Burgen von der Bronzezeit bis ins zwanzigste Jahrhundert
Nichts ist einem Kind langweiliger, als lange Fahrten mit dem Auto. Eltern versuchen ihre quengeligen Kinder in diesen Fällen mit einer Vielzahl an Spielen von dem eintönigen Dahinrollen auf dem Asphalt abzulenken. Ich erinnere mich, dass ich auf dem Weg nach Italien immer Burgen zählte. Von ihnen gibt es jede Menge, wenn man sich über den Brenner nach Süden vorarbeitet, und manche sind – Ton in Ton mit dem Fels – gar nicht so leicht zu entdecken. Hatte man aber eine erspäht, dann stellte man sich ihre Belagerung vor; oder man verteidigte sie mutig von den Zinnen herab gegen eine Horde heranstürmender Raubritter.
Viel zu entdecken gibt es auch in Simon Adams Buch Burgen und Festungen. Der Engländer führt seine Leser quer durch alle Zeiten, von der Bronzezeit bis ins 20. Jahrhundert, und über den gesamten Planeten, von China über Marokko und Spanien bis nach Südamerika, um ihnen einen Einblick in Bedeutung, Funktion und Bauweise dieser faszinierenden Anlagen zu verschaffen. Trutzig und gleichzeitig ungemein geschmeidig schlängelt sich die Chinesische Mauer über 2451 km durch das Reich Qin Shi Huangdis, des ersten Kaisers von China. Ebenso wehrhaft sind die aus sonnengetrockneten Lehmziegeln erbauten Burgen der Berber, die sogenannten Kasbahs. Und überwältigt muss derjenige gewesen sein, der die mächtige Inka-Festung Sacsayhuaman zum ersten Mal zu Gesicht bekam. Trotzdem konnten die Spanier sie im 16. Jahrhundert erobern. Anschließend trugen sie den Bau komplett ab.
Weil viele Anlagen nicht mehr erhalten sind, bedient sich Adams sorgfältig gemalter Bilder. Sie geben zumindest ansatzweise einen Eindruck von dem damaligen Leben und Treiben auf den Burgen, Zitadellen und Festungen wieder. Daneben zeigt er alte Gemälde und Stadtansichten sowie das ein oder andere Herrscherporträt. Und wann immer möglich, Fotos. Ihre etwas zufällige Anordnung – da ein Fotoausschnitt, dort ein Gemäldeschnipsel – ist allerdings gewöhnungsbedürftig. Vor allem im Zusammenspiel mit den informativen Begleittexten ergibt das gelegentlich ein rechtes Durcheinander. Aber das dürfte ganz nach dem Geschmack der jungen, überwiegend männlichen Leser sein. Es regt ihre Fantasie an.Und so wird sich schon bald so mancher von ihnen in hitzigen Gefechten mit einfallenden Mongolen, Kreuzrittern oder Samurais befinden.(ab 10 Jahre)
FLORIAN WELLE
SIMON ADAMS: Burgen und Festungen. Zeugnisse der Weltgeschichte. (Wissen erleben). Aus dem Englischen von Silvia Schröer. Arena Verlag 2006. 64 Seiten, 7,95 Euro.
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