Als Gastredakteur der vorliegenden Ausgabe haben wir den Fotokünstler Tobias Zielony eingeladen, um mit uns der Frage nach dem Dokumentarischen als politische Praxis nachzugehen. Die Welt scheint fotografisch geworden, aber »je ungehemmter ihre Verbreitung, je vielgestaltiger ihre Formen, je mächtiger ihre Wirkung, desto stärker auch der Verdacht der Täuschung, unter dem das Bild, die Bilder seit jeher stehen« (Jean-Luc Nancy). Was bedeutet dieser Verdacht für die Vorstellung, Bilder könnten einen anderen Raum des Sozialen und Politischen entwerfen, der nicht nur die Lust auf das Sensationelle und die Katastrophe befördert, sondern der eine Ereignishaftigkeit des Bildes ermöglicht, die die herrschenden Darstellungskonventionen unterläuft und die schwatzhaften Gespenster der Massenmedien zurückdrängt? Vielleicht ist es also mehr denn je notwendig, nach gegenwärtigen Strategien zeitgenössischer FotokünstlerInnen und FilmemacherInnen zu fragen, die sich nach wie vor an spezifischen sozialen Realitäten orientieren, denen nach wie vor ein Begriff oder eine Vorstellung des Dokumentarischen zugrunde zu liegen scheint und die nach wie vor einen anderen Raum für Bildpolitiken eröffnen könnten?