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Nach dem erfolgreichen Erzählungsband Leichte Mädchen jetzt Malin Schwerdtfegers erster Roman
Malin Schwerdtfegers erster Roman erzählt vom Erwachsenwerden, von Liebe und Freundschaft, in einem neuen, wildpoetischen, unverwechselbaren Ton. Für die beiden Schwestern Sonja und Majka, zwei Mädchen in der Pubertät, ist die polnische Halbinsel Hel in ihren Sommerurlauben ein Ort der Abenteuer und Erweckungen, besonders das Café Saratoga, das ihr Vater von der steinalten Tante Apolonia übernimmt. Das Meer, die eigenen Körper, die Männer, die Landschaft werden entdeckt, mit Sorge, Lust und…mehr

Produktbeschreibung
Nach dem erfolgreichen Erzählungsband Leichte Mädchen jetzt Malin Schwerdtfegers erster Roman

Malin Schwerdtfegers erster Roman erzählt vom Erwachsenwerden, von Liebe und Freundschaft, in einem neuen, wildpoetischen, unverwechselbaren Ton. Für die beiden Schwestern Sonja und Majka, zwei Mädchen in der Pubertät, ist die polnische Halbinsel Hel in ihren Sommerurlauben ein Ort der Abenteuer und Erweckungen, besonders das Café Saratoga, das ihr Vater von der steinalten Tante Apolonia übernimmt. Das Meer, die eigenen Körper, die Männer, die Landschaft werden entdeckt, mit Sorge, Lust und Schrecken beobachtet, die Komik und das Verhängnis der Liebe frühzeitig registriert. Aber was für die Mädchen Hel ist, ist für den Vater, der mit seiner kindischen, vitalen Verrücktheit alle, auch die von ihm geschiedene Frau, an sich kettet, Westdeutschland. Eines Tages, die Familie hat deutsche Vorfahren, kann Tata ausreisen. Die ganze Familie, auch die schimpfend-kränkelnde Mutter Lilka, folgt.

Sonja, die Ich-Erzählerin, wird in diesen Jahren, angefeuert von ihrem Vater, den sie abgöttisch liebt, zögerlich zur Frau, und wieder verändert sich die Welt. Nur der verrückte Tata, den man auch als Leser einfach lieben muss, bleibt sich ewig gleich. Malin Schwerdtfegers erster Roman erzählt mit poetischer Rasanz, mit kluger Komik und feiner Beobachtungsgabe vom Erwachsenwerden, von polnischen und deutschen Mentalitäten, von scheiternden Ehen und bedingungsloser Liebe, von Freundschaft und Aufbruch.

»Stairway to Heaven hatten die Sterne gespielt, jede Nacht, und damit das Brüllen des Meergottes Gosko übertönt, das Brüllen, mit dem Gosko, der Eifersüchtige, gegen die Halbinsel angerannt war, Nacht für Nacht, weil dort seine Frauen und Töchter waren und mit meinem Vater schliefen. Aber Gosko hatte meinem Vater nichts anhaben können, dessen Kinder dieselbe Farbe hatten wie die blaugrüne Dünendistel, in die Gosko seine Nebenbuhler gern verwandelte. Damals warHel der Mittelpunkt der Welt gewesen, und die Sterne waren über meinem und Tatas Kopf gekreist, sie hatten die Erde mit ihrem Lärm erfüllt, und ihre Riffs reichten vom Himmel bis hinunter in die Hölle. Dann hatte Tata den Mittelpunkt der Welt mitgenommen, und von da an war er immer dort gewesen, wo Tata gewesen war. Jetzt hatte Tata ein neues Kind gezeugt. Es würde ein Junge werden wie Henryk, es würde einen schwarzen Schwanz haben, und Tata würde ihm die Welt erklären.«
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Autorenporträt
Malin Schwerdtfeger, 1972 geboren, studierte Judaistik und Islamwissenschaft und lebt als freie Autorin in Berlin. In Klagenfurt erhielt sie bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur 2000 einen Preis für eine der Erzählungen aus ihrem Debütband Leichte Mädchen (KiWi 614). Nach dem großen Erfolg ihres Romandebüts Café Saratoga ist Delphi ihr zweiter Roman.

Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.12.2001

Meergott in Taka-Tuka-Land
Malin Schwerdtfegers Romandebüt spricht vom Schmerz des Reifens

Spätestens seit Astrid Lindgren weiß man, daß Vatertöchter sich schwer tun mit dem Erwachsenwerden. Mindestens ebenso schwer wie Muttersöhne. Und Sonja, die Ich-Erzählerin in Malin Schwerdtfegers Debütroman, ist eine solche Vatertochter. Wild wie Pippi Langstrumpf tobt sie mit ihrer Schwester Majka zwischen den Wohnblocks der polnischen Küstenstadt Gdingen herum und ist "stolz auf ihre Magerkeit". Schließlich, so läßt sich leicht erraten, möchte sie sein wie der von ihr bewunderte Elternteil: flachbrüstig und ungestüm, lieber Lausejunge als braves Mädchen.

Zumal Tata, wie Sonja ihren Vater ruft, ein Schwerenöter ersten Ranges ist. Für ihn, der eigentlich Kazik Herrmann heißt, reduziert sich die menschliche Existenz auf eine Frage von "Schlachtung und Zucht". Regelmäßig führt er seinen Töchtern nicht nur seinen "brombeerfarbenen, fast schwarzen" Penis vor und lauert begierig darauf, daß seine beiden Töchter geschlechtsreif werden: "Pubertierende Kinder anzuschauen", glaubt Tata, "bedeutet: freie Sicht auf die nächste Generation". Einzig, wer seinen Samen freizügig säe und die "Gene reinkarnieren" lasse, so die feste Überzeugung des Erotomanen, schaffe es in die höhere, "dritte Dimension". Entsprechend nutzt Tata jede Gelegenheit zu einem Schäferstündchen.

Einst hat er seine Familie wegen eines Cafés auf der polnischen Halbinsel Hel verlassen, das wie er einen allzu harmlosen Namen trägt: "Saratoga". Das klingt sanft, ein wenig nach Taka-Tuka-Land. Und damit viel zu sanft für die verratzte Bar, die Tata auf Chalupy, dem "berühmtesten Zeltplatz Polens", eigentlich betreibt. Nicht genug, daß er hier auf dem Dachboden die Leiche einer alten Tante aufbewahrt, um sich deren Ausschank-Lizenz zu sichern. Auf Umsatzsteigerung bedacht, schreckt Tata auch nicht davor zurück, seine Kellnerinnen zur Prostitution anzuhalten. In den Augen von Sonja und Majka aber verwandelt sich der Ort in einen "Bernsteinpalast". Ihre Urlaube beim Vater werden zum Synonym einer Sommeridylle, die zwangsläufig brüchig werden muß.

Wie schon in ihrem Erzählungsband "Leichte Mädchen" beschwört Schwerdtfeger, Jahrgang 1972, in ihrem ersten Roman den Verlust der Kindheit, wobei der innere Abschied mit einem äußeren korrespondiert. Als die Familie nach "Bundes" ausreist, wie Westdeutschland zur Zeit des Kalten Krieges in Polen genannt wurde, markiert der Grenzübertritt für die fünfzehnjährige Sonja einen Einschnitt in doppelter Hinsicht: neue Heimat und erste Blutung. Daß wenig später zudem noch die Berliner Mauer fällt, zeigt Schwerdtfegers Bestreben, dem Genre "Wiedervereinigungs"-Roman gerecht zu werden. Die politische Dimension von Sonjas Geschichte aber lotet die Autorin nicht aus. Wenn Sonjas Schulfreundin Jane plötzlich etwa davon spricht, den Schwarzen der Heiligen Drei Könige so zu basteln, wie "nicht mal Leni Riefenstahl Jesse Owens hingekriegt hat", hört sich das bestenfalls bemüht an.

