Presents a story of two Chinas â an entrepreneurial rural China and a state-controlled urban China. In the 1980s, rural China gained the upper hand. In the 1990s, urban China triumphed. In the 1990s, the Chinese state reversed many of its rural experiments, with long-lasting damage to the economy and society.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.11.2008Chinesischer Kapitalismus
Fortschritte, Rückschritte und Herausforderungen
Yasheng Huang lehrt Politische Ökonomie am renommierten Massachusetts Institute of Technology. Er hat sich intensiv mit Bergen von offiziellen Dokumenten, Statistiken und Umfragedaten aus China befasst. Seine Schlussfolgerungen stellen gleichzeitig weitverbreitete Auffassungen über die Determinanten des Wirtschaftswachstums und über den chinesischen Wachstumspfad in den letzten 30 Jahren in Frage.
Chinas schnelles Wachstum ist für ihn kein Rätsel, sondern es ist durch freies Unternehmertum und die Dynamik der Privatwirtschaft erklärbar, wobei er dem Staat vor allem die Aufgabe der Sicherung der Eigentums- und Verfügungsrechte zuweist. Materielle Investitionen und Infrastruktur, ausländische Direktinvestitionen und sogar die Einbindung Chinas in den Welthandel und die Weltwirtschaft spielen nach Huang nur eine sekundäre Rolle.
Huang beurteilt die Frühphase der Reformen (1979 bis 1988) wesentlich positiver als die folgenden Phasen der chinesischen Wirtschaftsgeschichte. Zwar gesteht er zu, dass die rechtliche Verankerung privater Eigentumsrechte in China immer prekär war, dass erst Anfang des 21. Jahrhunderts mit dieser Verankerung begonnen wurde, aber die zunehmende Sicherheit von Unternehmern vor willkürlichen Verhaftungen und die Duldung unternehmerischer Tätigkeit vor allem auf dem Lande und in den ärmsten Gegenden vermittelten nach dem Chaos und der Willkür der vorangegangenen Kulturrevolution Anreize zur Arbeit und zur Unternehmensgründung. Die Anreizwirkung von faktisch respektierten Eigentumsrechten steht also im Mittelpunkt von Huangs Argumentation. Er hält Schritte in die richtige Richtung und nicht etwa den voll ausgebauten Rechtsstaat für eine notwendige Voraussetzung des Wachstums.
In den frühen achtziger Jahren gab es in China eine Phase der wirtschaftlichen Entwicklung, die gleichzeitig durch schnelles Wachstum und einen Trend der Egalisierung der Einkommensverteilung gekennzeichnet war, weil sich die Kluft zwischen Stadt und Land verringerte. Vor allem die Explosion des ländlichen Unternehmertums stand hinter dieser Entwicklung. Auch die sogenannten "township village enterprises" waren nach Huang schon Mitte der achtziger Jahre weit überwiegend private Unternehmen, die allerdings manchmal so taten, als ob sie im Kollektivbesitz seien.
Seit den neunziger Jahren spielen ländliche Privatunternehmen in China eine abnehmende Rolle. Nach Huang hat der chinesische Staat massiv Industriepolitik betrieben und dabei die Städte gegenüber dem Land und das Auslandskapital gegenüber dem privaten Inlandskapital bevorzugt. Huang schätzt im Gegensatz zu anderen Autoren, dass der Staatsanteil an Chinas Industrie noch 2005 in der Nähe der Hälfte gelegen hat, dass bei der anderen Hälfte ausländisches Kapital mehr Gewicht als chinesisches Kapital hat.
Die Diskriminierung des inländischen Unternehmertums seit den neunziger Jahren hält Huang für einen großen Fehler. Mit dieser Diskriminierung kann er einerseits erklären, warum Chinas Einkommensverteilung sich seitdem verschlechtert, andererseits kann er nicht wirklich erklären, warum Chinas Wirtschaft weiter so schnell wächst. Huang erwartete deshalb schon vor der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise eine Abschwächung von Chinas Wachstum, auch im Vergleich zu Indien, wo in letzter Zeit mit viel weniger Investitionen ein fast genauso schnelles Wachstum erreicht wurde.
Nach Huang ist Chinas Wirtschaft seit den neunziger Jahren weder innovativ noch besonders produktiv. Zum Beleg zitiert er sieben Studien, von denen allerdings nur drei zwei volle Dekaden abdecken. In allen drei Studien findet man das Muster schnellen Produktivitätswachstum am Anfang der beiden Jahrzehnte und langsameren Wachstums am Ende der Jahrzehnte. Entgegen Huang könnte man deshalb auch an dem von ihm beobachteten Trend zweifeln und die Schwankungen auf unzuverlässige Daten zurückführen. Dann wäre Huangs Pessimismus in Bezug auf Chinas Wachstumsaussichten nicht gerechtfertigt.
Das Buch ist in fünf Kapitel gegliedert, die sich mit folgenden Fragen beschäftigen: 1. Wie kapitalistisch ist China? 2. Die unternehmerische Dekade (womit die achtziger Jahre gemeint sind). 3. Die große Wende. 4. Was stimmt nicht mit Schanghai, dessen glitzernde Fassade nach Huang die Schwächen der chinesischen Industriepolitik verdeckt? 5. Kapitalismus mit chinesischen Merkmalen. Das Buch ist gut lesbar. Auch wer die chinesische Volkswirtschaft optimistischer als Huang beurteilt, sollte dies Buch unbedingt lesen. Es gibt nichts Besseres und Aktuelleres auf dem Markt.
