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Mit einer hellsichtigen Mischung aus Mythen, Fabeln und Allegorien entwirft Doris Lessing in ihrem "Canopus-Zyklus" eine eindringliche Parabel auf die Geschichte der Menschheit. In diesem Band sind der 4. und 5. Roman der Saga geeint. Roman 4 führt auf den am Rande des canopischen Imperiums gelegenen Planeten 8, eine Welt der Harmonie und des Überflusses, gesegnet von tropischem Klima. Bis eines Tages die erste Schneeflocke fällt, Zeichen einer kommenden Eiszeit, und der Überlebenskampf beginnt. Der 5. Roman spielt im Reich der Volyen. Hier hat die herrschende Kaste die Bevölkerung versklavt,…mehr

Produktbeschreibung
Mit einer hellsichtigen Mischung aus Mythen, Fabeln und Allegorien entwirft Doris Lessing in ihrem "Canopus-Zyklus" eine eindringliche Parabel auf die Geschichte der Menschheit. In diesem Band sind der 4. und 5. Roman der Saga geeint. Roman 4 führt auf den am Rande des canopischen Imperiums gelegenen Planeten 8, eine Welt der Harmonie und des Überflusses, gesegnet von tropischem Klima. Bis eines Tages die erste Schneeflocke fällt, Zeichen einer kommenden Eiszeit, und der Überlebenskampf beginnt. Der 5. Roman spielt im Reich der Volyen. Hier hat die herrschende Kaste die Bevölkerung versklavt, Revolution, Invasionen und Aufstände sind an der Tagesordnung - ein politisch hochexplosives Klima, dem sich auch der canopische Gesandte nicht entziehen kann.
Autorenporträt
Doris Lessing, 1919 im heutigen Iran geboren und auf einer Farm in Südrhodesien aufgewachsen, lebte seit 1949 in England. 1950 veröffentlichte sie dort ihren ersten Roman und kam 1953 zu Weltruhm. In Deutschland hatte sie ihren großen Durchbruch 1978. Heute ist Doris Lessing eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen der Gegenwart, ihr umfangreiches Werk umfasst Lyrik, Prosa und autobiographische Schriften. 2007 wurde sie mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Doris Lessing verstarb 2013 im Alter von 94 Jahren.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.10.2009

Mit mir beginnt die Eiszeit

Wie sich die Nobelpreisträgerin Doris Lessing einmal auf fremde Planeten verirrte: In ihrem "Canopus"-Zyklus schuf sie zu Beginn der endzeitsüchtigen achtziger Jahre ein Paralleluniversum, in dem der Menschheit neue Möglichkeiten aufgezeigt werden sollten.

Es gibt Geschichten, die sind ermüdend, nicht etwa weil sie nichts zu sagen haben, sondern weil sie mit jedem Satz sagen, dass sie etwas zu sagen haben. Oft sind es Parabeln, deren Bogen so straff gespannt ist, als hätte der Autor seine Geschichte in ein Korsett gesteckt, kräftig gezurrt und die Bänder fest verschnürt, an einigen Stellen quillt etwas Aussage hervor, an manchen hält sie spürbar mühsam die Luft an.

Doris Lessing schreibt seit fast siebzig Jahren parabelhafte Werke. Das berühmteste von ihnen ist "Das goldene Notizbuch", der feministische Monumentalroman der frühen sechziger Jahre, in dem Lessing die Erfahrungen einer geschiedenen alleinerziehenden Dichterin als den Entwurf einer gebrochenen und trotzdem unängstlichen Frau aufzeichnete.

Weniger bekannt ist "Canopus im Argos: Archive", ein Zyklus von weltraummystischen Romanen, den Lessing zwischen 1979 und 1983 verfasste, einer Zeit, in der sie mit allem brach, was ihr den Ruf als Realistin eingebracht hatte, und "Space Fiction" schrieb: Geschichten aus fernen Galaxien, voller Raumschiffe, Fabelwesen und dunklerMächte mit düsteren Namen, in denen sie die wissenschaftlich-technische Detailverliebtheit der "Science Fiction" ersetzte durch ein mal märchenhaftes, mal esoterisches Ausbreiten der Empfindsamkeiten ihrer Bewohner. Roman für Roman schuf Lessing den Kosmos "Canopus", der nicht nur inhaltlich, sondern auch weltanschaulich ein Paralleluniversum sein sollte: Ihr Romanzyklus, sagte Lessing Anfang der achtziger Jahre, sei als eine Art außerweltlicher Rahmen zu verstehen, in dem sie Möglichkeiten erforsche, wie unsere Welt eine andere sein könne.

