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Gary, driven by thirty years of diverted plans, and Irene are trying to rebuild their life together. Across the water on the mainland, Irene and Gary's grown daughter, Rhoda is starting her own life. She fantasizes about the perfect wedding day, whilst her betrothed, Jim the dentist, wonders about the possibility of an altogether different future.

Produktbeschreibung
Gary, driven by thirty years of diverted plans, and Irene are trying to rebuild their life together. Across the water on the mainland, Irene and Gary's grown daughter, Rhoda is starting her own life. She fantasizes about the perfect wedding day, whilst her betrothed, Jim the dentist, wonders about the possibility of an altogether different future.
Autorenporträt
David Vann was born on Adak Island, Alaska, and spent his childhood in Ketchikan. His first work of fiction, Legend of a Suicide, was originally published in 2008. It won seven literary awards and was selected for twenty-five 'Books of the Year' lists including the New York Times.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.04.2012

Der abwesende Fundbüro-Gott
Der amerikanische Autor David Vann inszeniert die Schrecken der Kleinfamilie als unbarmherziges Schicksal
Als wären sie einem müden Gott aus der Hand gefallen, so wirken die Menschen, die David Vann an der Küste Alaskas versammelt, um sie unter dem weiten Himmel der Seen- und Gletscherlandschaft in eine Tragödie zu verwickeln, die den Leser in Atem hält. Wie in seiner Novelle „Im Schatten des Vaters“ laufen auch in diesem Roman die Ereignisse mit einer Folgerichtigkeit ab, die etwas Schicksalhaftes hat, obwohl der 1966 in Alaska geborene und in Kalifornien lebende Autor nichts anderes inszeniert als die Schrecken der Kleinfamilie. Mit einer Wucht, die gute Nerven erfordert, und einem Stil, der nur das Nötigste ausspricht, bearbeitet er das Schlachtfeld einer in die Jahre gekommenen Ehe.
Gary und Irene, beide fünfundfünfzig, wohnen seit dreißig Jahren am Skilak Lake, wohin sie aus Berkeley gezogen sind. Es sollte nur ein kleines Abenteuer in der Wildnis werden, dann blieben sie dort hängen. Zwei Kinder kamen zur Welt, sie arbeitete als Volksschullehrerin, er schlug sich mit allerlei Projekten durch, nachdem er seine Promotion aus Angst, den eigenen Ansprüchen nicht zu genügen, aufgegeben hatte. Nun sind die Kinder erwachsen, und es wird Zeit, einen Traum zu verwirklichen. Allerdings ist es nur sein Traum. Auf Caribou Island, einer einsamen Insel, will er eine Blockhütte bauen, um dort zu wohnen. Irene kommt die Idee absurd vor, doch sie macht mit. Denn sie fürchtet, Gary würde sie sonst verlassen.
