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Der italienische Humanist und Dichter Francesco Petrarca (1304-1374) entschloss sich um 1350, seine früheren Briefe und die der kommenden Jahre in einer Sammlung zu vereinen. Die Korrespondenzen gelten verschiedensten Themen, wechseln zwischen Erzählung und Belehrung, Persönlichem und Allgemeinem und richten sich an gelehrte Freunde, Machthaber und andere Zeitgenossen. Sie sind eine Fundgrube zur Geistesgeschichte.
Es handelt sich um die erste Gesamtausgabe der berühmten 24 Bücher der Epistolae familiares in deutscher Sprache, aus dem Lateinischen übersetzt von einer ausgewiesenen
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Produktbeschreibung
Der italienische Humanist und Dichter Francesco Petrarca (1304-1374) entschloss sich um 1350, seine früheren Briefe und die der kommenden Jahre in einer Sammlung zu vereinen. Die Korrespondenzen gelten verschiedensten Themen, wechseln zwischen Erzählung und Belehrung, Persönlichem und Allgemeinem und richten sich an gelehrte Freunde, Machthaber und andere Zeitgenossen. Sie sind eine Fundgrube zur Geistesgeschichte.

Es handelt sich um die erste Gesamtausgabe der berühmten 24 Bücher der Epistolae familiares in deutscher Sprache, aus dem Lateinischen übersetzt von einer ausgewiesenen Petrarca-Kennerin, Frau Prof. Dr. Berthe Widmer. Der Übersetzung ist ein detaillierter Stellenkommentar zu heute weithin unbekannten Realien beigegeben, z.B. zu erwähnten Personen, Autoren und Orten. Außerdem werden die Briefe durch ein kommentiertes Verzeichnis der Adressaten sowie eine Übersicht über die Briefinhalte erschlossen. Eine ausführliche Einleitung verortet die Briefe im Kontext des Gesamtwerks und der Zeit. Die Briefe sind ein hochrangiges Dokument der Literaturgeschichte und für alle Philologien sowie für Historiker und Philosophiehistoriker von unschätzbarem Wert.
Autorenporträt
Berthe Widmer ist emeritierte Professorin für Kultur- und Geistesgeschichte des Mittelalters und der Renaissance der Universität Basel.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.06.2006