ERICH WEEDE
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Fortschritte, Rückschritte und Herausforderungen
Yasheng Huang lehrt Politische Ökonomie am renommierten Massachusetts Institute of Technology. Er hat sich intensiv mit Bergen von offiziellen Dokumenten, Statistiken und Umfragedaten aus China befasst. Seine Schlussfolgerungen stellen gleichzeitig weitverbreitete Auffassungen über die Determinanten des Wirtschaftswachstums und über den chinesischen Wachstumspfad in den letzten 30 Jahren in Frage.
Chinas schnelles Wachstum ist für ihn kein Rätsel, sondern es ist durch freies Unternehmertum und die Dynamik der Privatwirtschaft erklärbar, wobei er dem Staat vor allem die Aufgabe der Sicherung der Eigentums- und Verfügungsrechte zuweist. Materielle Investitionen und Infrastruktur, ausländische Direktinvestitionen und sogar die Einbindung Chinas in den Welthandel und die Weltwirtschaft spielen nach Huang nur eine sekundäre Rolle.
Huang beurteilt die Frühphase der Reformen (1979 bis 1988) wesentlich positiver als die folgenden Phasen der chinesischen Wirtschaftsgeschichte. Zwar gesteht er zu, dass die rechtliche Verankerung privater Eigentumsrechte in China immer prekär war, dass erst Anfang des 21. Jahrhunderts mit dieser Verankerung begonnen wurde, aber die zunehmende Sicherheit von Unternehmern vor willkürlichen Verhaftungen und die Duldung unternehmerischer Tätigkeit vor allem auf dem Lande und in den ärmsten Gegenden vermittelten nach dem Chaos und der Willkür der vorangegangenen Kulturrevolution Anreize zur Arbeit und zur Unternehmensgründung. Die Anreizwirkung von faktisch respektierten Eigentumsrechten steht also im Mittelpunkt von Huangs Argumentation. Er hält Schritte in die richtige Richtung und nicht etwa den voll ausgebauten Rechtsstaat für eine notwendige Voraussetzung des Wachstums.
In den frühen achtziger Jahren gab es in China eine Phase der wirtschaftlichen Entwicklung, die gleichzeitig durch schnelles Wachstum und einen Trend der Egalisierung der Einkommensverteilung gekennzeichnet war, weil sich die Kluft zwischen Stadt und Land verringerte. Vor allem die Explosion des ländlichen Unternehmertums stand hinter dieser Entwicklung. Auch die sogenannten "township village enterprises" waren nach Huang schon Mitte der achtziger Jahre weit überwiegend private Unternehmen, die allerdings manchmal so taten, als ob sie im Kollektivbesitz seien.
Seit den neunziger Jahren spielen ländliche Privatunternehmen in China eine abnehmende Rolle. Nach Huang hat der chinesische Staat massiv Industriepolitik betrieben und dabei die Städte gegenüber dem Land und das Auslandskapital gegenüber dem privaten Inlandskapital bevorzugt. Huang schätzt im Gegensatz zu anderen Autoren, dass der Staatsanteil an Chinas Industrie noch 2005 in der Nähe der Hälfte gelegen hat, dass bei der anderen Hälfte ausländisches Kapital mehr Gewicht als chinesisches Kapital hat.
Die Diskriminierung des inländischen Unternehmertums seit den neunziger Jahren hält Huang für einen großen Fehler. Mit dieser Diskriminierung kann er einerseits erklären, warum Chinas Einkommensverteilung sich seitdem verschlechtert, andererseits kann er nicht wirklich erklären, warum Chinas Wirtschaft weiter so schnell wächst. Huang erwartete deshalb schon vor der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise eine Abschwächung von Chinas Wachstum, auch im Vergleich zu Indien, wo in letzter Zeit mit viel weniger Investitionen ein fast genauso schnelles Wachstum erreicht wurde.
Nach Huang ist Chinas Wirtschaft seit den neunziger Jahren weder innovativ noch besonders produktiv. Zum Beleg zitiert er sieben Studien, von denen allerdings nur drei zwei volle Dekaden abdecken. In allen drei Studien findet man das Muster schnellen Produktivitätswachstum am Anfang der beiden Jahrzehnte und langsameren Wachstums am Ende der Jahrzehnte. Entgegen Huang könnte man deshalb auch an dem von ihm beobachteten Trend zweifeln und die Schwankungen auf unzuverlässige Daten zurückführen. Dann wäre Huangs Pessimismus in Bezug auf Chinas Wachstumsaussichten nicht gerechtfertigt.
Das Buch ist in fünf Kapitel gegliedert, die sich mit folgenden Fragen beschäftigen: 1. Wie kapitalistisch ist China? 2. Die unternehmerische Dekade (womit die achtziger Jahre gemeint sind). 3. Die große Wende. 4. Was stimmt nicht mit Schanghai, dessen glitzernde Fassade nach Huang die Schwächen der chinesischen Industriepolitik verdeckt? 5. Kapitalismus mit chinesischen Merkmalen. Das Buch ist gut lesbar. Auch wer die chinesische Volkswirtschaft optimistischer als Huang beurteilt, sollte dies Buch unbedingt lesen. Es gibt nichts Besseres und Aktuelleres auf dem Markt.
ERICH WEEDE
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