Eine auf der Lauer liegende Frau und ein Mann, der für die Umsetzung seines Traums schlecht gerüstet ist, das lässt von Anfang an nichts Gutes hoffen. Zunächst hat es beinahe Slapstick-Qualitäten, wenn die beiden das kleine Boot ins Wasser zu zerren versuchen, um die erste Fuhre Holz vom Festland auf die Insel zu bringen. Gary ist ungeduldig, schließlich hätten sie spätestens im Mai beginnen müssen. Nun ist es Ende Juli. Es stürmt und regnet. Doch er will keinen weiteren Tag verlieren. Mit dem Truck schiebt er schließlich das Boot ins Wasser. Die Delle, die dadurch entsteht, entdecken sie erst auf dem See. Die Pumpe kann das eindringende Wasser nicht bewältigen. Gary schöpft bis zum Erbrechen. Sie sind ziemlich am Ende, als sie auf Caribou Island ankommen. Entkräftet sinken sie einander in die Arme und erklären sich ihre Liebe. Da ahnen wir bereits, dass das nichts ist als eine Atempause im Stellungskrieg.
Irene war zehn, als sich ihre Mutter erhängte, nachdem der Vater sie verlassen hatte. Und sie war es auch, die ihre Mutter fand, als sie aus der Schule nach Hause kam. Jahrelang wurde sie von Verwandten hin und her geschoben. Mit Gary fühlte sie sich zum ersten Mal wieder geborgen. Und wenn sie eines sicher über ihr Leben weiß, dann ist es, dass sie niemals wieder verlassen werden will.
Nach der ersten Fahrt zur Insel erkranken beide an Grippe. Doch während sich Gary schnell erholt, bleiben bei Irene Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit zurück, die sie nicht mehr loslassen. Er hält das für eine Finte, erst recht, nachdem zwei Ärzte keine organischen Ursachen gefunden haben, und so steigert sie sich immer weiter in die Angst hinein, Gary habe sie niemals geliebt und plane, sie zu verlassen. Gebannt muss der Leser mit ansehen, wie ihre Panik zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung wird.
Es ist die große Kunst von David Vann, familiäre Konflikte ins Schicksalhafte zu übersteigern und ihnen so eine Dringlichkeit zu geben, die ihnen im Alltag oft fehlt. Bei diesem Autor wird man nicht mit Kleinkram abgespeist. Gary hat Mediävistik studiert und eine Leidenschaft für die angelsächsische Literatur. Irenes Mutter kam aus Island. Wie die Alten den Dingen Namen gaben, so dinglich konkret und zugleich mythologisch beseelt ist die ganze Szenerie des Romans. Er taucht abwechselnd ins Bewusstsein seiner Hauptfiguren ein, und das sind nicht nur Gary und Irene, sondern auch ihr Sohn Mark, der in der Nachbarschaft wohnt, vom Fischfang lebt und sich das Leben mit Drogen und Sex versüßt, sowie die Tochter Rhoda. Sie spürt, wie verzweifelt die Mutter ist und tut alles, um Irene zu retten.
Doch die Zweifel ihrer Mutter zersetzen auch ihre eigene Zuversicht. Als ihr Freund, ein Zahnarzt, ihr endlich den ersehnten Heiratsantrag macht, kann sie sich nicht mehr darüber freuen. Was, wenn Jim sie gar nicht wirklich liebt, wie es die Mutter vom Vater behauptet? Wird sie dann eines Tages genauso einsam sein? Unglücklicherweise verliebt sich Jim in die schöne Monique, eine Frau Anfang zwanzig aus reichem Washingtoner Elternhaus, die ihm mächtig auf der Nase herumtanzt. Die Gedanken des Einundvierzigjährigen komplettieren das Bild, das dieser Roman von Ehe und Familie entwirft. Bis auf Rhodas Träume ist es nicht besonders hoffnungsvoll.
