an das neue Leben an, schließt nicht leicht Freundschaft. Ganz allmählich gewinnt sie Selbstvertrauen und merkt, dass sie zu einer selbständigen, erwachsenen Person geworden ist. Das macht ihr die Entscheidung zwischen Irland und Amerika, zwischen dem einen und dem anderen Mann, nicht leichter. Der preisgekrönte Autor Colm Tóibin beschreibt eindrucksvoll ein klassisches Schicksal einer Emigration, den Werdegang einer ganz normalen Frau - ganz und gar aus ihrer Perspektive gesehen.…mehr

Andere Kunden interessierten sich auch für
Produktbeschreibung
Die junge Irin Eilis Lacey wandert um 1950 nach Amerika aus, um in Brooklyn eine neue Arbeit zu finden. Doch sie passt sich nur langsam an das neue Leben an, schließt nicht leicht Freundschaft. Ganz allmählich gewinnt sie Selbstvertrauen und merkt, dass sie zu einer selbständigen, erwachsenen Person geworden ist. Das macht ihr die Entscheidung zwischen Irland und Amerika, zwischen dem einen und dem anderen Mann, nicht leichter. Der preisgekrönte Autor Colm Tóibin beschreibt eindrucksvoll ein klassisches Schicksal einer Emigration, den Werdegang einer ganz normalen Frau - ganz und gar aus ihrer Perspektive gesehen.
Autorenporträt
Colm Toíbín , 1955 in Irland geboren, veröffentlichte mehrere Sachbücher. Toíbíns Bücher wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Er gilt als einer der interessantesten englischsprachigen Schriftsteller der mittleren Generation.

Giovanni Bandini, geb. 1951, studierte Indologie, Vergleichende Religionswissenschaft, Romanistik und Indische Kunstgeschichte. Er unterrichtete an der Universität Heidelberg und arbeitet seit 1987 als freier Übersetzer.

Ditte Bandini, geb. 1956, studierte Völkerkunde, Religionsgeschichte und Indologie. Sie arbeitet an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften sowie als freie Schriftstellerin und Übersetzerin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.10.2010

Ein Mädchen aus Enniscorthy

Fremd zu sein an zwei Orten, ist die grundlegende Erfahrung aller Emigranten: Colm Tóibíns zarter Roman "Brooklyn" erkundet, wo die Seele bleibt.

Von Verena Lueken

Dies ist eine einfache Geschichte. Eilis Lacey, ein Mädchen aus dem Irland der fünfziger Jahre, in dem es keine Arbeit und also keine Zukunft gibt, geht nach New York. Nach stürmischer Überfahrt findet sie sich in Brooklyn wieder, in einer Pension für junge Frauen und in Obhut eines irischen Priesters, der ebenfalls aus Enniscorthy an der Südostküste Irlands stammt. Sie nimmt eine Arbeit in einem Modekaufhaus an, in dem bald die ersten schwarzen Frauen einkaufen werden, sie geht zur Abendschule, sie nimmt teil an den Aktivitäten der Gemeinde des Priesters, und sie geht zögernd zum Tanz, bei dem sich einige Italiener unter die Iren mischen. Sie verliebt sich. Und dann reist sie, weil ein schreckliches Unglück geschehen ist, zurück nach Hause.

Zu der einfachen Geschichte gehören komplizierte Gefühle. Und sie sind es, denen Colm Tóibín in diesem zarten, traurigen Buch nachspürt. Er hat es ganz aus der Perspektive von Eilis erzählt, mit der ihm eigenen Diskretion und wie immer ohne jede Effekthascherei und ohne Tricks. Eilis hatte damit gerechnet, in Enniscorthy zu bleiben, zu heiraten und irgendwann dort zu sterben. Sie hatte nie darüber nachgedacht, ob das Leben etwas anderes für sie bereithalten könnte. Aber das sagt sie nicht, als Mutter und Schwester ihre Abreise arrangieren. Und auch die Mutter und die Schwester, mit der Eilis eine bewundernde, tiefe Liebe verbindet, sprechen nicht über den Ursprung ihrer Pläne, die ihrer aller Leben für immer verändern werden. Es ist, als wäre diese Entscheidung über sie gekommen, unabänderbar, und die Gefühle hinkten ihr hinterher.

