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Nach den Gedichtsammlungen "Wie Treibholz" (1988), "Die Lust der Frauen auf Seite 13" (1994) und dem Band "Destillate" (1996), der Kurzprosa und Lyrik mischte, wirft Dagmar Leupold ihren Blick erneut auf Leben und Lieben, Lieben und Schreiben, wobei nicht selten das eine mit dem anderen in lakonischer Pointe zusammenfällt. Dagmar Leupold spielt souverän mit den Möglichkeiten des Mediums: versteckte Zitate, Anspielungen auf den europäischen Mythenvorrat, Zuflüsse aus allen Epochen der Literaturgeschichte machen ihre Texte für den Leser zu reichen Fundgruben. Andererseits kommen diese Gedichte…mehr

Produktbeschreibung
Nach den Gedichtsammlungen "Wie Treibholz" (1988), "Die Lust der Frauen auf Seite 13" (1994) und dem Band "Destillate" (1996), der Kurzprosa und Lyrik mischte, wirft Dagmar Leupold ihren Blick erneut auf Leben und Lieben, Lieben und Schreiben, wobei nicht selten das eine mit dem anderen in lakonischer Pointe zusammenfällt. Dagmar Leupold spielt souverän mit den Möglichkeiten des Mediums: versteckte Zitate, Anspielungen auf den europäischen Mythenvorrat, Zuflüsse aus allen Epochen der Literaturgeschichte machen ihre Texte für den Leser zu reichen Fundgruben. Andererseits kommen diese Gedichte leicht wie auf Tanzschritten daher: es ist ein beschwingter, selbstironischer, immer gewitzter weiblicher Ton, der auch die flüchtigsten Alltagsszenen festhält und Worte auflädt zu sinnlichen Wortkörpern.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.10.2001

Mein Kissen, mein Laken, mein Gedicht
Dagmar Leupold testet Byrons Feldbett / Von Wulf Segebrecht

Ein fast sorgloses Urlaubs-, Sommer- und Liebesgedicht eröffnet den dritten Gedichtband der 1955 geborenen Autorin: Von einer Segelbootsfahrt, vom Sonnenbrand und von Küssen ist darin die Rede, "die Füße flirten im Wasser", und "am Himmel schreibt ein / Flugzeug Gedichte". Wirklich Gedichte? Oder nicht doch nur Werbesprüche? Sicherheitshalber und beiläufig (in Klammern) fügt Dagmar Leupold gleich hinzu, es handele sich bei diesen luftigen Texten, wenn überhaupt, dann jedenfalls um schlechte Gedichte. Und die Begründung folgt auf dem Versfuß: "Die Erdung fehlt."

Die Erdung also, sie ist's. Auf sie kommt es an. Das ist kein leichtfertig neumodisches, eher ein altehrwürdiges Bestimmungsmerkmal für Gedichte. Denn daß Gedichte festen "Grund und Boden" haben müßten, forderte immerhin schon Goethe, und unumwunden bekannte er: "Von Gedichten, aus der Luft gegriffen, halte ich nichts."

Dagmar Leupolds Gedichte sind in diesem Sinne nicht aus der Luft gegriffen; sie sind geerdet: Von konkreten Gelegenheiten ausgehend, haben sie Grund und Boden in der Wirklichkeit, und die ist unverkennbar von heute. Das Millennium, der Computer, TV und sogar "Sabine Christiansen im Spendenaffärenkostüm" geraten mühelos ins Gedicht, und fürs allfällige historische Bewußtsein sorgen Anspielungen und Zitate aus der Bibel, dem Minnesang, aus "Des Knaben Wunderhorn" sowie aus Texten der amerikanischen Lyriker Wallace Stevens und William Carlos Williams; von Lord Byron ganz abgesehen, dessen praktisches "Koffercampbed" sogar auf dem Umschlag fotografisch abgebildet ist. Leider erfährt man aus dem Text des Titelgedichts allerdings nur, wie die beiden offenbar verliebten Besucher des Historischen Nationalmuseums in Athen vor Byrons Feldbett stehen wollten, nämlich "aneinandergelehnt", "ohne Andacht" und "voller Neugier", nicht aber, ob sie tatsächlich davor standen.