Der Bau der Hütte ist ein ideales Ding-Symbol, um vorzuführen, wie ein Ehepaar sein gemeinsames Leben zerlegt, während es mit allen Mitteln versucht, es zu retten. Jeden Handgriff der wochenlangen Arbeit schildert der Autor und immer wieder Garys Unvermögen, auch nur das Geringste zu planen. Ständig fehlt das passende Werkzeug, ständig hat er irgendetwas nicht bedacht. Irene reicht ihm stoisch Säge, Hammer, Nägel, hält hier die Leiter, dort ein Brett, bemüht sich, den Gatten zu beschwichtigen und zu ermuntern. Doch immer wieder gehen ihr die Nerven durch, Schlaflosigkeit und Schmerz verknoten sich zu einem Flechtwerk des Hasses, das nicht mehr im Zaum zu halten ist. Als die Hütte nach zahlreichen Überfahrten, nach bangen Nächten im Zelt, tosenden Herbststürmen und erstem Schnee schließlich steht, sieht sie mit ihren ausgeschnittenen Fenstern, ihrem Wellblechdach, ihren überstehenden Stützpfeilern und behelfsmäßigen Verstrebungen so wacklig und lächerlich aus, dass selbst Gary in ihr das Symbol seines Scheiterns erkennen muss.
Das Gefühl der Vergeblichkeit schlägt um in nackte Wut. Er nennt sie eine „fiese alte Hexe“, sie ihn ein „Monster“. Am Ende zieht sie mit Pfeil und Bogen in die Wälder, verschwendet ein paar Pfeile an Bäume und Sträucher, bevor sie zur Hütte zurückkehrt, um den Gatten mit einem Pfeil dort festzunageln. Sein letztes „Ich liebe dich“ kam zu spät oder war womöglich der Auslöser, den Pfeil abzuschießen. Dass Rhoda diejenige sein wird, die sie findet, dämmert ihr erst, als sie den Blöcken unter ihren Füßen einen Tritt versetzt. Wie konnte sie nur übersehen, dass sie der Tochter antut, was ihr selbst angetan wurde, ist ihr letzter Gedanke.
Als David Vann dreizehn Jahre alt war, erschoss sich sein Vater, während er mit der Stiefmutter telefonierte, die ihn verlassen wollte. Elf Monate zuvor hatte deren Mutter den Vater und dann sich selbst erschossen. Jahrelang litt der Autor unter Schlaflosigkeit und rasenden Kopfschmerzen, verbunden mit Gefühlen der Wut, Schuld und Scham. Weder „Im Schatten des Vaters“ noch „Caribou Island“, wie „Die Unermesslichkeit“ im 2011 erschienen Original heißt, sind autobiographische Bücher. Aber sie zehren von dieser Erfahrung. Sie gibt seinen Romanen den Zug ins Schicksalhafte, ihr Ende steht gewissermaßen schon fest. Auch wenn sie sich spannend lesen, ist es nicht die Handlung allein, die in den Bann schlägt. Es ist die Plastizität, mit der dieser Autor Stimmungen und Gedanken formt. In einer Szene versucht Irene, im Zelt auf einem mickrigen Kocher Essen zuzubereiten. Während sie wie an einem „Altar“ kniet, kommt ihr in den Sinn, dass sie nicht weiß, zu welchem Gott sie beten könnte. „Irene wollte kein Leben nach dem Tod. Dieses Leben war mehr als genug. Und sie brauchte keine Vergebung. Sie wollte einfach nur zurück, was man ihr genommen hatte. Einen Fundbüro-Gott. Das wäre ausreichend.“
MEIKE FESSMANN
DAVID VANN: Die Unermesslichkeit. Roman. Aus dem Englischen von Miriam Mandelkow. Suhrkamp Verlag, Berlin 2012. 351 Seiten, 22,95 Euro.
„Irene wollte kein Leben
nach dem Tod.
Dieses Leben war mehr als genug.“
David Vann, in Alaska aufgewachsen, lebt zurzeit in Kalifornien. Foto: AFP
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.04.2012

