Cari Mora is the caretaker of a Miami Beach mansion, her continued status there (after having left her homeland) subject to the judgements of ICE. The ruthless villain Hans-Peter Schneider closes in on the house, and on Cari specifically, tracking down the cartel gold buried beneath. Harris's first non-Lecter book in over forty years.
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Frankfurter Allgemeine ZeitungHannibal heißt jetzt Hans-Peter
Ein kahler Sadist, eine Kindersoldatin, Pablo Escobars Gold und Krokodile: Thriller-König Thomas Harris kehrt nach dreizehn Jahren zurück. Was taugt "Cari Mora"?
Es wäre übertrieben zu behaupten, dass einen dieses Buch nicht losgelassen habe; es ist aber wahr, dass es einem schon vor der Arbeit ins Auge sprang, im Schaufenster einer Buchhandlung: "Cari Mora" stand da in mehreren Exemplaren, die englische Ausgabe. Der neue Roman von Thomas Harris, dem Mann, der die Lämmer schweigen und einen Kannibalen zum Helden werden ließ; den Soziopathen Hannibal Lecter, von dem man, seit Jonathan Demmes Verfilmung 1991, annimmt, er müsse so soigniert aussehen wie Anthony Hopkins.
Aber waren das alles nur Dummys im Schaufenster? Vor kurzem noch hatten wir Vertreter der Presse vor Erhalt der Fahnen doch eine Vereinbarung unterzeichnen müssen, kein Wort über diesen Roman vor dem 20. Mai zu schreiben, dem Tag der, so heißt das, weltweiten Auslieferung. Wie und warum dieses Buch dann schon am gestrigen Mittwoch zu kaufen war, ist ein Rätsel, zu dessen Lösung der Heyne Verlag, Teil der Verlagsgruppe Random House, nur beitragen konnte, dass die englische Ausgabe vorgezogen worden sei, die deutsche "aus logistischen Gründen" in der kommenden Woche ausgeliefert werde und man am Erscheinungstermin festhalte.
Das ist wohl so etwas wie der Fluch des Blockbusters in Zeiten des Internets, genauer: der PR- und Vertriebsstrategien, dass Embargos verhängt und wieder gebrochen werden, weil die Angst größer ist, ein anderer könne sie zuvor brechen, weil er es nicht abwarten kann. Das muss einen nicht weiter kümmern. Interessanter ist die Frage, ob sich das Warten denn gelohnt hätte und das Lesen sich gelohnt hat? Ein Schurke in der Hannibal-Lecter-Nachfolge, der Hans-Peter Schneider heißt, den man also auch Hape nennen könnte, auch wenn das im Buch keiner tut, hat es natürlich sehr schwer, eine dämonische Aura zu entwickeln.
Das Böse braucht seinen Namen, der zu ihm passt, und es hilft auch nichts, dass dieser Hans-Peter Schneider aus Paraguay kommt, also womöglich ein Nachfahre alter Nazis ist. Ein ganzkörperkahler Sadist, der zwar für einen mauretanischen Mogul tätig ist, aber der auch auf seine Kosten kommt. Ein Organhändler, dessen Kunde gern auch die Niere einer jungen Frau verzehrt, aber auch ein professioneller Verstümmler junger Frauen für die speziellen Bedürfnisse reicher Männer. Die Frau, auf die sein Blick fällt, ist Cari Mora, fünfundzwanzig Jahre alt, geduldete Immigrantin aus Kolumbien, die sich in Miami durchschlägt, eine ehemalige Kindersoldatin, die putzt und Häuser hütet und gerne Tierärztin werden möchte, weshalb sie bei der "Pelican Harbor Seabird Station" jobbt. Die Villa, die sie hütet, hat einmal Pablo Escobar gehört, dem Drogenzaren, Ein phänomenaler Goldschatz soll auf dem Grundstück liegen, in einem Tresor, der bei falscher Behandlung in die Luft fliegen wird. Das Gold will nicht nur Hans-Peter, den Tresor knacken wollen auch die Handlanger von Don Ernesto aus Barranquilla.
