Produktdetails
- rororo Monographien
- Verlag: Rowohlt TB.
- Abmessung: 190mm
- Gewicht: 126g
- ISBN-13: 9783499505836
- ISBN-10: 3499505835
- Artikelnr.: 24175034
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.01.1997Kaiser Bruno
KREISKY. Ginge es nach Andreas Pittler, hieße Wiens erster Bezirk wohl Brunostadt, der Kaiser- besser Kreiskyschmarren und das "Sacher" gar "Kanzler-Eck". Verzückt blickt der junge österreichische Journalist nicht allein auf den Regierungschef, der am längsten am Ballhausplatz saß, er huldigt Kaiser Bruno und dessen Gemahlin Sissi, pardon Vera. Kein Makel trübt das Antlitz des früheren Regierungschefs in Pittlers Porträt. Er berichtet von Kreiskys Aufstieg, ohne nach dessen Prägungen zu fragen. Kreisky erstrahlt in allen Lebenslagen, sein Wesen aber bleibt genauso im dunkeln wie seine Beweggründe. Eine Charakterstudie hätte sich gelohnt, zumal Kreisky ein Großer der Alpenrepublik war. Als Kabinettsvizedirektor im Bundespräsidialamt entwickelte Kreisky Anfang der fünfziger Jahre die Idee, das besetzte Land mit Hilfe eines Neutralitätsversprechens von den alliierten Truppen zu befreien. Als Staatssekretär im Außenministerium besaß er die Möglichkeit, seine Ansichten auch Molotow vorzutragen. Am 25. November 1955 war es soweit: Österreich erklärte seine "immerwährende Neutralität" und wurde souverän. Kreisky errang den größten Erfolg seines Lebens. Von da an glich sein Aufstieg einer Fahrt mit dem Sessellift. Kreisky wurde in den Vorstand der SPÖ gewählt, gewann dort mehr und mehr Einfluß und rückte bald zum stellvertretenden Parteivorsitzenden auf. 1959 erfüllte sich sein vorerst größter Wunsch: "Millimetternich" wurde Außenminister. Amt und Würde nutzte er, um den Südtirolern, wenn nicht die Rückkehr nach Österreich, so doch mehr Selbstbestimmung in Italien zu bringen. Nach hartnäckigen Interventionen in Moskau und Washington zwang Kreisky Rom an den Verhandlungstisch. Wieder war Kreisky geglückt, was kaum jemand für möglich gehalten hatte. 1967 wählten ihn die Sozialdemokraten zum Klubobmann und damit zu ihrem Spitzenkandidaten für die nächsten Wahlen. Pittler schildert Kreiskys innenpolitische Anstrengungen mit der gleichen Bewunderung wie seine Erfolge auf der internationalen Ebene. Beeindruckt berichtet er von der Öffnung der SPÖ zur Volkspartei, schreibt allein Kreisky den Sieg der Sozialdemokraten bei den Parlamentswahlen von 1970 zu und hält dessen dreizehnjährige Kanzlerschaft für den Inbegriff österreichischer Staatskunst. Von Kreiskys Fehlern erfährt man kaum. In Zeiten, in denen Österreichs Sozialdemokraten an ihren Ermüdungserscheinungen leiden, baut Pittler den früheren Kanzler zum Übervater auf. (Andreas Pittler: Bruno Kreisky. rororo Monographie 583. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 1996. 158 Seiten, 12,90 Mark.)
JACQUES SCHUSTER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
KREISKY. Ginge es nach Andreas Pittler, hieße Wiens erster Bezirk wohl Brunostadt, der Kaiser- besser Kreiskyschmarren und das "Sacher" gar "Kanzler-Eck". Verzückt blickt der junge österreichische Journalist nicht allein auf den Regierungschef, der am längsten am Ballhausplatz saß, er huldigt Kaiser Bruno und dessen Gemahlin Sissi, pardon Vera. Kein Makel trübt das Antlitz des früheren Regierungschefs in Pittlers Porträt. Er berichtet von Kreiskys Aufstieg, ohne nach dessen Prägungen zu fragen. Kreisky erstrahlt in allen Lebenslagen, sein Wesen aber bleibt genauso im dunkeln wie seine Beweggründe. Eine Charakterstudie hätte sich gelohnt, zumal Kreisky ein Großer der Alpenrepublik war. Als Kabinettsvizedirektor im Bundespräsidialamt entwickelte Kreisky Anfang der fünfziger Jahre die Idee, das besetzte Land mit Hilfe eines Neutralitätsversprechens von den alliierten Truppen zu befreien. Als Staatssekretär im Außenministerium besaß er die Möglichkeit, seine Ansichten auch Molotow vorzutragen. Am 25. November 1955 war es soweit: Österreich erklärte seine "immerwährende Neutralität" und wurde souverän. Kreisky errang den größten Erfolg seines Lebens. Von da an glich sein Aufstieg einer Fahrt mit dem Sessellift. Kreisky wurde in den Vorstand der SPÖ gewählt, gewann dort mehr und mehr Einfluß und rückte bald zum stellvertretenden Parteivorsitzenden auf. 1959 erfüllte sich sein vorerst größter Wunsch: "Millimetternich" wurde Außenminister. Amt und Würde nutzte er, um den Südtirolern, wenn nicht die Rückkehr nach Österreich, so doch mehr Selbstbestimmung in Italien zu bringen. Nach hartnäckigen Interventionen in Moskau und Washington zwang Kreisky Rom an den Verhandlungstisch. Wieder war Kreisky geglückt, was kaum jemand für möglich gehalten hatte. 1967 wählten ihn die Sozialdemokraten zum Klubobmann und damit zu ihrem Spitzenkandidaten für die nächsten Wahlen. Pittler schildert Kreiskys innenpolitische Anstrengungen mit der gleichen Bewunderung wie seine Erfolge auf der internationalen Ebene. Beeindruckt berichtet er von der Öffnung der SPÖ zur Volkspartei, schreibt allein Kreisky den Sieg der Sozialdemokraten bei den Parlamentswahlen von 1970 zu und hält dessen dreizehnjährige Kanzlerschaft für den Inbegriff österreichischer Staatskunst. Von Kreiskys Fehlern erfährt man kaum. In Zeiten, in denen Österreichs Sozialdemokraten an ihren Ermüdungserscheinungen leiden, baut Pittler den früheren Kanzler zum Übervater auf. (Andreas Pittler: Bruno Kreisky. rororo Monographie 583. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 1996. 158 Seiten, 12,90 Mark.)
JACQUES SCHUSTER
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