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Als Ergebnis eines internationalen und interdisziplinären Forschungsprojektes zeigt diese umfassende Monografie erstmals die ganze Geschichte und Produktpalette der "Feinsteinzeugfabrik Julius Paul & Sohn in Bunzlau". Eine besondere Herausforderung an die Autoren bedeutete der Verlust des gesamten historischen Quellen-Materials. Lediglich wenige Originalzeugnisse, die Vertreibung und Flucht überstanden hatten, ließen sich auswerten. Nach umfangreichsten Untersuchungen gelang es, die nahezu komplette Produktion von über 6000 Julius Paul-Keramiken zu rekonstruieren und hier erstmals zu…mehr

Produktbeschreibung
Als Ergebnis eines internationalen und interdisziplinären Forschungsprojektes zeigt diese umfassende Monografie erstmals die ganze Geschichte und Produktpalette der "Feinsteinzeugfabrik Julius Paul & Sohn in Bunzlau". Eine besondere Herausforderung an die Autoren bedeutete der Verlust des gesamten historischen Quellen-Materials. Lediglich wenige Originalzeugnisse, die Vertreibung und Flucht überstanden hatten, ließen sich auswerten. Nach umfangreichsten Untersuchungen gelang es, die nahezu komplette Produktion von über 6000 Julius Paul-Keramiken zu rekonstruieren und hier erstmals zu veröffentlichen.Das vorliegende Werk zeigt mit neuen Forschungs-Methoden die historische Entwicklung von einer kleinen Töpferei bis hin zur Weltfirma. Sämtliche Formen und Formvarianten (etwa 650) werden durch Fotos und Schnitt-Zeichnungen dokumentiert sowie die unterschiedlichen Dekore (etwa 800) und Glasurtechniken analysiert. Ein vollständiger Dokumentationsteil und ein Verzeichnis von über 170 Marken und Signets runden das Standardwerk ab.
Autorenporträt
Dr. Werner Endres studierte Pharmazie in München und promovierte 1969. Ab 1977 arbeitete er an der Universität Regensburg am Lehrstuhl Pharmazeutische Technologie. In den Jahren 1982-2005 organisierte er den Arbeitskreis für Keramikforschung und die jährlichen Internationalen Hafnereisymposien. Neben umfangreicher Forschungs- und Lehrtätigkeit war er an Ausstellungs-, Vortrags- und Projektarbeiten verschiedener Museen beteiligt. Er veröffentlichte mehr als 200 Beiträge zur Keramik.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.03.2004