Das ist kein schlechtes Setting, das Harris auf den ersten zwanzig Seiten entwickelt, es öffnet mit den Möglichkeiten den Raum für Friktionen und Komplikationen. Etwas später kommt dann noch ein Detective Sergeant dazu, aber das wirkt alibihaft, als solle die Story nicht ganz den Verbrechern überlassen werden. Zumal die Akteure bei Harris wie gewohnt nicht einfach nur gewalttätig sind, sondern dabei gerne besonders ausgefeilte Techniken benutzen. Schneider etwa hat eine Anlage, in der er Mädchen langsam in ätzender Lauge auflöst. Auch Cari Moras Geschichte ist reich an Blut und Schusswaffen. Mit zwölf Jahren von den Guerrilleros der kolumbianischen Farc verschleppt, wurde sie in Ideologie und Waffengebrauch ausgebildet und ist nun in dieser Story ein tough cookie mit kleinen Träumen.
Es ist wie immer schwer zu entscheiden, inwieweit die handverlesenen Grausamkeiten funktional, dramaturgisch unabdingbar oder selbstzweckhaft sind. Leichter lässt sich konstatieren, dass Harris sich mit erstaunlicher Akribie der Fauna Floridas widmet. Da sind Rundschwanzseekühe und viele Pelikane, Ratten und Opossums, ein Fischadler wird befreit; hochinteressant auch, welche Auswirkungen die Unfähigkeit zu kauen auf die Fressgewohnheiten von Salzwasserkrokodilen hat. Es gibt sogar ein kurzes Kapitel, das aus der Perspektive eines vollgefressenen Krokodils erzählt ist. Manchmal wünscht man sich da fast einen Zoologen, der einem Bedeutung und mögliche symbolische Bezüge dechiffriert - aber vielleicht ist das auch nur ein toter Arm im sumpfigen Gelände Floridas.
Es fehlt bloß leider an Format und Statur im Bösen wie im Guten. Und daran liegt es auch, dass der Roman bei aller Gewaltbereitschaft nicht auf Touren kommt. Gerade wenn man denkt, es sei so weit und die verschiedenen Elemente kämen doch noch zusammen, ist es vorbei, nach schlanken 275 Seiten (in der deutschen Übersetzung) und einem matten Showdown, der für die absehbare Verfilmung dringend angeschärft werden muss. Danach hat man noch ein merkwürdiges Erlebnis. Der Verlag hat an die Fahnen von "Cari Mora" die ersten fünfzig Seiten vom "Schweigen der Lämmer" angehängt. Man liest kurz noch einmal, wie Clarice und Hannibal einander das erste Mal begegnen - und sieht sofort, warum das ein großer Thriller war. Allzu viel ist davon nicht geblieben.
PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein kahler Sadist, eine Kindersoldatin, Pablo Escobars Gold und Krokodile: Thriller-König Thomas Harris kehrt nach dreizehn Jahren zurück. Was taugt "Cari Mora"?
Es wäre übertrieben zu behaupten, dass einen dieses Buch nicht losgelassen habe; es ist aber wahr, dass es einem schon vor der Arbeit ins Auge sprang, im Schaufenster einer Buchhandlung: "Cari Mora" stand da in mehreren Exemplaren, die englische Ausgabe. Der neue Roman von Thomas Harris, dem Mann, der die Lämmer schweigen und einen Kannibalen zum Helden werden ließ; den Soziopathen Hannibal Lecter, von dem man, seit Jonathan Demmes Verfilmung 1991, annimmt, er müsse so soigniert aussehen wie Anthony Hopkins.
Aber waren das alles nur Dummys im Schaufenster? Vor kurzem noch hatten wir Vertreter der Presse vor Erhalt der Fahnen doch eine Vereinbarung unterzeichnen müssen, kein Wort über diesen Roman vor dem 20. Mai zu schreiben, dem Tag der, so heißt das, weltweiten Auslieferung. Wie und warum dieses Buch dann schon am gestrigen Mittwoch zu kaufen war, ist ein Rätsel, zu dessen Lösung der Heyne Verlag, Teil der Verlagsgruppe Random House, nur beitragen konnte, dass die englische Ausgabe vorgezogen worden sei, die deutsche "aus logistischen Gründen" in der kommenden Woche ausgeliefert werde und man am Erscheinungstermin festhalte.
Das ist wohl so etwas wie der Fluch des Blockbusters in Zeiten des Internets, genauer: der PR- und Vertriebsstrategien, dass Embargos verhängt und wieder gebrochen werden, weil die Angst größer ist, ein anderer könne sie zuvor brechen, weil er es nicht abwarten kann. Das muss einen nicht weiter kümmern. Interessanter ist die Frage, ob sich das Warten denn gelohnt hätte und das Lesen sich gelohnt hat? Ein Schurke in der Hannibal-Lecter-Nachfolge, der Hans-Peter Schneider heißt, den man also auch Hape nennen könnte, auch wenn das im Buch keiner tut, hat es natürlich sehr schwer, eine dämonische Aura zu entwickeln.
