Die Idee zur vorliegenden Ausgabe hat gleichermaßen mit zwei gegenläufigen Momenten zeitgenössischer Fotografie zu tun. Zum einen drehen sich derzeit Fragen darum, was Fotografie überhaupt noch sein kann, wie man dem Sehen ein Bild abringen kann, was man diesem Bild »antun« und wie es dem Medium geradezu gewaltsam entrissen werden muss. Zum anderen überlagern sich damit Fragen danach, was mit diesen Bildern geschehen könnte – welchen Ordnungen sie unterworfen werden und wie sie restrukturiert werden könnten. Letzten Endes laufen diese – wie auch viele andere zunächst widersprüchliche an Fotografie herangetragene Forderungen – auf ein Spannungsverhältnis zurück, das uns in den letzten Jahren immer wieder beschäftigt hat: Was kann das fotografische Bild leisten? Was wird ihm zugemutet? Scheint diese grundsätzliche Ambivalenz nicht seltsam anachronistisch zu einer Zeit, die vom Post-Dokumentarischen spricht und das Bild als nach der Repräsentation zu verstehen versucht? Was bedeutet es schließlich für das fotografisch Gezeigte, wenn es nicht länger als spezifische Form der Repräsentation gedacht wird? Jedenfalls hat diese Annahme eine eminente Fragilität der fotografischen Bilder zur Folge, die sich an einer vermehrt diffusen Grenze zwischen Klarheit, Direktheit, Bezeichnung und Unbestimmtheit, Offenheit, Abstraktion bewegen.