Eine Leinwand für das Unbewusste

Von der Wildnis der menschlichen Psyche: David Vann zeigt sich im neuen Roman "Die Unermesslichkeit" als ein großer Tragödiendichter unserer Zeit.

Vielleicht kann man David Vann am besten als Tragödiendichter in Naturburschengestalt vorstellen. Vor fünfundvierzig Jahren auf den Aleuten geboren und in Ketchikan, Alaska, sowie in Kalifornien aufgewachsen, entstammt er mütterlicher- wie väterlicherseits Familien mit Hang zur Gewalt, vor allem sich selbst gegenüber. Auf fünf Selbstmorde und einen Mord brächte es die zusammengenommene Genealogie, erzählte der Schriftsteller freimütig, als er in diesen Tagen in Deutschland war, um sein soeben - in der gewohnt glänzenden Übersetzung von Miriam Mandelkow - erschienenes neues Werk vorzustellen: "Die Unermesslichkeit".

Vielleicht wäre "Die Unausweichlichkeit" ein treffenderer Titel für diesen Roman gewesen, in dem es um die Zwangsläufigkeit von Schicksal, um das Ausgeliefertsein der Menschen in ihren Beziehungen und in der Natur geht und nicht zuletzt um die Kluft zwischen anzunehmender Fügung und sich selbst tragisch erfüllender Prophezeiung. Im Original ist das Buch lakonisch "Caribou Island" überschrieben - so benannt nach dem Schauplatz der letzten ehelichen Schlacht zwischen Irene und Gary, den Protagonisten. Gut dreißig Jahre sind die beiden verheiratet, und vor fast ebenso langer Zeit sind sie aus Berkeley nach Alaska gekommen, weil Gary einen Männertraum von "Waldläufern und Pionieren" im Kopf gehabt hatte, der alles mit Selbstfindung und dem Bestehen vor den Naturgewalten und nichts mit Familie zu tun hatte. Die große Vision fand ihre kleine Umsetzung in einem Häuschen am See und in der Geburt von zwei Kindern. Mittlerweile arbeitet Rhoda in einer nahen Tierarztpraxis, Mark ist Fischer.

Es sind vier Beziehungsmodelle und -stadien, die im Roman aufscheinen: Irene und Gary als die Verzweifelten, Rhoda und ihr Verlobter Jim als die Braven, Mark und seine Freundin Karen als die Entspannten sowie Monique und Carl, ein Pärchen auf der Durchreise und auf Kollisionskurs. Der Fokus aber ruht auf der zum Zerreißen angespannten Ehe der Eltern und der Versorgungsgemeinschaft von Rhoda und dem pfannekuchensüchtigen, dicklichen und gut verdienenden Zahnarzt Jim. Während ihre Mutter Irene davon überzeugt ist, dass Gary nach drei gemeinsamen Jahrzehnten nur nach einem Vorwand sucht, um sie endlich zu verlassen, fühlt sich Rhoda des soliden und langweiligen Jim allzu gewiss - nicht ahnend, dass die so verführerische wie manipulative Monique diesem derweil sexuelle Erweckungserlebnisse verschafft, die ihn aufs Trimm-dich-Rad und zu dem Entschluss treiben, ab sofort mit so vielen Frauen wie möglich zu schlafen.

Es steckt weniger Edward Albee als Euripides in dem existentiellen Kampf, der sich vor allem zwischen Gary und Irene entspinnt. Gary hat die fixe Idee, in der Einsamkeit des unbewohnten Caribou Island auf der anderen Seite des Sees eine Hütte zu errichten, und Irene soll ihm dabei helfen. Wegen der Krankheit seiner Frau, die seit Monaten an einem unerklärlichen und von keinem Arzt heilbaren Kopfschmerz leidet, verschiebt sich das Projekt vom Sommer in den Herbst, und so findet sich das Paar in einer Jahreszeit, die man nicht nur in Alaska lieber vorwiegend drinnen verbringen sollte, im Zelt neben einem Haufen Holzplanken wieder. Während Gary in umfassender Kälte und Freudlosigkeit trotzig weiter hämmert, obwohl die schiefe und krumme Hütte ganz anders aussieht, als er sich das Bauwerk seines Lebens vorgestellt hat, ist Irene derart verbissen in die Vorstellung, dass ihr Mann die Hütte nur baut, um sie loszuwerden, dass ihr diese Überzeugung schließlich zur self-fulfilling prophecy gerät. "Sie fragte sich, ob sie milder sein könnte, ihm alles verzeihen, es vorüberziehen lassen könnte. Das hätte etwas Beruhigendes. Doch letztlich fühlt man, was man fühlt, man hat keine Wahl. Man kann sich nicht von Grund auf neu erschaffen. Man kann sein Leben nicht anders wieder zusammensetzen."

David Vann schreibt mit der Klarheit und der Sicherheit eines Unverwundbaren, der selbst mit verbundenen Augen auf einem schwankenden Seil über einem Abgrund keinen Schritt zögert. Seine Sätze, geschult an seinem Idol Cormac McCarthy, sind knapp und prägnant wie geschliffene Kiesel, und auch wenn "Die Unermesslichkeit" sehr viel auserzählter ist als der große Vorgänger, die im vergangenen Jahr erschienene Novelle "Im Schatten des Vaters" (F.A.Z. vom 18. Juni 2011), gerät auch dieser Roman in seinem Finale zu erschütternder Wucht, zu einem sprachlichen und emotionalen Kraftakt.

