Als er in der Morgendämmerung auseinem Berliner Club und ans Ufer derSpree tritt, sieht er, zwischen Ästentreibend, die Leiche einer Frau. Stattzur Polizei zu gehen, behält HubertCanitz den Fund für sich. Doch derAnblick verfolgt ihn - und er beschwörtdie Erinnerungan eine Totenmaskeherauf, die während seiner Kindheit imFlur der Eltern hing: die Unbekannte ausder Seine. Als er seine Mutter danachbefragt, bildet sich ein aprikosengroßerhektischerFleck in ihrem Gesicht, nervösweicht sie ihm aus. Getrieben, beginnter über Wasserleichen zu forschen,in der Literatur, Kunst und Geschichte,bis ihm etwas dämmert.War nicht dieSchwester seiner Mutter auf der Fluchtaus Westpreußen im Frischen Haffertrunken,in den kalten Monaten desJahres 1945? Liegt hier der Grund fürdas merkwürdige Verhalten der Mutter,für ihr beharrliches Schweigen? Eskommt zu einem dramatischen Richtungswechselin Canitz' Suche, und dieEntdeckung, die er schließlich macht,ist schockierend und befreiend zugleich.In ihrem Debütroman verbindetZora del Buono ein spektakuläres Ereignisdeutscher Geschichte mit einerbewegenden Familiengeschichte -meisterhafterzählt und spannend biszur letzten Seite.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Über dieses Debüt staunt Angelika Overath nicht schlecht: Spannend und dicht zugleich geschrieben, mit soviel Atmosphäre, dass man immer wieder zurückkehrt zu bestimmten Passagen, auch wenn einen der intelligente Plot vorwärts treibt. Alle Achtung. Worum es geht, beschreibt Overath so: Ein Literaturwissenschaftler entdeckt in der Spree eine Wasserleiche, doch statt die Polizei zu informieren, konsultiert er die Literaturgeschichte von Shakespeare bis Rimbaud, von Seneca bis Benn nach dem "Ophelia-Motiv". Dabei treibt ihn nicht nur, versichert Overath, die "deformation professionelle", sondern auch eine in Vergessenheit geratene Familiengeschichte: Seine Tante soll einst - aus Angst vor der Roten Armee - zusammen mit 900 anderen Frauen im vorpommerschen Demmin ins Wasser gegangen sein. Was Zora del Buono, "ausgewiesene Reporterin" und Mitbegründerin der Zeitschrift "mare", kann, davon hat Overath einen sehr vielversprechenden Eindruck bekommen.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH