Historisches Ambiente mit kriminellen Liebesturbulenzen
„Caffè in Triest“ von Günter Neuwirth ist ein exzellent recherchierter historischer Roman, der Spannung und Action mit allerlei Wissenswertem über die damalige Zeit, u.a. über den Kaffeehandel, technische Fortschritte sowie
gesellschaftspolitische Tendenzen, zu einem harmonischen Ganzen verbindet. Liebesglück und Liebesleid mit…mehrHistorisches Ambiente mit kriminellen Liebesturbulenzen
„Caffè in Triest“ von Günter Neuwirth ist ein exzellent recherchierter historischer Roman, der Spannung und Action mit allerlei Wissenswertem über die damalige Zeit, u.a. über den Kaffeehandel, technische Fortschritte sowie gesellschaftspolitische Tendenzen, zu einem harmonischen Ganzen verbindet. Liebesglück und Liebesleid mit eingeschlossen.
Kurz zum Inhalt:
Triest im Jahre 1907. Der Slowene Jure konnte sich aus einfachen Verhältnissen zum Kaffeeimporteur hinaufarbeiten. Er wirbt um die Tochter eines Triester Großhändlers, wodurch er sich den Hass eines Rivalen, des gebürtigen Italieners Dario zuzieht. Daraus entwickelt sich ein slowenisch-italienischer Bandenkrieg, dem Inspector Bruno Zabini rasch ein Ende setzen muss. Immerhin wird Erzherzog Franz Ferdinand in Triest erwartet. Doch Bruno beschäftigen nicht nur berufliche Turbulenzen.
Da ich bereits „Dampfer ab Triest“, den ersten Teil dieser Trilogie, gelesen hatte, tauchte ich nach wenigen Zeilen wieder ins Triester Leben zu jener Zeit ein, in die Stimmung am Hafen, in das geschäftige Treiben. Ich fand mich ohne weiteres wieder in Brunos beruflichem und privatem Umfeld zurecht. Ich denke, dass auch Neueinsteiger problemlos in die Story hineinfinden, wobei das umfangreiche Personenverzeichnis sich bestimmt als sehr hilfreich erweist.
Wieder begeisterte mich in erster Linie, wie anschaulich es dem Autor gelingt, das historische Ambiente hervorzuzaubern. Von den Beschreibungen der Stadt, des Hafens angefangen über die Erwähnung von neu aufkommenden Dingen, wie z.B. Armbanduhren für Herren, technische Errungenschaften wie Serienfertigung im Schiffsbau oder der Einsatz von Schreibmaschinen, über damalige Gepflogenheiten, wie z.B. dass es ungewöhnlich war, wenn eine Frau alleine in ein Kaffeehaus ging, bis zur Erwähnung von tatsächlich zu jener Zeit in Triest lebenden historischen Persönlichkeiten wie James Joyce oder Ettore Schmitz und Hinweis auf politische Strömungen.
Der Schreibstil ist flüssig, durch Austriazismen, italienische und antiquierte Ausdrücke sprachlich der damaligen Zeit angepasst. Die Kapitel haben eine angenehme Länge und sind datiert. Sehr gelungen finde ich das Cover mit einer historischen Ansicht des Triester Hafens.
Teils werden die Geschehnisse aus Brunos Sicht berichtet, teils aus Sicht der Täter, teils aus Sicht des Opfers oder anderer Personen. Auf diese Art und Weise ist man als Leser einerseits Zeuge des Tathergangs, andererseits aber Beobachter der polizeilichen Ermittlungen, wobei man stets über einen Wissensvorsprung gegenüber Bruno und seinem Team verfügt. Durch die Perspektivenwechsel gestaltet sich die Handlung sehr abwechslungs- und aufschlussreich. Es offenbaren sich die Gedankengänge aller und deren Motivation, das soziale Umfeld und letztlich der Charakter der handelnden Personen, wodurch sie lebendig und authentisch wirken. In gewissem Sinn steht eigentlich nicht der Mordfall im Mittelpunkt des Romans, sondern die Schilderung des Gesellschaftsbildes dieser Zeit und die agierenden Persönlichkeiten.
Die Turbulenzen im Privatleben von Inspector Bruno Zabini könnte man fast als zweiten Handlungsstrang bezeichnen. Bruno ist ein vorbildlicher, blitzgescheiter, der neusten Technik gegenüber aufgeschlossener Ermittler, ein sympathischer Mensch, aber er hat einen Schwachpunkt: sein nicht ganz untadeliges Liebesleben. Als seine Affäre mit einer der beiden verheirateten Frauen auffliegt, zeigt er sich charakterfest und verantwortungsbewusst, ohne Rücksicht auf seine eigene Karriere.
„Caffè in Triest“ hat mich ebenso begeistert wie „Dampfer ab Triest“. Ich freue mich schon auf den dritten Teil. Ich bin nicht nur gespannt auf den nächsten Kriminalfall, sondern auch neugierig, wie sich Bruno Zabinis weiterer Lebensweg gestalten wird.
Eine wirklich empfehlenswerte Lektüre!