Der Intellektuelle als Medienvirtuose
Glauben Sie der Übersetzung von Petrarcas „Epistulae” kein Wort!
Vor zwei Jahren hat sich der Geburtstag des Francesco Petrarca zum siebenhundertsten Mal gejährt. Mit nur wenig Verspätung hat Berthe Widmer Ende 2005 die erste Hälfte der „Epistulae familiares” erstmals in einer integralen deutschen Übersetzung publiziert. Als Petrarca die Sammlung im Jahr 1366, nachdem er die ursprünglichen Episteln während 15 Jahren bearbeitet hatte, abschloss und seinen Freunden zur Lektüre übergab, legte er das Fundament für eine neue soziale Realität. Bis zu diesem Zeitpunkt fand die Vernetzung der europäischen Intellektuellen so gut wie ausschließlich im Rahmen kirchlicher und weltlicher Institutionen statt. Petrarca selbst war in seiner Jugend über die Päpstliche Kurie in Avignon der Sprung in die intellektuelle Entourage des Kardinals Giovanni Colonna gelungen. Als Mitglied der so genannten „familia” des Kardinals stand er diesem im Tausch gegen gewisse ökonomische Sicherheiten und der Aussicht auf eine weiterführende Karriere als offenkundig wortgewandter Mitarbeiter zur Verfügung.
Spätestens nach der Dichterkrönung im Jahr 1340 und der Parteinahme für die Revolution des Cola di Rienzo 1347, die sich gegen den römischen Adel und damit auch gegen die Colonna richtete, konnte und musste sich Petrarca mehr und mehr Selbständigkeit leisten. Er schlug höhere kirchliche Ämter aus, siedelte von Avignon nach Norditalien über und machte sich, nachdem er 1345 in Verona drei Briefsammlungen Ciceros entdeckt hatte, daran, seine eigenen Briefe für die Publikation zu überarbeiten. Wenn er diese erste Sammlung von 350 Briefen „familiares” nennt, zeigt er damit zuallererst an, dass er sich entschlossen hat, eine eigene „familia” aufzubauen. Im Gegensatz zu ihrem ursprünglichen Modell verspricht diese neue „familia” allerdings kaum ökonomische Sicherheit. Was Petrarca zu verteilen hat, ist so gut wie ausschließlich symbolisches Kapital.
Dem neuen Modell war ein durchschlagender Erfolg beschieden. Von den „Epistulae familiares” Petrarcas ausgehend lässt sich die humanistische Renaissance als ein Netzwerk von Briefschreibern begreifen, die sich wechselseitig attestieren, dass sie zur neuen „familia” gehören, die sich mehr und mehr ausbreitet, weit über Italien hinaus in den Norden vorstößt und sich mindestens bis zu Erasmus erstreckt, der seinerseits bekanntlich Tausende Briefe redigiert und die Bewegung nochmals in neue Regionen trägt.
Auf die Wirkung kommt es an
Für Petrarca dürfte der künftige Erfolg seiner „familiaria” schlichtweg unvorstellbar gewesen sein. Heutige Übersetzerinnen und Übersetzer hingegen sollten darum wissen, sollte man meinen. Wenn Berthe Widmer den Titel der Briefsammlung mit „Vertrauliche Briefe” eindeutscht, versperrt sie sich und ihrem Publikum leider schon vorweg einen guten Teil der möglichen Einsichten. In Petrarcas Briefen tritt uns nicht ein Privatmann entgegen, der seine intimen Nöte und Hoffnungen aufdeckt, sondern ein Autor, der selbst in der Schilderung persönlichster Sorgen durchgehend auf öffentliche Wirkung bedacht ist. Er bedient sich des Mediums der Sprache, um jene formale Überlegenheit unter Beweis zu stellen, die ihn als unangefochtenen Stifter des neuen Beziehungsgeflechts legitimiert. Den Inhalt seiner Botschaft aber artikuliert er primär anhand eines immensen Schatzes antiker Anekdoten. Mit diesem Schatz wuchert er wie niemand jemals zuvor, um seinem Publikum immer wieder von Neuem einzubläuen, dass ethisches Verhalten nicht nur geschuldet, sondern vor allem Ausdruck der persönlichen Integrität ist.
Eine der berühmtesten Anekdoten, die Petrarca in der klassischen Literatur gefunden und sich selbst auf den Leib geschnitten hat, ist die Besteigung des Mont Ventoux (Fam. IV, 1). Über die Frage, ob dieser Text ausschließlich als Allegorie der Suche nach dem schmalen Weg der Tugend zu lesen sei oder doch auch eine neue Sicht der Natur zum Ausdruck bringe und vielleicht sogar eine wahre Bergwanderung reflektiere, diskutierten Spezialisten mitunter lebhaft. Mit Widmers Übersetzung eröffnen sich nun überraschend neue Perspektiven, wenn der deutsche Petrarca mehr als 200 Jahre vor Galilei verkündet: „Durch Menschenwitz wird ein Naturgesetz nicht aufgehoben.” Man wird umso geflissentlicher über Petrarcas Kenntnis der Naturgesetze brüten, als es sich laut Übersetzung bei Fam. IV, 1 um einen „Forschungsbericht” handelt. Oder man greift einfach zum lateinischen Text, der Widmers Übersetzung leider nicht beigegeben ist, und stellt fest, dass da weder von Naturgesetz noch von Forschungsbericht die Rede ist, sondern von der „Natur der Dinge” und einer „Erfahrung”.
Dies sind nur zwei von unzähligen Beispielen, die belegen, dass der deutsche Petrarca konzeptuell ein ziemlich anderer Petrarca ist als jener, der seinerzeit die „Epistulae familiares” publiziert hat. Entsprechend wird es in Zukunft ein Leichtes sein, die Benutzung der deutschen Übersetzung nachzuweisen und Irregeleitete gegebenenfalls zu korrigieren, ganz so, wie es Petrarca zeit seines Lebens so wortgewaltig getan hat.
THOMAS RICKLIN
FRANCESCO PETRARCA: Familiaria. Bücher der Vertraulichkeit. Band 1, Buch 1-12. Herausgegeben von Berthe Widmer. Walter de Gruyter, Berlin / New York 2005. 722 Seiten, 168 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Thomas Ricklin beginnt mit einer kleinen Belehrung über die sozialgeschichtliche Bedeutung der "Familiaria" als Gründung einer ganz neuen und autonomen Klasse von Intellektuellen. Wäre der Herausgeberin und Übersetzerin Berthe Widmer diese grundlegende Neuerung bewusst gewesen, so der Rezensent mit erhobenem Zeigefinger, hätte sie den Titel nicht als "Vertrauliche Briefe" wiedergegeben. Aber auch mit der Übersetzung selbst zeigt sich Thomas Ricklin gar nicht zufrieden und zitiert einen aus seiner Sicht fehldeutenden, weil konkretisierend eingreifenden Übersetzungsfehler ausgerechnet bei der für Exegeten so heiligen Stelle der Besteigung des Mont Ventoux. Leider, so das Fazit des Rezensenten, enthalte der Band nicht den lateinischen Originaltext, um solche "konzeptuellen" Fehler unmittelbar nachschlagen und beheben zu können.

© Perlentaucher Medien GmbH
"[...] bietet eine präzise, flüssig lesbare Übersetzung, knappe, hilfreiche Anmerkungen und eine detaillierte Einführung in das eigenwillige Briefwerk." Neue Zürcher Zeitung 24./25. Juni 2006