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Das Buch der Erinnerung enhält ca. 31.400 Namen der zwischen 1941 und 1945 ins Baltikum -- nach Riga, Kowno und Reval -- verschleppten deutschen, österreichischen und tschechoslowakischen Juden. Die Namen, mit Angabe des Geburtsnamens, -datums und -orts, der letzten Adresse und des letzten Lebenzeichens oder des Todesdatums, sind nach den aus den verschiedenen Städten abgegangenen Transporten aufgeführt. Jedem Transport ist ein deutsch- und englischsprachiger Text mit der Beschreibung der jeweiligen örtlichen Situation der jüdischen Bevölkerung vorangestellt. Soweit es die noch existierenden…mehr

Produktbeschreibung
Das Buch der Erinnerung enhält ca. 31.400 Namen der zwischen 1941 und 1945 ins Baltikum -- nach Riga, Kowno und Reval -- verschleppten deutschen, österreichischen und tschechoslowakischen Juden. Die Namen, mit Angabe des Geburtsnamens, -datums und -orts, der letzten Adresse und des letzten Lebenzeichens oder des Todesdatums, sind nach den aus den verschiedenen Städten abgegangenen Transporten aufgeführt. Jedem Transport ist ein deutsch- und englischsprachiger Text mit der Beschreibung der jeweiligen örtlichen Situation der jüdischen Bevölkerung vorangestellt. Soweit es die noch existierenden Materialien der einzelnen Gedenkstätten zuließen, sind auch die Wege der einzelnen Menschen nachvollzogen. In einem zweisprachigen Einleitungsteil gibt Wolfgang Scheffler einen Überblick über das Schicksal der Deportierten im Rigaer Ghetto, in Jungfernhof, Salaspils und den vielen Zwangsarbeitsstätten und Konzentrationslagern.

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Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.05.2003