Eine Bagatelle? Keineswegs! Denn es geht offenbar gar nicht um Byrons Feldbett, sondern um die mögliche eigene Befindlichkeit für den Fall, daß man vor diesem Feldbett stünde. Damit wird aber auch die postulierte "Erdung" des Gedichts zur Fiktion, zum Vorwand. Der Anschein der Authentizität der Gegenstände dient lediglich der Einsicht in die Nichtübereinstimmung mit ihnen. Allein schon die Erwartung, mit Byrons Feldbett auf ein "selbstgedichtetes Leben" zu stoßen, führt zu der Erkenntnis, wie wenig authentisch die Museumsbesucher selbst, ob sie das Feldbett nun gesehen haben oder nicht, ihr Leben verbringen, "wer weiß unter welchem Pseudonym". Erst wenn diese Nichtübereinstimmung zwischen der beobachteten Welt und den eigenen Empfindungen vollständig aufgehoben wäre, wenn nur noch das eigene Gefühl übrig- bliebe und jede Gegenständlichkeit vernichtet wäre, würden die Gedichte "stimmen": "Gedichte / müssen stimmen / wie eine Berührung / unter Liebenden."

Dieser Poetik der Leibhaftigkeit folgen die Gedichte mit großer Konsequenz. Beide Bereiche, die Poetik und die Leibhaftigkeit, sind mit jeweils ausgeprägten und differenzierten Wortfeldern präsent. Sie bilden geradezu eine Variationskette von Referenzen auf den poetischen Text einerseits und auf das Körpergefühl andererseits, die den Band durchgehend bestimmt. Nun müßte man, um Empfindungen, besonders solche der Liebe, in der Lyrik aufzufinden, nicht ausgerechnet Dagmar Leupolds Gedichte aufschlagen, aber in der metaphorischen Verbindung mit Fachwörtern aus der Sprach- und Dichtungslehre sind sie gewiß ungewöhnlich und eigentümlich.

Wie schon in ihrem Roman "Edmond: Geschichte einer Sehnsucht" wird hier gleichsam ein poetologisch-grammatisches Wörterbuch auf die Bildkraft seiner Fachterminologie hin getestet. Das reicht von den Schriftzeichen über die Buchstaben und das Manuskript bis hin zu den Versen und Gedichten und dem ganzen Buch; man begegnet der Lautschrift und der Lautverschiebung, der Muttersprache und den Mundarten, der Simultanübersetzung, den Selbstlauten, den Konsonanten und den Diphthongen, dem Plural, dem Imperativ, den Epitheta und den Adjektiven; es werden die Tempi durchkonjugiert (Imperfekt, Futur II), die Interpunktion fehlt nicht, und das Enjambement oder der Zeilensprung werden erwähnt.

Schließlich sogar die Hurenkinder, wenn auch in eigenwilliger Bedeutung, denn mit dem "Zeilenende", das sie "mit Makel schwärzen", hat diese druckgraphische Bezeichnung nichts zu tun; Hurenkinder sind vielmehr isoliert stehende Endzeilen eines Absatzes am Anfang einer Seite. Unglücklicherweise schließt dieses Gedicht auch noch mit den Worten "Hätten wir doch mehr Ahnungen statt Ahnen", was hämische Kommentare geradezu herausfordert. Doch das wäre ganz ungerecht einem Band gegenüber, der eine ansehnliche Reihe klug bedachter und gut gemachter Gedichte enthält.

Dagmar Leupold: "Byrons Feldbett". Gedichte. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2001. 95 S., geb., 31,29 DM.

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Martin Krumbholz kann gar nicht glauben, dass eine "exzellente Schriftstellerin" wie Dagmar Leupold einen so katastrophalen Lyrikband wie "Byrons Feldbett", eine "Kollektion derart banaler, nachlässig und gedankenfaul gearbeiteter Gedichte" veröffentlicht hat. "Uninspiriert", "schlicht", "schlecht" und "entbehrlich" findet der Rezensent fast alle Verse, die die Autorin aufs Papier gebannt hat. Schmerzlich hat er die Suche nach dem treffenden Ausdruck, Originalität und eine runde Form vermisst. "Hingeschrieben, aber nicht nachgedacht", lautet das vernichtende Urteil von Krumbholz. Die Sorglosigkeit im Umgang mit der Sprache will der Rezensent der Autorin keineswegs durchgehen lassen.

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