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Der Mythos vom wahnsinnigen Kaiser
Der Althistoriker Aloys Winterling entwirft hier ein faszinierendes Portrait des römischen Kaisers Caligula. Der vermeintlich wahnsinnige Herrscher auf dem Caesarenthron entpuppt sich dabei als zwar zynischer, aber durchaus zweckrational agierender Despot, der mit einer moralisch und politisch abgewirtschafteten Senatorenschicht sein böses Spiel treibt. Kein anderer römischer Kaiser scheint wie Caligula (37?41 n.Chr.) von einer Aura des Wahnsinns umgeben. Darf man den Quellen vertrauen, so trieb er Inzest mit seinen Schwestern, richtete ein Bordell auf dem…mehr

Produktbeschreibung
Der Mythos vom wahnsinnigen Kaiser

Der Althistoriker Aloys Winterling entwirft hier ein faszinierendes Portrait des römischen Kaisers Caligula. Der vermeintlich wahnsinnige Herrscher auf dem Caesarenthron entpuppt sich dabei als zwar zynischer, aber durchaus zweckrational agierender Despot, der mit einer moralisch und politisch abgewirtschafteten Senatorenschicht sein böses Spiel treibt.
Kein anderer römischer Kaiser scheint wie Caligula (37?41 n.Chr.) von einer Aura des Wahnsinns umgeben. Darf man den Quellen vertrauen, so trieb er Inzest mit seinen Schwestern, richtete ein Bordell auf dem Palatin ein, wollte sein Pferd zum Konsul machen und plante den Herrschaftssitz von Rom nach Alexandria zu verlegen. Er demütigte die römischen Senatoren, verfolgte sie grausam und ohne Anlaß, und schließlich verstieg er sich dazu, sich als Gott verehren zu lassen. Geradezu kongenial zur dubiosen Überlieferung verfestigte bis auf den heutigen Tag der Film Caligula mit Malcolm McDowell in der Hauptrolle dieses düstere Bild des antiken Herrschers im Bewußtsein einer breiten Öffentlichkeit.

Aloys Winterling befreit Caligula aus dem dichten Gestrüpp der Legendenbildung und entlarvt zugleich die Doppelgesichtigkeit der römischen Senatsaristokratie. Der Mythos vom wahnsinnigen Kaiser verschwindet zugunsten historischer Klarheit.
Caligulas Politik gewinnt scharfe Konturen und eine eindeutige Zielrichtung: die Durchsetzung einer offenen Alleinherrschaft.

Autorenporträt
Aloys Winterling lehrt als Professor für Alte Geschichte und Historische Anthropologie an der Universität Freiburg (Brsg.). Die Geschichte von Hof und Monarchie in der Antike bildet einen seiner Forschungsschwerpunkte.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.06.2003