Das Buch der Verschwundenen
Mit den Namen die Erinnerung bewahren: Im K.G.Saur Verlag sind zwei Bände erschienen, die ein Mahnmal sind
Cilla Spatz war 1902 in Traunstein, Bayern, als Cilla Holzer zur Welt gekommen. Anfang der vierziger Jahre lebte sie mit ihrem Sohn Willy in der Trogerstraße 44 in München. Am 20.November 1941, fünf Tage nach Willys 16. Geburtstag, bestiegen Mutter und Sohn einen Zug, der sie, wiederum fünf Tage später, am 25.11.41, im lettischen Kowno ablieferte. Dort endete, nur wenige Stunden nach der Ankunft, ihr Leben. Über die Umstände ihres Sterbens – und das ihrer 997 Leidensgenossen – belehren uns historische Berichte und Zeugenaussagen.
Vom Zug aus mussten die Münchener Juden, denen man vorgelogen hatte, sie sollten im Ghetto von Kowno angesiedelt werden, einige Kilometer zu Fuß laufen – bis zu dem Fort IX des ehemaligen Festungsringes. Dort wurden sie in zuvor ausgehobene Massengräber getrieben, mit Maschinengewehren niedergemäht und dann, zum Teil noch lebend, begraben. So wie sie endeten die jüdischen Insassen der vier anderen Züge (aus Berlin, Frankfurt/M., Breslau und Wien), die im November 1941 in Kowno ankamen. Von den jeweils knapp tausend Insassen überlebte nicht ein einziger.
Bei den knapp 30 Deportationszügen, die zwischen dem November 1941 und dem Oktober 1942 in Riga oder in Riga-Ghetto, in Riga-Jungfernhof und in Raasiku ankamen, gab es Überlebende. Doch ihre Zahl ist verschwindend gering. Von den insgesamt 31372 ins Baltikum deportierten deutschen, österreichischen und tschechoslowakischen Juden überlebten nur 1147 die brutalen Transporte, das Elend der Lager und die Tötungsaktionen in den lettischen Wäldern. Ins Gedächtnis der Nachwelt eingegraben hat sich der so genannte „Rigaer Blutsonntag”, der 30. November 1941, an dem neben Tausenden von lettischen Juden aus dem Rigaer Ghetto auch die 1053 Insassen eines aus Berlin angekommenen Zuges ausnahmslos umgebracht wurden.
Zurück zu Cilla Spatz. Der erste Teil ihrer Geschichte – und eigentlich ihr ganzes Leben – steckt in vier Zeilen: „Spatz, Cilla. geb Holzer. *18.05.1902 in Traunstein, Bay. LA: München, Trogerstr. 44.” Die Buchstaben LA stehen für „letzte Adresse (von hier aus deportiert)”. Bei anderen Deportierten findet man die Buchstaben LL für „letztes Lebenszeichen” oder TD für „Todesdaten”. Der Rest der Geschichte von Cilla Spatz und ihrem Sohn – und von den anderen 31370 Deportierten, soweit sie namentlich bekannt sind – steht in den Abfahrts- und Ankunftsdaten der Züge und in den Berichten der Historiker, die die Tafeln mit den Namen und den Vierzeilern rahmen.
Aus solchen aufs Äußerste reduzierten „Biographien” oder richtiger Thanatographien bestehen die beiden Bände des „Buchs der Erinnerung”, das soeben im Verlag K.G. Saur erschienen ist. Realisiert wurde das Buch, das mit den Namen der Toten die Erinnerung an sie bewahrt, durch aufwändige historische Recherchen unter der wissenschaftlichen Leitung des Berliner Historikers Wolfgang Scheffler. Als Träger des Unternehmens zeichnen das Berliner „Centrum Judaicum” und die Gedenkstätte „Haus der Wannsee-Konferenz”, der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. und das Deutsche Riga- Komitee.
Weniger ein „Lesebuch” im herkömmlichen Sinn denn ein Memorial oder Gedächtniszeichen, erinnert es an Denkmäler wie das von Thiepval (für die englischen Vermissten der Sommeschlacht) oder das Vietnam Memorial in Washington. Näher aber steht es anderen Projekten zur Erinnerung an die Vernichtung der europäischen Juden wie die riesige Namenstafel im ersten, von Helmut Kohl gekippten Entwurf für das Holocaust-Mahnmal in Berlin.
ULRICH
RAULFF
Buch der Erinnerung. Die ins Baltikum deportierten deutschen, österreichischen und tschechoslowakischen Juden. Bearb. von Wolfgang Scheffler und Diana Schulle. Verlag K.G.Saur, München 2003. 2 Bände, zus. 1072 Seiten, 148 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.10.2003

Heimlich verscharrt

JUDENVERNICHTUNG. Zwischen November 1941 und Oktober 1942 wurden über 30 000 deutsche, österreichische und tschechoslowakische Juden beiderlei Geschlechts und aller Altersstufen in die von deutschen Truppen besetzten baltischen Staaten verschleppt und größtenteils ermordet. Die Leichname wurden heimlich verscharrt, denn die Mörder wollten ihren Opfern nicht nur die Namen nehmen, sondern auch alle Erinnerungen an sie tilgen. Den wissenschaftlichen Bearbeitern unter Leitung des renommierten Historikers Wolfgang Scheffler gebührt das besondere Verdienst, die einzelnen Phasen der von den Nationalsozialisten euphemistisch "Endlösung" genannten Judenmorde im Baltikum erstmals systematisch dokumentiert und die Namen der Opfer vor dem Vergessen bewahrt zu haben. Der erste Band der deutsch- und englischsprachigen Publikation enthält neben einem quellengesättigten historischen Überblick detaillierte Darstellungen zu den Deportationen aus Berlin, München, Frankfurt/Main, Wien und Breslau nach Kowno (Litauen) und Riga (Lettland). Im zweiten Band werden die Deportationen aus zwölf weiteren deutschen Großstädten sowie jene aus Theresienstadt in den Raum Reval (Estland) beschrieben. In beiden Bänden sind überdies die persönlichen Daten (Namen, Herkunft, letzte Anschrift) von etwa 31 000 Opfern verzeichnet. Vorangestellt sind dem "Buch der Erinnerung" Geleitworte der Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich sowie der Staatspräsidentin der Republik Lettland. "Dieses Buch ist kein Trost", schrieb Bundespräsident Rau, "und doch ist es unendlich wichtig, daß dank seiner die Namen der Ermordeten überdauern. Jeder Name kündet von einem Menschen." Die Geleitworte unterstreichen die herausragende Bedeutung des nunmehr vorliegenden Standardwerkes zum Schicksal der deutschen, österreichischen und tschechoslowakischen Juden, denen zuerst das Recht, dann die Heimat und zuletzt das Leben geraubt worden ist. (Buch der Erinnerung. Die ins Baltikum deportierten deutschen, österreichischen und tschechoslowakischen Juden. Herausgegeben vom Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge e.V. und dem Riga-Komitee der deutschen Städte gemeinsam mit der Stiftung Neue Synagoge Berlin-Centrum Judaicum und der Gedenkstätte "Haus der Wannsee-Konferenz". Bearbeitet von Wolfgang Scheffler und Diana Schulle. 2 Bände. K.G. Saur Verlag, München 2003. 1072 Seiten, 148.- [Euro].)