In den Büchern Tóibíns geht es immer ums Fremdsein, oft ums Fremdsein in der eigenen Familie, um Außenseiter. Eilis nun wird an zwei Orten zur Fremden - das ist die typische Emigrationserfahrung, und Tóibín interessiert, wie sich Orte, Zeit und Bewusstsein zueinander verhalten und wo die Seele dabei bleibt. Ob die Gefühle, die mit den physischen Bewegungen nicht immer mithalten, die Bewegungen des Bewusstseins mitmachen, und was geschieht, wenn der Körper an einem Ort ist, die Gefühle aber an mehreren zugleich. Und die Sprache, nicht die Geschichte, ist sein Medium, diesen Fragen nachzugehen. Leise, pathoslos, mit großer Präzision und in Sätzen von schwebendem Rhythmus, den solche Erkundungen ins innere Erleben brauchen, erzählt er uns von einer Seele im Transit.

Eilis Lacey liegt in ihrem kleinen Zimmer in einer Mädchenpension in Brooklyn auf dem Bett und liest. Sie liest Briefe - von der Mutter, der Schwester und dem Bruder, Briefe von zu Hause. Immer wieder saugt sie ein, was die Mutter und die Schwester aus Enniscorthy zu erzählen haben, während sie vergisst, wo sie selbst gerade ist. Das Wesentliche geschieht in ihrer Vorstellung - wie die Mutter am Küchentisch den Schreibblock bereitlegt, wie sie bemüht ist, die Zeilen aufs Papier zu bringen, ohne ein Wort oder eine Silbe durchzustreichen, während die Schwester Rose ihren Brief wohl im Wohnzimmer geschrieben hatte, auf einem eleganteren weißen Bogen, und ihn dann in einen länglichen Umschlag steckte. Die Mutter faltet ihre Briefe zum Quadrat. Auch der Bruder Jack, der in Birmingham Arbeit gefunden hat, hat geschrieben, aber bei ihm kann Eilis sich nicht vorstellen, wo er sich zum Schreiben hinsetzt, und seine Briefe sind kürzer, als wolle er nicht zu viel preisgeben. Dann fällt ihr auf, dass sie in den letzten Wochen kaum an zu Hause gedacht hatte. Abends, nach der Arbeit in dem Kaufhaus, hatte sie versucht, sich genau zu erinnern, was sie tagsüber erlebt, was sie an Neuem gesehen, was sie an Unbekanntem gehört hatte. Aber jetzt, auf dem Bett, mit den Briefen in der Hand, scheint ihr das alles nichts zu sein im Vergleich zu den Bildern, die von ihrem Elternhaus in ihr hochsteigen, von dem Essen, das es dort gab, den Kleidern, die sie getragen hatte, und der Stille, die überall herrschte.

"Das alles legte sich ihr wie eine entsetzliche Last auf die Seele", heißt es weiter, "und einen Moment lang glaubte sie, gleich weinen zu müssen." Sie spürt eine verzweifelte Mutlosigkeit, ein Gefühl ähnlich dem, das sich in ihr breitmachte, als sie sah, wie der Sargdeckel sich über ihrem toten Vater schloss und ihr bewusst wurde, seine Augen würden die Welt niemals mehr sehen. In Brooklyn ist sie ein Niemand, ohne Freunde und Familie, ohne Erinnerungen an Orte oder Menschen dort, ein Geist, dem nichts irgendetwas bedeutet, weil er nichts erkennt.