Absturz mit parteibrauner Kanne
Klickeradomms von Bunzlau: Die umfassende Geschichte von Aufstieg und Fall einer deutschen Keramikfabrik
Milchschüssel und Schmalztopf, Senfgefäß, Blumenvase und bauchige Kaffeekanne für die Großfamilie, alles mit dem getupften Schwammdekor – diese Siebensachen sind der älteren Generation noch aus der elterlichen Küche vertraut. Viele sind Kenner und sagen in Gedanken an eine Welt des Echten und Rechten: Bunzlau! Von dort kam schlechterdings „alles was für Haus und Küche zum Gebrauch und Schmuck denkbar ist.”
Erst nach dem Ende der Bunzlauer Produktion in Niederschlesien nach 1945 wurde diese Ware für manche Leute regelrecht ansteckend: Drei Stücke und ein zweiter Aschenbecher, den man gar nicht brauchte – und schon griff der Sog der Serie. Die Passion des Sammelns immer neuer Stücke eines Zeitraums oder einer Manufaktur wird unheilbar. Konrad Spindler, der hochverdiente leitende Schöpfer dieser außerordentlichen Monographie über die wichtigste Bunzlauer Keramikfabrik, hatte eine zusätzliche Motivation für seinen Vierzehnpfünder mit mehr als 2000 Illustrationen: Der Prähistoriker, Volkskundler und Neuzeitarchäologe stieß bei Grabungen in Erlangen auf das, worauf ein Archäologe zu stoßen pflegt – einen Scherbenhaufen. Der konnte als Bunzlauer Ware des 19. und 20. Jahrhunderts bestimmt werden, doch von welchen Geräten und von welcher Manufaktur? Sie stammten zumeist von Julius Paul & Sohn.
Unter Spindlers Leitung begann eine große Arbeitsgruppe am Institut für Ur- und Frühgeschichte, sowie Mittelalter- und Neuzeitarchäologie der Universität Innsbruck über Jahre das ganze Spektrum der Firmengeschichte von Julius Paul & Sohn von der Gründung 1893 bis zum Untergang 1945 aufzuarbeiten. Von der bebilderten Chronik der Inhaberfamilie Paul, über die Sozialgeschichte der Arbeiter, die Technik der Brennöfen, die wertvollen Verkaufskataloge und die anspruchsvolle Werbung, entworfen z. T. von dem Peter Behrens-Schüler Max Hertwig, bis hin zu Vertriebs- und Umsatzzahlen. Minutiös wird die Entwicklung von der handwerklichen Töpferei zur keramischen Fabrik mit etwa hundert Arbeitern geschildert und die vollständige „Produktpalette” in ihren Höhen und Tiefen veröffentlicht, gnadenlos, wie die Öfen sie brannte. Das Ergebnis ist die gründlichste Studie einer Keramikfabrik, die wir besitzen. Selbst die großen alten Manufakturen, wie Meissen, Berlin oder Nymphenburg können nicht mithalten; Villeroy & Boch ist, im Vergleich, für die Anschauung geradezu unerschlossen. In Bunzlau ist für das wichtigste der dortigen Unternehmen der gesicherte Boden bereitet, auch für eine formgeschichtliche Untersuchung der Gerätegattungen, für den Vergleich mit den vielen konkurrierenden Steingutfabriken und ihren nicht minder „gewagten Formerfindungen” in dem neuerungsfreudigen Kunstklima der Weimarer Republik.
Der traditionelle, arbeitsintensive Schwammdekor wird seit 1928 weitgehend ersetzt durch den so genannten Spritzdekor. Der mit Farbpistole und Schablonen aufgetragene abstrakte Flächendekor beherrscht das weite Feld eines Zeitstils, den man besser nicht als „suprematistisch” oder gar als „Art Deco” bezeichnen sollte. Den deutschen und österreichischen Manufakturen lag dessen Luxus-Welt sehr fern.
Die Bedeutung der Bunzlauer Fachschule, unter ihrem verdienten Leiter Eduard Berdel, und mit Arthur Hennig als herausragendem künstlerischen Lehrer, wird nur gestreift, obwohl sie, wie die zeitgenössische Fachliteratur, die modernen abstrakten Dekore für „ein Gebot der Stunde” erklärten. Das wäre die einzige kleine Lücke in dem wahrhaft enzyklopädischen, stark betriebsgeschichtlich, unternehmerbiographisch und produktklassifikatorisch orientierten Werk. Der Kunstgeschichte ist ein reiches Material für ergänzende Studien in die Hand gegeben. So könnte man die enorme horizontale Ausdehnung des Materials durch eine vertikale Bewertung vertiefen.
Weil ein halbes Dutzend von Produkten mit „avantgardistischen Dekoren” nach zwei Jahren zurückgezogen wurde – vermutlich eher aus funktionalen Gründen – spricht der Autor von einem „letztlich missglückten Versuch, Suprematismus und Bauhaus unters Volk zu bringen” Nicht aber der hart arbeitende „deutsche Durchschnittskunde, der ein Biedermann war und blieb”, dürfte die „avantgardistischen” Haushaltsgeschirre ausgesucht haben; dessen neugierigere Frau und Großmutter wird Tisch, Küche und Schrank mit den bunten und zeitgemäßen Gebrauchsgeräten geschmückt haben.
„Der moderne Kunsthandel” und „nur ästhetische oder andere kuriose Gesichtspunkte” gewisser Interpreten haben es immerhin vermocht, die „Misserfolge” der „gewagteren Formgestaltungen” der Firma am Markt zu den „heute am höchsten geschätzten Sammlerraritäten” umzumünzen. Einen Niedergang der Formphantasie der Firma lassen dagegen die „Erfolge” mit Großaufträgen vom „Reichsarbeitsdienst” 1941 erkennen: für Kaffeekannen mit dem abgeschafften Schwammdekor. Seinen Tiefpunkt findet die Produktion in einer plumpen, nunmehr parteibraunen Kanne mit noch plumperem Parteiemblem. Sie wurde im Jahre 1938 als Großauftrag des „Reichsbundes für Leibesübungen” vom Innenministerium in Auftrag gegeben. Das war der berüchtigte Wilhelm Frick, der erste „Säuberer” von „entarteter Kunst” in Weimar, schon 1930. Kein Wunder, dass von „Spannungen” zwischen den Nachkommen der Familie Paul mit dem Geschäftsführer und Parteimitglied Burghardt berichtet wird.
Das Autorenteam und der Verlag haben das große Verdienst, ein Kapitel in der Geschichte der deutschen künstlerischen Keramikproduktion wiedergewonnen zu haben – in seiner Gänze, nicht nur in fünfundzwanzig ausgesuchten Einzelstücken. Schon vor der materiellen Zerstörung am Ende des Krieges war sie zugrunde gegangen.
TILMANN BUDDENSIEG
INGE LIPPERT, KONRAD SPINDLER, WERNER ENDRES, EKKEHARD LIPPERT: Bunzlauer Keramik. Die Feinsteinzeugfabrik Julius Paul & Sohn in Bunzlau (1893-1945), 2 Bde. Arnoldsche Verlagsanstalt, Stuttgart 2003, 139,80 E.
Kakao-Kanne 1930. Julius Paul & Sohn, Bunzlau.
Foto: Wolfgang Volz
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Eine ganz "außerordentliche Monografie" hat Tilmann Buddensieg mit dieser Studie zur Bunzlauer Keramikfabrik Julius Paul & Sohn in den Händen gehalten, mit der sich ihr geistiger Schöpfer Konrad Spindler in den Augen des Rezensenten hochverdient gemacht hat. Das gesamte Spektrum der Firmengeschichte werde darin abgedeckt, versichert der Rezensent: die Chronik der Inhaberfamilie Paul, die Sozialgeschichte der Arbeiter, die Brenntechniken und die unterschiedlichen Dekorformen. Nicht unterschlagen werde auch der "Niedergang der Formphantasie", wie Buddensieg die Produktion parteibrauner Kaffekannen hübsch umschreibt.

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