Die Folgen des Zweiten Weltkriegs oder gar ein Dritter Weltkrieg und dessen Auswirkungen werden im Werk von Arno Schmidt häufig zum Thema. Nie jedoch hat er sich in seinen Romanen mit den eigenen Kriegserfahrungen auseinandergesetzt. Zwei bislang unbekannte Erzählungen aus dem Nachlaß, die erste Edition der Arno Schmidt Stiftung im Suhrkamp Verlag, vermitteln einen Eindruck, wie die Sprachmacht des Autors die Gewalt des Krieges in die Anschaulichkeit transponiert.
Brüssel, einem bisher unveröffentlichten Erzählfragment aus dem Nachlaß, kommt als einzig überliefertem Dokument zu Arno Schmidts eigener Kriegserfahrung besondere Bedeutung zu: Geschrieben 1948, erzählt es vom Kriegsende im englischen Gefangenenlager Villevoorde bei Brüssel, wie es der Autor selbst erlebt hat: »8. 5. Sound of revelry by night. Stehen, Scheinwerfer im Rücken, Hände in den Taschen, die Staffeln der 4-motorigen.« »Mit weiß schuppigen Armen und sprühendem Mantel: und das grollende Floß jazzte mit uns die Dorfstraße entlang.« - Im Dritten Weltkrieg bewegt sich ein letzter versprengter Trupp in atomar verseuchtem Gebiet, der sich einrichtet, um zu überwintern. Die Feuerstellung, die einzige, allerdings unvollendete Erzählung Arno Schmidts, die unter Soldaten spielt, wurde 1955 geschrieben. Zahlreiche Notizzettel haben sich erhalten und werden hier erstmals zusammen mit dem Text publiziert.
Beide Erzählungen erscheinen hier erstmals in Buchform.
Brüssel, einem bisher unveröffentlichten Erzählfragment aus dem Nachlaß, kommt als einzig überliefertem Dokument zu Arno Schmidts eigener Kriegserfahrung besondere Bedeutung zu: Geschrieben 1948, erzählt es vom Kriegsende im englischen Gefangenenlager Villevoorde bei Brüssel, wie es der Autor selbst erlebt hat: »8. 5. Sound of revelry by night. Stehen, Scheinwerfer im Rücken, Hände in den Taschen, die Staffeln der 4-motorigen.« »Mit weiß schuppigen Armen und sprühendem Mantel: und das grollende Floß jazzte mit uns die Dorfstraße entlang.« - Im Dritten Weltkrieg bewegt sich ein letzter versprengter Trupp in atomar verseuchtem Gebiet, der sich einrichtet, um zu überwintern. Die Feuerstellung, die einzige, allerdings unvollendete Erzählung Arno Schmidts, die unter Soldaten spielt, wurde 1955 geschrieben. Zahlreiche Notizzettel haben sich erhalten und werden hier erstmals zusammen mit dem Text publiziert.
Beide Erzählungen erscheinen hier erstmals in Buchform.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.03.2002Arno Schmidt
In der Nacht des 19. September 1955: Arno Schmidt schreckt auf, macht Licht und erklärt seiner ob der plötzlichen Aufregung gleichfalls erwachten Frau: "Du, ich notiere schon seit Stunden. Es hilft nichts, ich fange die ,Feuerstellung' an." Und er fing die "Feuerstellung" an. Seine Erzählung über den beginnenden Atomkrieg im Saarland einer nicht allzu fernen Zukunft. Es bleibt eine Zettel-Erzählung, auf 54 kleine Ideenzettelchen verteilt. Mit Ideen wie "500 Röntgen (= Strahlungseinheit) sind tödlich" und "ich geigerte so vor mich hin" und "Eine Atombombenexplosion meldet der Posten". Daß diese Erzählung, in der es so offenbar um alles gehen sollte, wegen einer plötzlichen Ulmreise am nächsten Tag nicht ausgeführt wurde, ist bedauerlich. Daß all die, heute recht unernst erscheinenden Atomfantasien Arno Schmidts von 1955 jetzt in einem prachtvollen Band faksimiliert zusammengetragen wurden, ist ein Glück. (Arno Schmidt: "Brüssel; Die Feuerstellung". Suhrkamp 2002. 70 Seiten. 50) vw
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In der Nacht des 19. September 1955: Arno Schmidt schreckt auf, macht Licht und erklärt seiner ob der plötzlichen Aufregung gleichfalls erwachten Frau: "Du, ich notiere schon seit Stunden. Es hilft nichts, ich fange die ,Feuerstellung' an." Und er fing die "Feuerstellung" an. Seine Erzählung über den beginnenden Atomkrieg im Saarland einer nicht allzu fernen Zukunft. Es bleibt eine Zettel-Erzählung, auf 54 kleine Ideenzettelchen verteilt. Mit Ideen wie "500 Röntgen (= Strahlungseinheit) sind tödlich" und "ich geigerte so vor mich hin" und "Eine Atombombenexplosion meldet der Posten". Daß diese Erzählung, in der es so offenbar um alles gehen sollte, wegen einer plötzlichen Ulmreise am nächsten Tag nicht ausgeführt wurde, ist bedauerlich. Daß all die, heute recht unernst erscheinenden Atomfantasien Arno Schmidts von 1955 jetzt in einem prachtvollen Band faksimiliert zusammengetragen wurden, ist ein Glück. (Arno Schmidt: "Brüssel; Die Feuerstellung". Suhrkamp 2002. 70 Seiten. 50
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
"Sorgfältig und besonders in der Typografie auf "hilfreiche Weise" originell findet Rezensent Tilman Spreckelsen diese "prächtige Faksimile-Edition". Einschränkend allerdings wird hinzugefügt, die Publikation sei "wohl nur etwas" für ausgesprochene Liebhaber des Autors, die mit seinem Werk vertraut seien. Denn wie andere "aufgegebene Projekte" hätten Schmidt auch diese beiden Vorhaben, "die über erste Anfänge nicht hinausgekommen" seien, als Steinbruch für die zu Lebzeiten publizierten Werke gedient. Beide vorliegenden Textfragmente sprechen dem Rezensenten zufolge vom Krieg, beide Erzähler "erleben Facetten des Soldatendaseins, der eine unmittelbare Gefechte, der andere die Monotonie eines Gefangenenlagers". Das macht es für Spreckelsen einleuchtend, sie in einem Band zu versammeln.
© Perlentaucher Medien GmbH"
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