Tatsächlich entwirft die Klagenfurt-Preisträgerin das archaisch anmutende Horrorszenario einer Initiation, die sich immer und überall ereignen könnte. Ihre Vaterfigur gleicht in ihrer übermäßig strotzenden Potenz eher einer Mythengestalt denn einem Menschen. Keineswegs ist ihr Tata so rührend-verrückt, daß man ihn "als Leser einfach lieben muß", wie der Pressetext verheißt. Wenngleich Schwerdtfeger einen anekdotischen Tonfall bevorzugt und Sonja den Vater stets wohlwollend und humorvoll schildert: Ihre (Tag-)Träume sprechen eine ganz andere Sprache. Darin erscheint Tata höchst bedrohlich, mal als herabstürzender Raubvogel, mal als lüsterner Meergott Gosko - Schreckensbilder für einen Vater, der sich in Wirklichkeit als schamloser Voyeur seiner Tochter betätigt.

Nach ihrer ersten Blutung fotografiert er Sonja mit einer Monatsbinde in der Hand. In Erwartung ihrer Entjungferung schenkt er ihr pornografische Ratgeber und verlangt über ihre sexuellen Erfahrungen schriftliche Berichterstattung, "in zweifacher Ausfertigung, für deine und meine Unterlagen". Indem der Vater Sonjas Intimität sozusagen ständig ins Scheinwerferlicht einer Begutachtung zerrt, hemmt er ihre Entwicklung entscheidend. Bald schon kann sich die Jugendliche "keine Liebe vorstellen, die nichts mit Tata zu tun hatte". Ihre Psyche reagiert auf den allzeit präsenten Kontrollblick geschockt: Sonja wird zur Bettnässerin, eine letzte, denkbar hilflose Geste der Verweigerung

Malin Schwerdtfeger erzählt von dieser töchterlichen Ohnmacht eindringlich und dennoch heiter, in einer poetisch-eigenwilligen Sprache und fernab von poppigem Geplänkel. Jugend ist bei ihr keine coole Sache, sondern ein Ringen um Befreiung, das Blut, Schweiß und Tränen kostet. Und im Sog ihrer Prosa könnte man fast überlesen, daß ihr fiktiver Kosmos ein bißchen zu bipolar geraten ist: mit einem vital vor sich hinschäumenden Vater und einer depressiv vor sich hindämmernden Mutter. Mit einer spätzündenden Sonja und einer frühreifen Majka. Mit einer Schlawinernation Polen und einer Ordnungsregion Norddeutschland.

Antagonismen bestimmen den Plot, so daß das Personal um die Schwestern herum immer nur haarscharf am Klischee vorbeischrammt. Bocian, der Haßfreund des Vaters, muß sich da als Zeltplatz-Rabauke von Chalupy ebenso strikt betrinken wie sich die Mutter als abgebrochene Literaturstudentin bemitleiden muß. Zumindest an solchen Stellen kann einen schon der Verdacht beschleichen, daß nicht nur der Protagonistin Sonja die Geduld zum Reifen fehlt. Nachdem erst im Frühjahr ihr Erzählband erschienen ist, hat sich Malin Schwerdtfeger einfach etwas zu wenig Zeit für ihr erstes Buch gelassen.

GISA FUNCK

Malin Schwerdtfeger: "Café Saratoga". Roman. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2001. 288 S., geb., 38,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Gisa Funk bedauert, dass sich Malin Schwertfeger für ihr zweites Buch (und ersten Roman) nicht mehr Zeit gelassen hat. Denn die Sprache der Autorin findet sie "poetisch-eigenwillig". Auch die Geschichte einer Kindheit, die jäh mit der Übersiedelung von Polen in die Bundesrepublik endet, hat die Rezensentin sichtlich immer wieder angerührt. Aber Schwertfeger leuchtet die politische Dimension ihrer Protagonistin für Gisa Funks Geschmack nicht genügend aus. Antagonismen bestimmten den Plot, und manchmal schrammten die Personenbeschreibungen deshalb haarscharf am Klischee vorbei. Doch die Sprache Schwertfegers zieht die Rezensentin dann doch immer wieder zurück in die Geschichte.

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"Passagen voller Poesie. Ein wunderbar ehrliches, originelles Zeugnis vom Erwachsen werden in einer Welt von verrückten Erwachsenen." Anja Hirsch Der Tagesspiegel