Das Böse braucht seinen Namen, der zu ihm passt, und es hilft auch nichts, dass dieser Hans-Peter Schneider aus Paraguay kommt, also womöglich ein Nachfahre alter Nazis ist. Ein ganzkörperkahler Sadist, der zwar für einen mauretanischen Mogul tätig ist, aber der auch auf seine Kosten kommt. Ein Organhändler, dessen Kunde gern auch die Niere einer jungen Frau verzehrt, aber auch ein professioneller Verstümmler junger Frauen für die speziellen Bedürfnisse reicher Männer. Die Frau, auf die sein Blick fällt, ist Cari Mora, fünfundzwanzig Jahre alt, geduldete Immigrantin aus Kolumbien, die sich in Miami durchschlägt, eine ehemalige Kindersoldatin, die putzt und Häuser hütet und gerne Tierärztin werden möchte, weshalb sie bei der "Pelican Harbor Seabird Station" jobbt. Die Villa, die sie hütet, hat einmal Pablo Escobar gehört, dem Drogenzaren, Ein phänomenaler Goldschatz soll auf dem Grundstück liegen, in einem Tresor, der bei falscher Behandlung in die Luft fliegen wird. Das Gold will nicht nur Hans-Peter, den Tresor knacken wollen auch die Handlanger von Don Ernesto aus Barranquilla.
Das ist kein schlechtes Setting, das Harris auf den ersten zwanzig Seiten entwickelt, es öffnet mit den Möglichkeiten den Raum für Friktionen und Komplikationen. Etwas später kommt dann noch ein Detective Sergeant dazu, aber das wirkt alibihaft, als solle die Story nicht ganz den Verbrechern überlassen werden. Zumal die Akteure bei Harris wie gewohnt nicht einfach nur gewalttätig sind, sondern dabei gerne besonders ausgefeilte Techniken benutzen. Schneider etwa hat eine Anlage, in der er Mädchen langsam in ätzender Lauge auflöst. Auch Cari Moras Geschichte ist reich an Blut und Schusswaffen. Mit zwölf Jahren von den Guerrilleros der kolumbianischen Farc verschleppt, wurde sie in Ideologie und Waffengebrauch ausgebildet und ist nun in dieser Story ein tough cookie mit kleinen Träumen.
Es ist wie immer schwer zu entscheiden, inwieweit die handverlesenen Grausamkeiten funktional, dramaturgisch unabdingbar oder selbstzweckhaft sind. Leichter lässt sich konstatieren, dass Harris sich mit erstaunlicher Akribie der Fauna Floridas widmet. Da sind Rundschwanzseekühe und viele Pelikane, Ratten und Opossums, ein Fischadler wird befreit; hochinteressant auch, welche Auswirkungen die Unfähigkeit zu kauen auf die Fressgewohnheiten von Salzwasserkrokodilen hat. Es gibt sogar ein kurzes Kapitel, das aus der Perspektive eines vollgefressenen Krokodils erzählt ist. Manchmal wünscht man sich da fast einen Zoologen, der einem Bedeutung und mögliche symbolische Bezüge dechiffriert - aber vielleicht ist das auch nur ein toter Arm im sumpfigen Gelände Floridas.
Es fehlt bloß leider an Format und Statur im Bösen wie im Guten. Und daran liegt es auch, dass der Roman bei aller Gewaltbereitschaft nicht auf Touren kommt. Gerade wenn man denkt, es sei so weit und die verschiedenen Elemente kämen doch noch zusammen, ist es vorbei, nach schlanken 275 Seiten (in der deutschen Übersetzung) und einem matten Showdown, der für die absehbare Verfilmung dringend angeschärft werden muss. Danach hat man noch ein merkwürdiges Erlebnis. Der Verlag hat an die Fahnen von "Cari Mora" die ersten fünfzig Seiten vom "Schweigen der Lämmer" angehängt. Man liest kurz noch einmal, wie Clarice und Hannibal einander das erste Mal begegnen - und sieht sofort, warum das ein großer Thriller war. Allzu viel ist davon nicht geblieben.
PETER KÖRTE
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As good as ever. Reading his prose is like running a slow hand down cold silk. Stephen King