Im Gebrüder Mann Verlag sind in den letzten Jahren drei Bände mit den Tagebüchern von Bruno Taut erschienen, die nicht nur aus biografischer Sicht hochinteressant sind, sondern auch zahlreiche Referenzen auf geplante und umgesetzte kunstgewerbliche Projekte enthalten. In Japan genießt Taut als
Architekt eine fast schon kultische Verehrung, denn er war es, der der Welt die japanische Architektur…mehrIm Gebrüder Mann Verlag sind in den letzten Jahren drei Bände mit den Tagebüchern von Bruno Taut erschienen, die nicht nur aus biografischer Sicht hochinteressant sind, sondern auch zahlreiche Referenzen auf geplante und umgesetzte kunstgewerbliche Projekte enthalten. In Japan genießt Taut als Architekt eine fast schon kultische Verehrung, denn er war es, der der Welt die japanische Architektur vermittelte, als eigenständige ästhetische Qualität, mit einer an Klima und verfügbare Materialien angepassten Funktionalität.
Gleichzeitig versuchte Bruno Taut die Prinzipien japanischer und europäischer Ästhetik im japanischen Industriedesign miteinander zu verbinden. Verschiedene Projekte mit Firmen und staatlichen Partnern wurden initiiert, aber letztlich wurde fast nichts von seinen Entwürfen in Serie hergestellt. Man muss konstatieren, dass Tauts Früchte erst lange nach seiner Abreise aus Japan geerntet wurden. Sein Einfluss war groß, aber sein persönlicher Erfolg zu seinen Lebzeiten äußerst gering.
Der vorliegende Band sammelt die erhaltenen Originalentwürfe, historische Fotos, aber auch aktuelle Abbildungen von Prototypen und Serienmodellen und setzt sie in einen biografischen Kontext. Dadurch, dass die meisten Entwürfe datiert sind, werden Entwicklungen und Korrekturen erkennbar und sie lassen sich auch direkt mit Korrespondenzen, Memos, Tagebucheinträgen oder Publikationen korrelieren. Der Herausgeber verweist im übrigen nicht auf die Einträge der Tagebücher, sondern zitiert alle relevanten Passagen, so dass der Band eigenständig lesbar bleibt.
Wie schon in den Tagebüchern wird Bruno Taut als ein hervorragend vernetzter, rühriger „Unternehmer“ erkennbar, der letztlich an den kulturellen Hürden in Japan scheitert. Auch wenn er Förderer wie Inoue Fusaichiro hatte (mit dem er in Tokyo einen gemeinsamen Laden führte), war die japanische Gesellschaft noch nicht reif. Und nicht nur die Gesellschaft: Die Innenräume waren für die Proportionen europäischer Möbel ungeeignet. Architektur und Möbelbau mussten sich parallel entwickeln. Taut kam 20 Jahre zu früh.
Die detektivische Sorgfalt, mit der Manfred Speidel die Originaldokumente aus Archiven in der ganzen Welt aufgespürt hat, ist bemerkenswert. Tauts Objekte blieben in den Tagebüchern oft theoretische Konstrukte, die zwar in einigen Fällen auch abgebildet, aber oft nur vage beschrieben waren. In der Zusammenschau mit dem von Manfred Speidel wissenschaftlich aufgearbeiteten Material lässt sich jetzt jede Entwicklung, jedes Projekt minutiös nachvollziehen. Es muss erwähnt sein, dass das nur für die kunstgewerblichen Objekte und Möbel gilt, das Architekturkonvolut harrt noch der Veröffentlichung.
Ein insbesondere zu den Tagebüchern komplementärer Band, der Tauts Biografie um viele weitere Facetten ergänzt.
(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)