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Das Handbuch "Burgen in Livland" ist eine aktuelle Synthese zur historischen Wehrarchitektur im heutigen Estland und Lettland. Darin wird eine Übersicht zu den mittelalterlichen Wehrbauten dieser Region an der nordöstlichen Grenze des westeuropäischen Kulturbereichs gegeben. Die Autoren gehen den Fragen nach der Genese, Entwicklung und Einbindung der dortigen Baukunst in den europäischen Kontext nach. Der zeitliche Schwerpunkt der Darstellung liegt zwischen dem späten 12. und der Mitte des 16. Jahrhunderts. Das Handbuch gliedert sich in drei Hauptabschnitte: Historische Einführung, Entwicklung…mehr

Produktbeschreibung
Das Handbuch "Burgen in Livland" ist eine aktuelle Synthese zur historischen Wehrarchitektur im heutigen Estland und Lettland. Darin wird eine Übersicht zu den mittelalterlichen Wehrbauten dieser Region an der nordöstlichen Grenze des westeuropäischen Kulturbereichs gegeben. Die Autoren gehen den Fragen nach der Genese, Entwicklung und Einbindung der dortigen Baukunst in den europäischen Kontext nach. Der zeitliche Schwerpunkt der Darstellung liegt zwischen dem späten 12. und der Mitte des 16. Jahrhunderts. Das Handbuch gliedert sich in drei Hauptabschnitte: Historische Einführung, Entwicklung und Merkmale der Burgenarchitektur, Katalogteil mit der Beschreibung von 110 Burgen. Der Band ist mit aktuellen Fotos, historischen Ansichten und Plänen reich illustriert.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Jan Brachmann schmökert in dem von Christofer Herrmann herausgegebenen Band, in dem die Forscher Alexander Baranov, Villu Kadakas, Juhan Kreem und Ieva Ose ihr Wissen über Geschichte, Funktion und Bau mittelalterlicher Burgen in Estland und Lettland mit der interessierten Leserin teilen. Bündig scheint dem Rezensenten im Band Dokument neben Bild neben Deutung zu stehen und Fragen zur Deutschordenstaatlichkeit zu klären, Verwaltungsstrukturen offenzulegen und "konzise" in Bautypen einzuführen. Anschaulich findet er die Geschichte Lettlands und Estlands präsentiert. Und sogar über die berühmten Steinmetze Tallins erfährt er Wissenswertes.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.07.2024

Kreuzzug mit Stein und Mörtel

Die Behauptung, die Grenze zwischen Ost und West in Europa verlaufe durch Deutschland und die Berliner Mauer sei deren Symbol gewesen, löst in Lettland und Estland nur Achselzucken aus. Denn die wirkliche Grenze zwischen Ost und West, dem sogenannten Lateineuropa und dem orthodoxen Europa, verläuft hier - und zwar schon seit mehr als achthundert Jahren. Sie ist eine der stabilsten kulturellen und politischen Scheidelinien unseres Kontinents. Nicht zufällig entzünden sich an ihr entlang erneut die geostrategischen Krisen der Gegenwart.

Die Bischofsburg Vastseliina (ehemals Neuhausen) in Südestland, nur wenige Kilometer von der heutigen Grenze zu Russland entfernt, markierte einen der letzten Vorposten des römischen Katholizismus vor der orthodoxen Herrschaft Pleskau. Der Bau der Burg, die zum Bistum Dorpat (heute Tartu) gehörte, wurde 1342 durch den Ordensmeister Burchard von Dreileben mit einem mächtigen Wohnturm begonnen und im fünfzehnten Jahrhundert mit einer Ringmauer und runden Feuerwaffentürmen erweitert. Auch die lutheranischen Schweden, die das Gebiet des alten Livlands im siebzehnten Jahrhundert besetzt hatten, behielten die Burg als Grenzbefestigung bei. Im Jahr 1705 wurde sie durch das russische Heer Peters I. gestürmt und ruiniert. Reste der ehemaligen "Frauenburg" (sie war der Gottesmutter Maria geweiht) kann man heute immer noch auf einem hohen Wall mit weiter Aussicht bestaunen. Sie sind durch ihre gewaltigen Ausmaße und das Ineinander von Feldstein und Backstein eindrucksvoll. Wie alle Fragmente stimulieren sie die Phantasie.