HANS-JÜRGEN DÖSCHER

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ulrich Raulff sieht das vorliegende Werk mehr als Denkmal denn als herkömmliches "Lesebuch", erinnert es ihn doch an Mahnmale wie das von Thiepval oder das Vietnam Memorial, mehr aber noch an die riesige Namenstafel im ersten, von Helmut Kohl gekippten Entwurf für das Holocaustmahnmal in Berlin. Zwischen November 1941 und Oktober 1942 gab es rund 30 Deportationszüge aus dem Reichsgebiet nach Lettland. Eine verschwindend geringe Zahl der Insassen überlebte die Zeit des Nationalsozialismus. Den Opfern ist dieses Buch gewidmet. Mittels auf vier Zeilen gekürzter Biografien wird das Leben von 31.370 Deportierten vor dem Abtransport beschrieben, soweit die Namen noch herauszufinden waren. Der Rest steht in den Ankunfts- und Abfahrdaten der Züge und den Berichten von Historikern, welche die Vierzeiler umrahmen. Durch eine aufwändige historische Recherche bewahren die beiden Bände die Erinnerung an die Toten, indem sie ihre Namen nennen, schließt der Raulff seine Rezension.

© Perlentaucher Medien GmbH
"...das 'Buch der Erinnerung' [ist] nicht nur wichtig als gedrucktes Mahnmal für die Opfer, sondern auch ein Markstein der Holocaust-Forschung." (Die Welt, Berlin, 31.3.2003) "Die Geleitworte unterstreichen die herausragende Bedeutung des nunmehr vorliegenden Standardwerkes zum Schicksal der deutschen, österreichischen und tschechoslowakischen Juden, denen zuerst das Recht, dann die Heimat und zuletzt das Leben geraubt worden ist." (Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 241, 17.10.2003) "... ist das "Buch der Erinnerung" ein fundiertes Nachschlagewerk, das nicht nur aufgrund seiner Zweisprachigkeit (Deutsch/Englisch) auch international einen herausragenden Platz in der wissenschaftlichen Forschung einnehmen wird." (Humanities, Berlin, 13. Februar 2004) "Dieses sehr gründlich gearbeitete und sehr präzise Werk erweitert nicht nur den aktuellen Kenntnisstand, es schafft auch ein wichtiges und gewichtiges Mahnmal der Erinnerung. Seine Bedeutung kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden!". (Auskunft, Hamburg, Nr. 273, September 2004) "Das 'Buch der Erinnerung' dürfte zu einem Standardwerk werden und gleichzeitig der Lokal- und Regionalforschung zur Verfolgung der Juden unter der NS-Diktatur neue Impulse geben." (Jahrbuch f. die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands, Potsdam, 2004) "...ein international nutzbares, fundiertes Nachschlagewerk" (Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Berlin, Nr. 12, 2005)