Indem sie Erinnerungen verblassen lässt, verschafft sich die Zeit im Bewusstsein Macht. Aber das Bewusstsein wehrt sich und gewinnt immer mal wieder die Oberhand. Um diese inneren Schwankungen eines Mädchens fern von Zuhause, dem eine neue Heimat zuwächst, ohne dass es die alte vergessen wollte (aber ahnend, sie vergessen zu müssen), das sich der Tide der Erinnerungen wie der ganz neuen Eindrücke überlässt, den Schmerz kommen und gehen sieht, sich der Liebe hingibt und doch Abschied nimmt von ihr, um eine neue zu finden, die es dann zurücklässt - um diese Adaptionen der Gefühle und Vorstellungen in der Fremde und unter Fremden kreist dieses Buch. Die Handlung spielt in Enniscorty und Brooklyn, aber worum es vor allem geht, geschieht in der Vorstellung von Eilis.

Wenn ihre Gedanken in die Erinnerung nach Hause gleiten, erinnern wir uns als Leser wiederum daran, wie sie auf den ersten Seiten des Buchs dort ihre Kleider wählte, als sie zum Dorftanz ging, und wie sie später ein Kleid, das die Schwester ihr geschenkt hatte, zusammenfaltete und in den Koffer legte, bevor sie nach Brooklyn aufbrach - so macht unser Bewusstsein beim Lesen eine ganz ähnliche Bewegung wie ihres. Und darin liegt die Wahrheit dieses Buchs, die Wahrheit der Erfahrung, die uns Tóibín durch seine Sprache und durch die genaue Konstruktion dieses Romans mit seiner so einfach wirkenden Geschichte ermöglicht.

Dass das Ganze gleichzeitig auch die Geschichte des Erwachsenwerdens von Eilis ist, die zunächst als verblüffend passiv erscheint und dann, kaum von zu Hause fort, neue Möglichkeiten für sich ausprobiert, einen neuen Tonfall, neue Gesten, das gehört zur Kunst dieses Autors, die bescheiden daher kommt und uns vollkommen in Bann nimmt - als sei Veränderung nur in der Fremde möglich, zu einem hohen Preis, den zu zahlen keine Entscheidung ist, sondern eines dieser Dinge des Lebens, mit denen das Herz klar kommen muss.

Im ruhigen Fluss der äußeren Ereignisse bewegt sich die Imagination von Eilis immer wieder zeitlich im Kreis, und gleitet möglicherweise in einem Nebensatz von der Vergangenheit ins Ausmalen der Zukunft. Und schließlich, wenn ein Abschied bald für sie, die ihn ausspricht, an Bedeutung gewinnen wird, während der Adressat ihn langsam vergisst, wie es sich Eilis am Ende von "Brooklyn" vorstellt, öffnet Tóibín seiner Hauptfigur doch noch die Welt.

Colm Tóibín: "Brooklyn". Roman. Aus dem Englischen von Giovanni und Ditte Bandini. Hanser Verlag, München 2010. 303 S., 21,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ach, Rezensentin Verena Lueken ist begeistert! Eine so einfache Geschichte derart bescheiden zu erzählen und uns dabei doch sämtliche Gefühlslagen der Hauptfigur, einer irischen Emigrantin in Brooklyn, New York, in der Fremde, zu vermitteln, das nennt sie große Kunst. Traurigkeit und Zärtlichkeit verbindet sie mit dem Buch und Seele, was mit ihr geschieht, wenn jemand Erfahrungen mit dem Fremdsein macht. Das Erstaunliche dabei ist für Lueken die pathoslose und präzise Sprache Colm Toibins, sein Mittel, den inneren Bewegungen der Figuren zu folgen, uns in ihre Vorstellungswelt einzulassen. Wahrheit erwächst der Rezensentin im Nachvollzug dieser Bewegung, lesend, staunend.

© Perlentaucher Medien GmbH
Ein Buch voller Wärme und Humor, mit Tiefe und Leichtigkeit, wie ein Stück echtes Leben. Feiste Bücher soundcloud.com 20200327