Dabei spielen Landschaft und Natur Alaskas wieder eine Hauptrolle, wie die Weite, die Unbehaustheit, die Kälte und das Wasser des Skilak Lake im Winter unter Irenes Füßen: "Eine dunkle Strömung unter Eis, die keine Oberfläche durchbrach, nichts kräuselte, aber selbst das musste ein Geräusch machen. Tiefes Wasser, Lagen und Strömungen, die Verlagerungen, der See von einem Moment zum anderen nicht derselbe." Die Naturschilderungen verleihen Vanns menschlichen Zweikämpfen eine Zeitlosigkeit, in denen ihre antiken Inspirationsquellen anklingen. So wie Konflikte hier ausgetragen werden müssen, kann man sie sich in unseren flimmernden Großstädten nicht vorstellen.

Landschaft ist bei Vann keinen Moment lang Kulisse, sondern der Beginn der Literatur an sich. Orte seien die Leinwand für das Unbewusste, sagt Vann, der davon überzeugt ist, dass nur der Schriftsteller, der sich vom Unbewussten leiten lässt, erzählerische Werke mit Seele zustande bringen kann - ein Anspruch, den seine bisherigen Bücher auf beeindruckende Weise einlösen. Und die nächsten zwei Romane hat er schon fertig; "Dirt" erscheint in den nächsten Wochen im englischen Sprachraum, "Gold Mountain" wahrscheinlich im Herbst 2013.

Dabei war die literarische Karriere dieses Autors alles andere als vorgezeichnet. Bereits Mitte der neunziger Jahre hatte Vann "Legend of a Suicide" abgeschlossen, die autobiographisch inspirierte Geschichte eines selbstmordgefährdeten Vaters, der mit seinem dreizehnjährigen Sohn ein Jahr in der Wildnis verbringen will und damit eine Kette furchtbarer Ereignisse in Gang setzt. Doch niemand wollte das Buch mit dem düsteren Titel und der noch viel düstereren Handlung verlegen. Erst als Vann, der sich zwischenzeitlich in der Schifffahrt versucht und über das Sinken seines Bootes und seiner Existenz ein Sachbuch geschrieben hatte, es 2008 zum Grace-Paley-Wettbewerb einreichte und gewann, wurde es veröffentlicht. Seither wurde "Im Schatten des Vaters" in zwei Dutzend Sprachen übersetzt, mit zahlreichen Ehrungen bedacht und hunderttausendfach verkauft.

Das Thema des Selbstmords grundiert auch "Die Unermesslichkeit", denn Irene, die als kleines Mädchen ihre Mutter tot von der Decke hängend vorfinden musste, fürchtet nichts so sehr, wie noch einmal verlassen zu werden. Und Gary ist so beschäftigt damit, einem anderen Selbstbild hinterherzujagen, dass er hinter der Aggressivität seiner Frau die Urangst nicht zu erkennen vermag. Am Ende werden zwei Menschen, die dem anderen eigentlich nichts Böses wollen, einander so unbeabsichtigt wie unweigerlich zum Fluch. Durch die souveräne Darstellung dieser Unausweichlichkeit entsteht ein psychologischer Spannungsbogen, der den Roman von der ersten bis zur letzten Seite trägt.

Anders als im Leben glaube er in der Literatur unbedingt an Schicksal, sagt David Vann. Sein Roman beweist, wie gut er daran tut.

FELICITAS VON LOVENBERG.

David Vann: "Die Unermesslichkeit". Roman.

Aus dem Amerikanischen von Miriam Mandelkow. Suhrkamp Verlag, Berlin 2012. 351 S., geb., 22,95 [Euro].

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