Die Willkür in Person
Cäsarenwahnsinn? Aloys Winterlings Caligula-Biografie
Es gibt nur wenige historische Persönlichkeiten, die die Emotionen der Geschichtsschreibung so stark provoziert haben wie der dritte römische Kaiser, Gaius (Iulius) Cäsar Germanicus, genannt „Caligula” (das Soldatenstiefelchen). Für Theodor Mommsen war er „halb wahnsinnig, halb blödsinnig”, Ranke sprach von seiner „Manie, ... ein Gott sein zu wollen”, Jacob Burckhardt von seiner „Immoralität”. Nach ihm schien Caligula „wahnsinnig geworden zu sein, oder seine Bosheit wenigstens durch Wahnsinn gekreuzt”. Noch in der Gegenwart schwankt das Urteil zwischen den Polen eines wahnsinnigen, brutalen Monsters und dem Repräsentanten einer neuen, absolutistisch-hellenistischen Form der Monarchie.
Die Rezeptionsgeschichte Caligulas umfasst neben der Historiografie freilich auch politische, literarische, psychologische und medizinische Arbeiten. Herausragend ist hier vor allem das kleine, in über dreißig Auflagen erschienene Pamphlet „Caligula, eine Studie über Cäsarenwahnsinn” (1894) des weithin vergessenen deutschen Friedensnobelpreisträgers (1927) Ludwig Quidde, der mit seiner Persiflage Wilhelms II. einen Skandal hervorrief und von der Zunft geächtet wurde. Von den verschiedensten Disziplinen aus wurde Caligula daneben seit dem 19. Jahrhundert zum Prototyp des Cäsarenwahnsinns, gleichsam einer Berufskrankheit der Monarchen, erhoben.
Vor diesem Hintergrund hebt sich die neue, straff gestaltete Caligula- Biografie des Freiburger Althistorikers Aloys Winterling markant ab. Da der Verfasser als Schwerpunkt seiner Studien sowohl die Erforschung der Fürstenhöfe der frühen Neuzeit als auch jener der Antike gewählt hat, war er für die Caligula-Problematik besonders sensibilisiert. Seine auf hohem intellektuellen Niveau und in flüssigem Stil geschriebene Arbeit empfiehlt sich vor allem durch ihre innere Geschlossenheit: Ihr Ziel ist primär die Beseitigung der Vorstellung eines „wahnsinnigen Kaisers”.
In methodischer Hinsicht imponiert die akribische Quellenkritik, der Versuch, für die Maßnahmen und das Agieren Caligulas nahezu immer rationale Motive und Absichten zu finden, ein Versuch, der freilich mitunter zu weit geht, zumindest problematisch erscheint. So, wenn zum Beispiel im Zusammenhang der geplanten Invasion Britanniens das angebliche Muschelsammeln der Legionen am Kanal mit einer vorausgehenden Meuterei der Truppe erklärt und wenn die Errichtung der fünf Kilometer langen Schiffsbrücke von Puteoli nach Bauli mit vielfältigen symbolischen Zügen verbunden wird.
Dagegen bewährt sich Winterlings Leitkriterium der Kommunikation durchaus, insbesondere für die Beziehungen zwischen Kaiser und Senat. Ein Höhepunkt liegt dabei in der Interpretation der Caligularede bei Cassius Dio, die angeblich in der „Stunde der Wahrheit” gehalten wurde. Dort wird der Begriff mit seinen Varianten freilich auch auf die Spitze getrieben.
In der Einleitung seines Buches skizziert Winterling zunächst die Stilisierung des augusteischen Principats sowie der Politisierung von Familie und Dynastie des Princeps. Überzeugend werden Höhen und Tiefen der Kindheit und Jugend Caligulas dargestellt, der extreme Wechsel zwischen dem Aufwachsen als Sympathieobjekt großer Teile von Armee und Bevölkerung in einem monarchisch geprägten Milieu einerseits und der Phase von „lebensbedrohenden Anfeindungen und Gefährdungen” andererseits.
Zu Recht werden dabei die Erfahrungen des sechsjährigen Aufenthaltes unter den Augen des Tiberius auf Capri stark hervorgehoben: der Zwang zum Überleben um jeden Preis, zu Anpassung, Verstellung und Undurchsichtigkeit, zur Unterwürfigkeit wie zur Unterdrückung aller Gefühle, zu einem Verhalten, welches Caligulas späteres schrankenloses Ausleben erklären mag.
Überzeugend wird danach in chronologischer Abfolge das widerspruchsvolle Regiment des jungen Herrschers (37-41 n.Chr.) geschildert, der Kontrast zwischen dem Beginn als popularitätssüchtiger Princeps und dem dramatischen Ende des terrorisierenden Monarchen, der seine göttliche Verehrung inszenierte. Exzesse, Krisen, Katastrophen wie der Tod seiner Lieblingsschwester Drusilla, die drei Verschwörungen innerhalb von eineinhalb Jahren sind ebenso dargestellt wie das Fiasko der militärischen Einsätze.
Bizarre Einfälle
Starke Akzente liegen auf dem von Caligula bewirkten „Selbstzerstörungsprozess” der Senatsaristokratie, der ganz in taciteischer Weise verstanden wird. Selten sind Intrigen, Denunziationen, Opportunismus, Schmeichelei und Selbsterniedrigung der Senatoren so eindrucksvoll geschildert worden wie hier. Ähnlich präzise ist der Wandel in der nächsten Umgebung Caligulas erfasst: Zunächst die Abhängigkeit von dem Prätorianerpräfekten Macro und seinem ersten Schwiegervater Iunius Silanus, dann die enge Bindung an seine Schwestern, besonders an Drusilla, schließlich als Folge der Verschwörungen die „Entaristokratisierung”, der wachsende Einfluss der Freigelassenen wie der mit Caligula befreundeten hellenistischen Herrscher Iulius Agrippa und Iudaea und Antiochos IV. von Kommagene.
Über all dem ist Caligulas „Genuss der Herrschaft” nicht vergessen: sein Luxus, die Bautätigkeit, die Verschwendung, seine Freude an Wagenrennen, Kampfspielen und Theater, doch auch nicht der inhumane Terror der zweiten Regierungshälfte, der mit Verhöhnung und Entehrung der Opfer verbunden war. Die packend gestaltete Schlussszene „Mord auf dem Palatin” zeigt, welche Folgen die leichtfertige Beleidigung des ehrbewussten Prätorianertribuns Cassius Chaerea schließlich hatte.
Winterlings Überblick über die antiken Quellen zur Identifikation Caligulas mit „Wahnsinn” lehrt, dass der Begriff schon im Altertum in denkbar weitem Sinne angewandt wurde, das ist heute nicht anders. Pathologische Zusammenhänge lassen sich jedenfalls nicht ausschließen. Die Schwierigkeit einer abstrakten Beurteilung Caligulas liegt im Übrigen darin, dass gerade bei ihm die Voraussetzung klarer Ziele und Konzeptionen wie die Konsequenz des Handelns nicht gegeben sind.
Dieser Heros der Selbstverwirklichung war nun einmal die Willkür in Person, sprunghaft und unberechenbar. Dabei verfügte er über eine hohe Intelligenz, Redekunst und Schlagfertigkeit, bizarre Einfälle und einen zynischen Humor. Bindungen respektierte er nicht.
Er war derjenige römische Herrscher, der die Principatskonzeption des Augustus – trotz anfänglichen demonstrativen Bekenntnisses zu ihr – bewusst zerschlug. Die Reihe Caligula-Nero-Commodus ist dabei identisch nicht nur mit struktureller, sondern auch mit menschlicher Deformation. Alle rationalen Erklärungsversuche stoßen hier an enge Grenzen.
KARL CHRIST
ALOYS WINTERLING: Caligula. Eine Biografie. C. H. Beck, München 2003. 206 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.03.2012