Dem Wissbaren und Dokumentierten aber folgen die Forscher Alexander Baranov, Villu Kadakas, Juhan Kreem und Ieva Ose in dem von Christofer Herrmann herausgegebenen Handbuch "Burgen in Livland", das die Geschichte, Funktion und Architektur von mehr als hundert mittelalterlichen Wehrbauten in Estland und Lettland beschreibt und in einem reich bebilderten Katalog bündig zusammenfasst.

Livland umfasst in etwa das Gebiet der heutigen Republiken Lettland und Estland, benannt nach dem ostseefinnischen Stamm der Liven, die am Unterlauf der Düna siedelten. Ende des zwölften Jahrhunderts setzte von Deutschland aus eine intensive Christianisierung der einheimischen Heiden ein, die mit den baltischen Kreuzzügen kurz nach 1200 gewaltsame Züge annahm. Der 1202 gegründete Schwertbrüderorden konkurrierte bald mit dem Königreich Dänemark um die Vorherrschaft in der Region; schließlich griff 1230/31 der Deutsche Orden ein und gründete 1237 die Provinz Livland.

Dennoch, so schreiben die Autoren, sei es falsch, von einem Deutschordensstaat zu reden. Denn so mächtig der Deutsche Orden auch war, fand er sich dennoch in seiner landesherrlichen Souveränität dauerhaft eingeschränkt durch die Bischöfe von Riga, Kurland, Dorpat und Ösel-Wiek. Die Burgendichte in Livland fällt unterschiedlich aus: zwischen den Flüssen Düna und Aa recht hoch, ebenso in Südestland und Kurland (Westlettland). Weniger Burgen finden sich dagegen in Lettgallen und Semgallen (also Süd- und Ostlettland) sowie in Nordestland. Dabei trifft man heute ausgerechnet in Nordestland, nämlich in der Hauptstadt Tallinn (früher Reval) und in Kuressaare (Arensburg) auf der Insel Saaremaa (Ösel), auf zwei der größten und besterhaltenen Burgen des gesamten Bestandes.

Die wuchtigen Bauwerke sind Zeugnisse einer Verwaltungsstruktur. Das Stiftsterritorium eines Bischofs unterteilte sich in Vogteien; die Orden bildeten hingegen Konvente mit Komturen, unterhielten aber auch Vogtsburgen und Landmeisterresidenzen. Ausländische Mächte wie Schweden und Dänemark verlehnten hingegen Land an Vasallen, die ihre eigenen Burgen bauten.

Das Buch führt konzise in verschiedene Burg- und Bautypen ein, erläutert deren Raumstruktur und erzählt in knappen Katalogtexten deren Geschichte, die reich an Ranküne und Mord ist. Ebenso anschaulich wie dicht gedrängt bekommt der Leser hier eine Einführung in die mittelalterliche Geschichte Lettlands und Estlands, erfährt etwas über das berühmte Steinmetzgewerbe Revals, wo es viel Naturstein zum Bauen und Verzieren gab, und bekommt vorgeführt, dass das Bauen der Kreuzzügler mit Stein und Mörtel bereits eine Demonstration der Überlegenheit über das Bauen der Einheimischen mit Holz und Erde war. Vor achthundert Jahren machte die Wetter- und Feuerfestigkeit der Steinbauten Eindruck. Heute erleben Holz und Erde im nachhaltigen Bauen ihre große Renaissance. JAN BRACHMANN

Christofer Herrmann (Hrsg): "Burgen in Livland". Mittelalterliche Wehrbauten in Estland und Lettland.

Michael Imhof Verlag, Petersberg 2023, 288 S., Abb., geb., 24,95 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.
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