"Die Entstehung des Repräsentanten von Planet 8", der vierte von fünf Bänden des Zyklus, der 1982 im Original, 1985 in deutscher Übersetzung und jetzt als Teil der Werkauswahl erschienen ist, erzählt von einem Überlebenskampf. Über Jahrtausende hatten die Bewohner des Planeten ein ruhiges ländliches Leben zwischen Seen, Feldern und Yaks geführt, bis eines Tages der Schnee fiel. Dichter und dichter wurde er und legte sich eisig über die einst fruchtbare Landschaft, und als er dann die ersten Lebewesen begrub, versuchten die Bewohner verzweifelt zu verstehen, woher der Schnee kam. Außerdem standen sie vor einer weiteren, fast ebenso schwierigen Aufgabe: Es musste ein Repräsentant geschaffen werden, der das Wesen des gesamten Planeten verkörpern und für die Nachwelt bewahren konnte.

Zunächst klingt das wie eine Geschichte, die die kühne Phantastik der "Sterntagebücher" von Stanislaw Lem, die ruhige Kälte nach dem Kampf der "Sieben Samurai" im Film von Akira Kurosawa und die absurde Dramatik früher "Star Trek"-Staffeln verbindet zu einer einfachen Geschichte über Leben und Tod. Aber weil für Doris Lessing ein Schriftsteller nicht einfach nur Künstler, sondern "eine Funktion der Menschheit" ist, gibt es noch eine andere.

Zwischen Stürmen, Schnee und Eis verlieren die Bewohner die Vorstellungen von Festigkeit und Dauer. Orientierungslos machen sie sich auf zu einer Expedition über ihren untergehenden Planeten, auch wenn sie nicht verstehen, warum sie es tun. Bald ist es so kalt, dass das Eis alles Leben erstickt und sie auf den kahlen Klippen, auf die sie sich vor den Schneemassen gerettet hatten, sterben. Am Ende heißt es: "Wir sahen keine Schnee- oder Eiswüste, sondern ein endloses Sichverändern und -verschieben. Wir sahen unseren Planeten in einer Myriade von Möglichkeiten."

Welche das sind und wie sie aussehen, lässt Lessing in der Schwebe in ihrem Roman. "Alles, was wir sind, unsere Existenz, ist ein Ganzes und eine Ganzheit", sagt einer der Bewohner am Anfang. Genau dieses Beschwören einer Einheitlichkeit der Existenz wird dem Roman am Ende zum Verhängnis. Es ist, als habe Lessing beim Schreiben ein Vergrößerungsglas in der Hand gehalten - nur eben verkehrt herum: das Einzelne soll genau gesehen werden, dabei wird alles nur unscharf, eins verschwimmt ins andere, bis hin zu der Erforschung von Möglichkeiten, die doch gerade als Angelpunkt der Lessingschen Utopie-Philosophie dienen sollten, die sie im Rahmen ihrer weltraummystischen Romane entfalten wollte. "Das Bedürfnis, aus unseren üblichen Möglichkeiten auszubrechen, aus dem Käfig, in dem wir leben, der aus Gewohnheiten, Herkunft und Umständen gemacht ist, der sich als so klein, eng und tyrannisch erweist, sobald wir versuchen auszubrechen, dieses Bedürfnis ist vielleicht die stärkste Kraft, die wir besitzen", schreibt Lessing im Nachwort. Aber wie all das aussieht, das Bedürfnis, die Möglichkeiten und der Käfig, davon erzählt sie nicht. Für Lessing genügt der Hinweis, dass sie existieren. Aber genügt das auch dem Leser ihrer Literatur?

Es ist eine Leistung, einen Roman zu schreiben, der zwei Seiten hat: eine, auf der lakonisch und klar eine phantastische Erzählung steht, eine andere, auf der schemenhaft auf eine unbestimmte Einheit der Existenz verwiesen wird. Aber die Welt hat nun mal mehr Dimensionen - und so ist es nicht verwunderlich, dass sich Doris Lessing nach Abschluss ihres Romanzyklus wieder dem realistischen Schreiben zugewandt hat.

MARA DELIUS

Doris Lessing: "Die Entstehung des Repräsentanten von Planet 8". Aus dem Englischen von Manfred Ohl und Hans Sartorius. Hoffmann und Campe, Hamburg 2009. 192 S., geb., 22,- [Euro].

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