Sachbuch Wenn es um grausame, perverse, wahnsinnige Herrscher geht, dann ist er die Idealbesetzung: der römische Kaiser Caligula (37-41). Dass das ein Zerrbild ist, dass der Mann ein geschickter Kommunikator unter den extrem schwierigen Verhältnissen des Prinzipats war, das hat der Berliner Althistoriker Aloys Winterling schlüssig, klar und lesenswert in einer Biographie aufgeschrieben, die es jetzt auch in einer überarbeiteten Taschenbuchausgabe gibt (C. H. Beck, 14,95 Euro).

pek

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"(...) jetzt revidiert der Freiburger Althistoriker Aloys Winterling quellensicher und unterhaltsam das vorherrschende Bild des Ekels Caligula. (...) Winterling stellt einen Herrscher zur Diskussion, der auf die Zumutungen seiner Zeit und ihre politischen Verhältnisse reagierte."
(sk, Welt am Sonntag, 16. März 2003)
"Winterlings brillantes Porträt des jungen Kaisers ist zugleich eine spannende Lektion in althistorischer Quellenkritik, die Caligula von dem Vorwurf des ´Cäsarenwahns´, den ihm hasserfüllte antike Autoren anhängten, überzeugend rehabilitiert. Seinen scheinbar planlosen, aberwitzigen Handlungen wird ein Sinn gegeben: die Zerstörung der aristokratischen Gesellschaft. Aus dem vermeintlich verrückten Ungeheuer wird ein rational handelnder Zyniker der Macht."
(Stefan Rebenich, Die Zeit, 20. März 2003)
"Vom pathologischen Caesarenwahn und vom irrationalen Monster, das die interessierte Nachwelt von Sueton bis Ludwig Quidde aus Caligula gemacht hat, bleibt nach Winterlings subtiler und vor allem konstruktiver Quellenkritik nichts übrig. (...)
Ungefährlich ist hingegen die Lektüre dieses analytisch glasklaren Buches, mehr noch: Sie ist ein reines intellektuelles Vergnügen."
(Uwe Walter, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. März 2003)
"Dass Verleumdung im Spiel sein musste, argwöhnten Historiker längst. Doch damit war Aloys Winterling, 46, Professor für antike Geschichte in Freiburg, nicht zufrieden. So rollte er den Fall Caligula noch einmal ganz neu auf - mit überzeugendem Resultat."
(Johannes Saltzwedel, Der Spiegel, 24. Februar 2003)
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Karl Christ zeigt sich in seiner Besprechung dieser Biografie des dritten römischen Kaisers durchweg begeistert. Dabei lobt er nicht nur das "hohe intellektuelle Niveau" der Darstellung des Lebens von Caligula, sondern ist auch mit der Flüssigkeit des Stils und der "inneren Geschlossenheit" der Biografie sehr zufrieden. Ziel der Lebensbeschreibung, meint Christ, ist die Revidierung der allgemein herrschenden Vorstellung, Caligulas Handeln sei vor allem von Wahnsinn bestimmt gewesen. Sowohl die "akribischen Quellenkritik" als auch das Bemühen, für die Entscheidungen des Kaisers "rationale Motive und Absichten" zu finden, beeindrucken den Rezensenten, wenn ihm die Erklärungen auch mitunter etwas zu weit gehen oder doch zumindest "problematisch" erscheinen. Insgesamt jedoch findet Christ diese Biografie außerordentlich gelungen, wobei ihn besonders die Darstellung der Senatsaristokratie mit ihren Intrigen beeindruckt hat. Selten, so der Rezensent begeistert, ist dieser politische und menschliche Mikrokosmos aus der unmittelbaren Umgebung von Caligula so "eindrucksvoll geschildert" worden.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Ein scharfsinniges und unterhaltsames Buch."
Tagespost, Clemens Schlip

"Eine glänzend geschriebene Studie über Macht, Mobbing und das Monströse."
Deutschlandradio

"Ein reines intellektuelles Vergnügen."
Uwe Walter, Frankfurter Allgemeine Zeitung

"Rollt den Fall Caligula noch einmal ganz neu auf -- mit überzeugendem Resultat."
DER SPIEGEL