BUFFALO BALLAD Der Donner rollte über die Prärie - und dann war Stille. Einst zogen Millionen Indianerbüffel über die endlosen Ebenen des Mittleren Westens. Dann folgte das gigantische Schlachten. die Indianer wurden ihrer Lebensgrundlage beraubt. Mit dem Bison verschwand das Büffelgras und mit ihm verließen auch die weißen Siedler den kargen, erodierten Boden. Präriestürme trieben den Staub bis nach New York City. Es war ein ökologisches, ökonomisches und soziales Desaster. Das ganze Land erkrankte. 1902 gab es noch 23 freilebende Bisons, verborgen in der Wildnis des Yellowstone Nationalparks. Theodore Roosevelt schickte die Kavallerie um die letzten ihrer Art zu schützen. Der Präsident wusste, der Bison ist ein Symbol für die amerikanische Seele. Jetzt kehrt der Büffel zurück. Es ist eine Reise in die Vergangenheit, um wieder eine Zukunft zu haben. Buffalo Ballad ist eine visuelle Spurensuche nach dem Geist und Mythos dieser amerikanischen Ikone. In den magischen Schwarz-Weiß-Bildern wird der Bison zu einer realen Vision. Es muss da draußen Orte geben, wo archaische Kreaturen frei leben können. Das ist gut für den Planeten - und gut für den Menschen. Dieses fotografische Werk ist ein Statement. Das Buch ist wie der Büffel selbst.Das Buch erhielt die Auszeichnung "Deutscher Fotobuchpreis GOLD 2015".
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.12.2014Symbol auf vier Beinen
Es war fünf Sekunden vor zwölf. Mit einem kurzen, sehr amerikanischen Satz beschreiben Heidi und Hans-Jürgen Koch die letztmögliche Rettungsaktion für den Bison: "Rooselvelt schickte die Kavallerie." In einem abgelegenen Teil des Yellowstone-Nationalparks hatten die letzten wild lebenden Tiere überlebt. Es waren dreiundzwanzig Exemplare. Dreiundzwanzig von ursprünglich etwa dreißig Millionen. Nach einem nur wenige Jahrezehnte dauernden Massenjagen war diese winzige Gruppe der letzte Rest von einer solchen Masse an Tieren, dass man bisweilen bis zum Horizont den Boden der Prärie nicht mehr gesehen haben soll, wenn die Herden unterwegs waren. Präsident Theodore Roosevelt ließ die letzten Tiere streng bewachen. Heute leben wieder eine halbe Million Bisons in Amerika, davon dreißigtausend wild. Heidi und Hans-Jürgen Koch haben ihnen nun ein Buch gewidmet. Seit fünfundzwanzig Jahren fotografieren die beiden gemeinsam. Der Bison sei für sie ein Sinnbild. Nur eine Welt, schreiben sie, in der es Orte gebe, an denen archaische Kreaturen frei leben können, sei eine lebenswerte Welt. Das Buch ist ein Meisterwerk der empathischen Dokumentarfotografie. Und ein anachronistisches Werk. Alle Bilder sind schwarzweiß fotografiert, geradeso, als entstammten sie der Zeit, als die ersten Fotografen in weiten Westen zogen und mit ihren Plattenkameras das Land dokumentierten, die Wildnis sowie ihre Bewohner - und auch die Büffeljagd vom Zug aus. Heidi und Hans-Jürgen Kochs Fotoband ist mehr als nur ein großartiges Tierbuch. Es wird zugleich die Geschichte der Great Plains dokumentiert, deren Wandel und Verfall unmittelbar mit der Ausrottung der Bisons zusammenhängt. Denn als die letzten Herden abgeschlachtet waren, kam die große Dürre. Bisons waren aktive Landschaftspfleger, sie schützten das Prairiegras. Die Rinder der Ranches hingegen fraßen alles kahl, der Boden erodierte, ganze Landstriche wurden zu Staub, verheerende Sandstürme zogen übers Land, die Menschen flüchteten, Zehntausende Siedler mussten ihr mühsam geschaffenes Zuhause verlassen, zogen in die Städte. Zurückgeblieben sind Orte, die heute Geisterstädte sind. Auch davon finden sich Beispiele in dem Buch. Auf den Landschaftsbildern mit niedrigem Horizont dräuen Wolken, als würden bald Stürme heranrollen, andere, in der Sonne aufgenommen, zeigen harte Schatten. So darf auch die Landschaft wieder wild werden, als hätte es keine menschlichen Eingriffe gegeben. Gras überwuchert die Schienen der einst todbringenden Eisenbahn. Im Vordergrund aber, buchstäblich, stehen die gewaltigen, bis zu knapp einer Tonne schweren Tiere, denn abgebildet sind sie oft aus anrührender Nähe. Da ist dann ein gigantischer Schädel nur im Ausschnitt zu sehen, das schwarz gekräuselte Fell, das Horn und ein bewimpertes Auge. Das sind keine Kuscheltiere, soviel wird klar, sondern wilde Kreaturen aus der Tiefe der Zeit.
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"Buffalo Ballad. On the Trail of an America Icon" von Heidi & Hans-Jürgen Koch. Edition Lammerhuber, Baden in Österreich 2014. 208 Seiten, zahlreiche Fotografien. Gebunden, 99 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es war fünf Sekunden vor zwölf. Mit einem kurzen, sehr amerikanischen Satz beschreiben Heidi und Hans-Jürgen Koch die letztmögliche Rettungsaktion für den Bison: "Rooselvelt schickte die Kavallerie." In einem abgelegenen Teil des Yellowstone-Nationalparks hatten die letzten wild lebenden Tiere überlebt. Es waren dreiundzwanzig Exemplare. Dreiundzwanzig von ursprünglich etwa dreißig Millionen. Nach einem nur wenige Jahrezehnte dauernden Massenjagen war diese winzige Gruppe der letzte Rest von einer solchen Masse an Tieren, dass man bisweilen bis zum Horizont den Boden der Prärie nicht mehr gesehen haben soll, wenn die Herden unterwegs waren. Präsident Theodore Roosevelt ließ die letzten Tiere streng bewachen. Heute leben wieder eine halbe Million Bisons in Amerika, davon dreißigtausend wild. Heidi und Hans-Jürgen Koch haben ihnen nun ein Buch gewidmet. Seit fünfundzwanzig Jahren fotografieren die beiden gemeinsam. Der Bison sei für sie ein Sinnbild. Nur eine Welt, schreiben sie, in der es Orte gebe, an denen archaische Kreaturen frei leben können, sei eine lebenswerte Welt. Das Buch ist ein Meisterwerk der empathischen Dokumentarfotografie. Und ein anachronistisches Werk. Alle Bilder sind schwarzweiß fotografiert, geradeso, als entstammten sie der Zeit, als die ersten Fotografen in weiten Westen zogen und mit ihren Plattenkameras das Land dokumentierten, die Wildnis sowie ihre Bewohner - und auch die Büffeljagd vom Zug aus. Heidi und Hans-Jürgen Kochs Fotoband ist mehr als nur ein großartiges Tierbuch. Es wird zugleich die Geschichte der Great Plains dokumentiert, deren Wandel und Verfall unmittelbar mit der Ausrottung der Bisons zusammenhängt. Denn als die letzten Herden abgeschlachtet waren, kam die große Dürre. Bisons waren aktive Landschaftspfleger, sie schützten das Prairiegras. Die Rinder der Ranches hingegen fraßen alles kahl, der Boden erodierte, ganze Landstriche wurden zu Staub, verheerende Sandstürme zogen übers Land, die Menschen flüchteten, Zehntausende Siedler mussten ihr mühsam geschaffenes Zuhause verlassen, zogen in die Städte. Zurückgeblieben sind Orte, die heute Geisterstädte sind. Auch davon finden sich Beispiele in dem Buch. Auf den Landschaftsbildern mit niedrigem Horizont dräuen Wolken, als würden bald Stürme heranrollen, andere, in der Sonne aufgenommen, zeigen harte Schatten. So darf auch die Landschaft wieder wild werden, als hätte es keine menschlichen Eingriffe gegeben. Gras überwuchert die Schienen der einst todbringenden Eisenbahn. Im Vordergrund aber, buchstäblich, stehen die gewaltigen, bis zu knapp einer Tonne schweren Tiere, denn abgebildet sind sie oft aus anrührender Nähe. Da ist dann ein gigantischer Schädel nur im Ausschnitt zu sehen, das schwarz gekräuselte Fell, das Horn und ein bewimpertes Auge. Das sind keine Kuscheltiere, soviel wird klar, sondern wilde Kreaturen aus der Tiefe der Zeit.
bär
"Buffalo Ballad. On the Trail of an America Icon" von Heidi & Hans-Jürgen Koch. Edition Lammerhuber, Baden in Österreich 2014. 208 Seiten, zahlreiche Fotografien. Gebunden, 99 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Sylvia Staude ist schwer beeindruckt von diesem wuchtigen Fotoband über ein wuchtiges Tier. Vor allem die Art und Weise, wie Heidi und Hans-Jürgen Koch den Bison abbilden, nicht niedlich, ohne Bezug zum Menschen, ganz in sich ruhend, meistens schwarz-weiß vor leerer Landschaft, hat sie überzeugt. Fast kann sie das Fell in den bildfüllenden Porträts spüren. Für Staude ein wundervoller Band, der durch faktenreiche kurze Texte auf gelungene Weise ergänzt wird.
© Perlentaucher Medien GmbH
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